Was die Deutschen über Krebs wissen wollen: Das sind die Antworten der Medizinerin

Sie fragen, Experten antworten: Darum ging es am Dienstag am FOCUS-Online-Krebstelefon. Die häufigsten Fragen und vor allem die Antworten der Ärztin und Leiterin des Telefondienstes des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) Brigitte Schwikowski-Kukla lesen Sie hier.

Anlässlich des Weltkrebstags startete FOCUS Online am Dienstag ein Leser-Telefon zu sämtlichen Fragen zum Thema Krebs. Am Telefon konnten Sie dort Medizinern live Ihre drängendsten Fragen zu Diagnose, Therapie-Möglichkeiten, Krankheitsrisiken sowie psychologischen Aspekten und den unterschiedlichen Krebsformen stellen.

Im Folgenden beantwortet Brigitte Schwikowski-Kukla noch einmal sechs Fragen – und gibt Tipps, wo Betroffene und Angehörige Hilfe finden.

Frage 1: Mein älterer Bruder ist mit 55 Jahren an Darmkrebs verstorben. Das hat mir neben der Trauer um einen lieben Menschen auch sehr viel Angst gemacht. Bin ich auch gefährdet? Kann ich irgendwie abklären lassen, wie groß die Gefahr ist? An wen kann ich mich wenden?

Antwort: Wir können sehr gut verstehen, dass Sie aufgrund des frühen Verlustes Ihres Bruders durch eine Darmkrebserkrankung traurig und besorgt sind. Von Darmkrebs ist bekannt, dass er familiär gehäuft auftreten kann. Für Verwandte ersten Grades, also Eltern, Geschwister und Kinder von Patienten mit Darmkrebs, ist das mittlere Risiko gegenüber der Allgemeinbevölkerung zwei- bis dreifach erhöht. War der Betroffene vor dem Alter von 60 Jahren erkrankt und/oder war mehr als ein Verwandter ersten Grades betroffen, besteht eine weitere Risikosteigerung.

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Was also tun als Verwandter eines Darmkrebspatienten?

Verwandte von Darmkrebspatienten sollten ihre Ärzte fragen, ob für sie die Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen bereits vor dem 50. Geburtstag empfehlenswert ist. Als Faustregel empfehlen Fachleute, sich am Alter zu orientieren, in dem der Darmkrebspatient erkrankte. Eine erste Darmspiegelung (Koloskopie) sollte bei Verwandten ersten Grades zehn Jahre früher stattfinden, spätestens im Alter von 40 bis 45 Jahren.

War Ihr Bruder bei der Diagnosestellung beispielsweise 50 Jahre alt, sollten Sie also spätestens mit 40 zum Arzt gehen. Wird vermutet, dass ein besonders hohes, erblich bedingtes Krebsrisiko besteht, dann kann eine frühere und regelmäßige Überwachung sinnvoll sein.

Ein erster Ansprechpartner ist Ihr Hausarzt, der dann für weitere Untersuchungen an einen Facharzt (Gastroenterologen) überweisen kann. Sollte eine besondere erbliche Krebsveranlagung vermutet werden, kann auch eine individuelle Beratung an einem Zentrum für familiären Darmkrebs sinnvoll sein.

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Frage 2: Vor drei Wochen habe ich die Diagnose Brustkrebs bekommen. Das war ein großer Schock, das ganze Leben ist auf den Kopf gestellt. Die Therapie hat schon angefangen, was gut ist, aber was kann ich tun, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren?

Antwort: Die unerwartete Diagnose Krebs ist zunächst ein Schock für die Betroffenen und alle Angehörigen. Die Angst, die Unsicherheit, wie es weitergeht, was die weitere Behandlung mit sich bringt und viele weitere Fragen gehen durch den Kopf.

Den meisten Menschen hilft es, mit Angehörigen oder guten Freunden über die eigenen Ängste zu sprechen. Ein offenes Gespräch über bedrückende Gefühle kann für beide Seiten entlastend sein. Wenn man aber das Gefühl hat, den Boden unter den Füßen zu verlieren, sollte man nicht zögern, professionelle Unterstützung zu suchen. 

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Ansprechpartner sind in diesem Fall:

  • Erste Anlaufstellen, sowohl für Patienten wie auch für Angehörige, sind zum Beispiel die Kliniksozialdienste: Hier kann man noch im Krankenhaus psychosoziale Beratungsangebote wahrnehmen.
  • In den meisten Regionen Deutschlands gibt es Krebsberatungsstellen. Psychosoziale Krebsberatungsstellen helfen bei vielen Fragen, vor denen Patienten und ihre Angehörigen stehen: Wie geht mein Leben jetzt weiter? Was hilft mir durch die Behandlungszeit? Auf welche Sozialleistungen habe ich Anspruch?
  • Niedergelassene Psychoonkologen können auch längerfristige Hilfe bieten.
  • In Selbsthilfegruppen findet man als Patient Beistand von anderen Betroffenen.
  • Entsprechende Adressen finden Sie hier.

