Aktualisierte Migräne-Leitlinie: Zwei neue Wirkstoffe für die Akuttherapie

Vor kurzem wurde die aktualisierte S1-Leitlinie „Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne“ veröffentlicht, die zahlreiche Optionen zur akuten und prophylaktischen Behandlung aufzeigt. Die wichtigsten Neuerungen wurden bei einer Online-Pressekonferenz der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) am 11. Januar 2023 vorgestellt.

Das Instrumentarium zur Akuttherapie der Migräne wird in Bälde um zwei neue Substanzen erweitert werden, und zwar um das Gepant Rimegepant und das Ditan Lasmiditan. Beide Wirkstoffe greifen in die spezifischen Pathomechanismen des Migränekopfschmerzes ein, der nicht nur durch die Freisetzung von Serotonin, sondern auch mit der verstärkten Produktion von Neuropeptiden wie dem Calcitonin-Gene-Related-Peptide (CGRP) einhergeht. Während Triptane an zwei verschiedenen Serotoninrezeptoren angreifen (5-HT1B und 5-HT1D), wirken Ditane nur auf einen einzigen, nämlich den 5-HT1F-Rezeptor, dessen Aktivierung zu keiner Blutgefäßverengung führt. Durch die im Vergleich zu Triptanen fehlende Vasokonstriktion können Ditane auch bei kardiovaskulären Risikopatienten eingesetzt werden.

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Gepante sind CGRP-Rezeptor-Antagonisten und wirken spezifisch am CGRP-Rezeptor und unterbinden dadurch die Effekte des migräneauslösenden Botenstoffs CGRP. Das bereits zugelassene, aber in Deutschland noch nicht erhältliche Rimegepant kann sowohl zur Therapie der akuten Migräneattacke als auch zur Migräneprophylaxe eingesetzt werden. Bedingt durch seine Wirkung am ZNS kann es zu entsprechenden Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Schwindel kommen.

Die beiden neuen Wirkstoffe Lasmiditan und Rimegepant dürfen bei einem akuten Migräneanfall eingesetzt werden, wenn klassische Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure und nicht steroidale Antirheumatika (NSAR, z. B. Ibuprofen, Naproxen) oder Triptane nicht ausreichend wirken oder kontraindiziert sind. Mit ihrer Verfügbarkeit in Deutschland rechnet man Mitte des Jahres.

Personalisierte Migräneprophylaxe

Erleiden Migränepatienten häufige Migräneattacken, ist eine wirksame Prophylaxe indiziert, wobei die starren Regeln, wann eine solche durchzuführen ist, aufgeweicht werden. Im Vordergrund steht eine individuelle Prophylaxe, die sich an dem Leidensdruck des Patienten orientiert. Zur Prophylaxe stehen zahlreiche Wirkstoffe wie etwa Betablocker, Amitriptylin, Topiramat, Flunarizin und Onabotulinumtoxin (bei chronischer Migräne) sowie die spezifischen monoklonalen Antikörper gegen CGRP bzw. seinen Rezeptor (Erenumab, Fremanezumab und Galcanezumab sowie Eptinezumab) zur Verfügung. Diese kommen bei Therapieresistenz, Kontraindikation oder Unverträglichkeit gegenüber den klassischen Prophylaxemedikamenten zum Einsatz. Bei all diesen Möglichkeiten darf die Edukation des Patienten nicht vergessen werden, die auch nicht-medikamentöse Maßnahmen umfasst.

Wie lange soll die Prophylaxe dauern?

Auch die Dauer einer medikamentösen Migräneprophylaxe sollte personalisiert betrachtet werden und biologische, soziale und medizinische Faktoren berücksichtigen. Die empfohlene Dauer einer medikamentösen Prophylaxe beträgt in der Regel neun bis zwölf (ev. 24) Monate. Die Effektivität der Prophylaxe ist regelmäßig zu kontrollieren und unter der Therapie muss es zu einer klinisch signifikanten Reduktion der Migräneattacken kommen. Leidet ein Patient unter wenigen Migränetagen pro Monat (< 8 Migränetage), besteht eine kürzere Erkrankungsdauer und liegen keine relevanten Komorbiditäten vor, kann eine Prophylaxedauer von sechs bis zwölf Monaten erwogen werden.

Nicht medikamentöse Maßnahmen zur Prophylaxe und Therapie

Die zweite Säule der Migräneprophylaxe umfasst nicht-medikamentöse Maßnahmen. Darunter fallen etwa Edukation, Achtsamkeit, Entspannung, Trigger-Management, Biofeedback-Verfahren und die kognitive Verhaltenstherapie. Die Leitlinie bewertet die verschiedenen Methoden und sieht in Ausdauersport, Entspannungstechniken und verhaltenstherapeutischen Verfahren effektive Prophylaxemaßnahmen. Ebenfalls positiv beurteilt wird die nicht-invasive Neurostimulation, bei der über Klebeelektroden im Stirnbereich eine externe transkutane Stimulation der Trigeminusnerven erfolgt. Neben positiv beurteilten werden auch negativ bewertete Methoden aufgeführt. Darunter fallen etwa die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln oder Probiotika, homöopathische Behandlungen, eine invasive Neurostimulation oder Corrugator-Operationen (Muskel in der Stirn).

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