Studie zu Nahtod-Erfahrungen: Der Tod fühlt sich gar nicht so schlimm an

Wie empfindet man im Moment des Todes? Diese Frage beschäftigt die Menschen schon immer. Zwar ist noch niemand von den Toten wiedergekehrt, aber es gibt inzwischen viele Patienten, die zumindest kurz vor der Schwelle des Todes standen. Gemeint sind Personen mit Nahtodererfahrungen. Aus ihren Erzählungen klingt meist heraus, dass das Sterben als gar nicht so schlimm empfunden wird, wie man denken könnte.

Eine neue Studie der Western University in Kanada und der Universität von Lüttich, Belgien, bestätigt nun, dass der Tod meist mit Gefühlen wie Euphorie und Glückseligkeit verbunden wird. Für die Studie wurden die Beschreibungen von 158 Personen mit Nahtod-Erfahrungen ausgewertet. Das Besondere dabei: Die Erlebnisse wurden mit der Hilfe von Text-Mining und Künstlicher Intelligenz analysiert. Ganz absichtlich wurden die Befragten nicht mit einem Wissenschaftler in Kontakt gebracht. So will man in dem sensiblen Umfeld vermeiden, dass Vorannahmen der Forscher die Befragungen beeinflussen.

Auswertung ohne Beeinflussung

“Es gibt keine Verzerrung beim Text Mining, im Gegensatz zu Verhaltensstudie, wenn Einzelpersonen spezifische Fragen gestellt werden”, so die Studienleiterin Andrea Soddu. “Text Mining ist völlig unvoreingenommen. Es ist vollautomatisch, und wir als Forscher machen keine Annahmen”. Herausgekommen ist, dass die Überlebenden kaum negative Erinnerungen haben. Am meisten tauchten positiv besetzte Wörter wie “leicht” (67 Prozent) und “gut” (65 Prozent) auf, während “Angst” nur von 24 Prozent der Befragten und “tot” von 18 Prozent der Befragten genannt wurden.

Die neue Studie baut auf den Arbeiten von Dr. Sam Parnia auf. Er ist der Direktor der Abteilung für Intensivpflege und Wiederbelebungsforschung an der Langone School of Medicine in New York City. Er hat schon Tausende von Patienten in einer solchen Situation erlebt. Er untersucht, was mit dem menschlichen Gehirn, was mit dem Bewusstsein im Moment des Todes passiert. Traditionell stellen die Philosophie oder die Religion derartige Fragen, aber heute könne die Wissenschaft sie beantworten, sagt Parnia. Denn erst seit einigen Jahren hätte die Medizin die Möglichkeit, sterbende Menschen wieder zurückzuholen.

Der Tod sei ein Prozess, so Parnia, es ist kein abrupter Vorgang. “Wenn wir medizinisch bereits tot sind, beginnen die Zellen unseres Körpers erst mit ihrem eigenen Sterbeprozess.” Für Ärzte wie ihn bedeute das, es gibt ein Zeitfenster, um Menschen zurückzubringen.

Herzchirurg

"Es ist sehr schwer, Eltern zu sagen, dass ihr Kind nicht mehr da ist. Es ist das Schlimmste, was ich tun muss."

Sterben als Prozess

Selbst Patienten, die vor der Nahtoderfahrung unter starken Schmerzen litten, würden im Sterbeprozess eine glückliche Phase durchlaufen, sagte er im US Fernsehen. “Sie beschreiben das Gefühl, ihre verstorbenen Angehörigen zu erleben, so, als seien sie gekommen, um sie willkommen zu heißen. Sie sagen oft, dass sie in vielen Fällen nicht zurückkommen wollten. Das Erlebnis ist so angenehm und es ist wie ein Magnet, der sie anzieht.” Religiöse Personen deuten das Erlebnis mit den Mustern ihres Glaubens. Das Erlebnis selbst soll aber vom Glauben unabhängig sein. Ein wiedergekehrtes Kind hätte das Licht schlicht als Leuchte beschrieben, erzählt Parnia, und eine einfache Lampe gemalt. Es selbst sei durch eine Schnur mit dieser Lampe verbunden gewesen.

Dr. Parnia wies auch darauf hin, dass das Erleben von euphorischen Glücksmomenten mit visuellen Erscheinungen kein Beweis dafür sei, dass das Leben nach dem Sterben in einer Art von Licht-Paradies weitergehe. Er nehme an, dass diese Erlebnisse eine Art von Überlebenstechnik seien, bei der das Gehirn seine Erinnerungen ein letztes Mal scanne.

Quellen: Plos, OZ Talk

Lesen Sie auch:

Wer reich ist, genießt sein Alter neun Jahre länger als ein armer Schlucker

Suizid – warum töten sich so viel mehr Männer als Frauen?

Warum die Lebenserwartung steigt und wir doch nicht älter werden

“Es ist sehr schwer, Eltern zu sagen, dass ihr Kind nicht mehr da ist. Es ist das Schlimmste, was ich tun muss.”

Neu in Wissenschaft

Ägyptischer Priester

Forscher erwecken Stimme von 3000 Jahre alter Mumie zum Leben

stern Reisewelten

Westeuropa Kreuzfahrt ab Hamburg mit All Inclusive ab 499 Euro

"Babylon Berlin"

Eine Reise in die Abgründe der deutschen Seele

Forschung

Work-out adieu – dieses Protein erhöht die Fitness ohne Mühen

Schockierende Entdeckung

Die ersten Städter brachten sich wegen Übervölkerung systematisch um

Sozialer Aufstieg

Reiche bleiben unter sich – wer heute arm geboren wird, bleibt auch arm

Kunststoff

Umweltschock – Mehrwegbeutel machen mehr Müll als Einwegtüten

Australien

Koalas "praktisch ausgestorben": Sorge um Tiere wächst, nachdem viele bei Buschfeuern sterben

Weltklima

Klimawandel durch Völkermord – die Ausrottung der Indianer kühlte die Welt ab

Bronzezeit

Die älteste Schlacht Europas fand in Mecklenburg-Vorpommern statt


Mongolisches Wildpferd

Fast ausgestorben: Seltene Ur-Pferde auf Tschernobyl-Gelände entdeckt


Gewaltfreier Widerstand

Gesetz der 3,5 Prozent: Wie wenige Aktivisten Regierungen in die Knie zwingen können

Ernährung

Es darf wieder Steak gegessen werden – sagt eine neue Studie

Schlafphase

Faszinierendes Farbenspiel – Oktopus Heidi träumt von wilden Jagdabenteuern

Urmenschen

Unbekannte Verwandte aus der Vergangenheit – Denisova-Mädchen wurde erstmals rekonstruiert

Dolmen von Guadalperal

Spanisches Stonehenge aus Stausee aufgetaucht

Umweltverschmutzung

Mikroplastik – wie die Industrie mit Rohplastik die Meere verseucht

Glubschäugige Seekatze

Norwegischer Fischer kriegt Riesenschreck, als er seine Angel aus 800 Metern Tiefe einholt

Artensterben

Wieso der Hund das gefährlichste Raubtier wurde

Untersuchung

Helikoptereltern – viele lästern, aber das Konzept funktioniert

DNA-Forschung

Das Hunger-Gen MC4R verhilft uns zur Super-Figur – oder macht uns ein Leben lang dick

Quelle: Den ganzen Artikel lesen