    Über die Expertin

    KID

    Brigitte Schwikowski-Kukla ist Ärztin und leitet den Telefondienst des Krebsinformationsdienstes des Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ).

Frage 3: Vor fünf Jahren wurde bei mir Prostatakrebs diagnostiziert. Ich wurde erfolgreich operiert. Nun steigt mein PSA-Wert langsam wieder an und mein Arzt vermutet einen Rückfall am ursprünglichen Ort. Ich weiß nicht, wie es jetzt weitergeht und wollte mich bei Ihnen informieren. Welche Therapie-Optionen habe ich jetzt noch?

Antwort: Tritt die Erkrankung am ursprünglichen Ort erneut auf, spricht man von einem Lokalrezidiv. Liegt ein Lokalrezidiv vor, gibt es verschiedene Möglichkeiten der Behandlung. Welche Behandlung infrage kommt, hängt von Ihrer Ausgangssituation ab.

In der Regel ist keine Eile geboten. Es besteht Zeit, sich über alle Möglichkeiten zu informieren und gemeinsam mit dem Arzt Vor- und Nachteile der verschiedenen Therapiemöglichkeiten abzuwägen.

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  • Prinzipielle Behandlungsmöglichkeiten:

    • Ein Lokalrezidiv nach einer radikalen Prostatektomie, also nach einer operativen Entfernung, kann man bestrahlen (Salvage-Strahlentherapie). Hierbei wird der gesamte Bereich der ehemaligen Prostata mit dem Ziel der Heilung bestrahlt. Die Erfolgsaussichten der Salvage-Strahlentherapie sind am besten, wenn mit der Behandlung möglichst frühzeitig – bei einem PSA-Wert unter 0,5 Nanogramm pro Milliliter (ng/ml) – begonnen wird.
    • Manche Patienten können auch zunächst auf eine Behandlung verzichten. Stattdessen wird ihr PSA-Wert und damit der Krankheitsverlauf regelmäßig kontrolliert. Dieses Vorgehen nennt man "abwartendes Verhalten" oder Englisch "wait-and-see". Diese Option kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der ursprüngliche Tumor günstige Eigenschaften hatte (Gleason-Score höchstens 7 und lokal begrenzt), sich der PSA-Wert nur langsam verdoppelt (mehr als 12 Monate) und der PSA-Wert spät ansteigt (mehr als 3 Jahre).
    • Eine alleinige Hormonentzugstherapie ist bei einem beschwerdefreien Patienten mit Wiederanstieg des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) keine Standardbehandlung. Eine Hormonentzugstherapie kann das Fortschreiten der Erkrankung eine gewisse Zeit aufhalten. Eine Heilung ist damit nicht zu erreichen.

    Frage 4: Was kann ich selber zusätzlich zu den medizinischen Therapien für meine Genesung tun? Ich lese manchmal, dass die eigene Einstellung, der starke Wille wichtig sind. Ist da was dran?

    Antwort: Wissenschaftliche Untersuchungen haben bisher keine eindeutigen Anhaltspunkte dafür gefunden, dass eine ganz bestimmte Art des Umgangs mit der Krankheit besonders günstig ist. Jeder Erkrankte verarbeitet Behandlung und Krankheit auf seine ganz eigene Weise. Neben einer aktiven oder „kämpferischen“ Grundhaltung kann auch das Zulassen von Gefühlen wie Angst, Traurigkeit oder Wut hilfreich sein. Unterstützungsangebote bieten beispielsweise Krebsberatungsstellen.

    Frage 5: Darf ich mit meiner Krebserkrankung in die Sauna?

    Antwort: Für die meisten Krebspatienten ist die Anwendung von Wärme problemlos möglich. Vorsichtig sollte man aber während und kurz nach einer belastenden Behandlung sein, und auch dann, wenn man insgesamt geschwächt ist. Krebspatienten sollten daher vor einem Saunabesuch immer erst mit Ihren behandelnden Ärzten sprechen.“

    Frage 6: Es gibt das gesetzlichen Früherkennungsprogramm gegen Krebs. Welche Untersuchungen sollte ich wahrnehmen?

    Antwort: Diese Entscheidung hängt immer auch von der persönlichen Situation ab. So ist zum Beispiel für Familienmitglieder von Darmkrebspatienten eine dem Risiko angepasste Vorsorge auf jeden Fall sinnvoll. Die Darmspiegelung, auch Koloskopie genannt, ist die zuverlässigste Methode zur Darmkrebsfrüherkennung. Auch beim Mammografiescreening für Frauen sei die Entscheidung immer individuell: Hier geht es darum abzuwägen, ob die Sorge, Brustkrebs nicht rechtzeitig zu entdecken, größer ist als die Angst vor einem Fehlalarm oder vor der Strahlenbelastung.

    Weitere Informationen finden Sie außerdem beim Deutschen Krebsforschungszentrum: KID

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