RKI stuft Corona-Risiko für doppelt Geimpfte jetzt als „hoch“ ein: Was das bedeutet

Auf Twitter warnt das RKI vor einer “schlagartigen Fallzahl-Erhöhung” bei den Corona-Infektionen. Grund dafür ist die Omikron-Variante, die sich in Europa immer weiter ausbreitet. Sie sorgt auch dafür, dass das RKI die Ansteckungsgefahr auch für doppelt Geimpfte jetzt hochstuft.

Wegen der Omikron-Variante des Coronavirus hat das Robert-Koch-Institut (RKI) seine Risikobewertung verschärft. Für zweifach Geimpfte und Genesene werde die Gefahr einer Ansteckung nun als "hoch" angesehen, teilte das RKI am Montag auf Twitter mit. Für Ungeimpfte bleibt es demnach "sehr hoch". Für Geimpfte mit Auffrischimpfung, also dem Booster, schätzt das Institut die Gefährdung hingegen als moderat ein. Insgesamt werde die Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung als "sehr hoch" eingeschätzt, schreibt das Institut in seiner geänderten Risikobewertung. Es warnt vor schlagartiger Erhöhung der Fallzahlen.

Grund für diese Verschärfung ist laut RKI "das Auftreten und die rasante Verbreitung der Omikronvariante, die sich nach derzeitigem Kenntnisstand (aus anderen Ländern) deutlich schneller und effektiver verbreitet als die bisherigen Virusvarianten."

Die aktuelle Entwicklung sei demnach "sehr besorgniserregend". Zu befürchten sei bei weiterer Verbreitung von Omikron eine weitere Zunahme schwerer Erkrankungen und Todesfälle und ein Überschreiten der deutschlandweit verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten.

Das bedeutet die Risikobewertung des RKI

Die Risikobewertung des RKI dient als Einschätzung der Situation für die Bevölkerung in Deutschland. "Sie bezieht sich nicht auf die Gesundheit einzelner Individuen oder spezieller Gruppen in der Population und nimmt auch keine Vorhersagen für die Zukunft vor, sondern beschreibt die aktuelle Situation für die Gesamtbevölkerung", erklärt das Institut auf seiner Website.

Bei der Risikobewertung handele es sich um eine qualitative Beschreibung. Die verwendeten Begriffe "gering", "mäßig/moderat", "hoch" oder "sehr hoch" lägen demnach keine quantitativen Werte zugrunde. Stattdessen würden allerdings für die Beurteilung der Schwere drei Kriterien, beziehungsweise Indikatoren genutzt und mit jeweils messbaren Größen beurteilt. Betrachtet werden dabei:

  • Übertragbarkeit: Fallzahlen und Trends in Deutschland und in anderen Staaten
  • Krankheitsschwere: Anteil schwerer, klinisch kritischer und tödlicher Krankheitsverläufe sowie Langzeitfolgen von Covid-19 in Deutschland und in anderen Staaten
  • Ressourcenbelastung des Gesundheitssystems (Öffentliches Gesundheitsdienst, stationäre Versorgung, intensivmedizinische Kapazität) in Deutschland und in anderen Staaten unter Berücksichtigung der jeweils getroffenen Maßnahmen sowie aller Möglichkeiten der Prävention und Kontrolle

Die Risikowahrnehmung in der Bevölkerung fließt hingegen nicht in die Risikobewertung des RKI ein. Das RKI passt seine Risikobewertung stets "anlassbezogen und situativ unter Berücksichtigung der aktuellen Datenlage" an, wie es auf der Website heißt.

Im RKI-Wochenbericht von vergangenem Donnerstag hatte es noch geheißen, das RKI schätze die Gefährdung für die Gesundheit der nicht oder nur einmal geimpften Bevölkerung in Deutschland "insgesamt als sehr hoch ein". Für vollständig Geimpfte war sie darin als moderat angesehen worden.

Doppelt Geimpfte brauchen einen Booster

Dass das RKI die Ansteckungsgefahr für Geimpfte in Bezug auf Omikron hochstuft, liegt daran, dass die Variante nach ersten Daten dem Schutz der ersten beiden Impfungen entkommt. „Man sieht, dass es kaum mehr einen Schutz vor einer Infektion gibt“, sagte etwa Virologin Sandra Ciesek vom Universitätsklinikum Frankfurt in der vergangenen Woche. Sie hatte gemeinsam mit ihrer Arbeitsgruppe unlängst einen der weltweit ersten Datensätze vorgelegt, der die Infektionsgefahr mit Omikron unter Geimpften und Geboosterten erfasste.

Ihren Daten nach ist die Antikörper-Antwort bei zwei verimpften Biontech-Dosen gegen Omikron drastisch reduziert im Vergleich zur Delta-Variante. Umso wichtiger ist es für doppelt Geimpfte, sich noch ein drittes Mal gegen das Virus impfen zu lassen. Zwar gibt es laut Ciesek auch bei Menschen mit Auffrischimpfung eine Reduktion im Vergleich zur Delta-Variante – diese ist allerdings nicht so stark wie nach nur zwei Dosen. Daten der Impfstoffhersteller Moderna und Biontech konnten zudem zeigen, dass die dritte Impfung die Antikörper auch in Bezug auf Omikron deutlich erhöht.

Epidemiologe warnt vor der Wucht einer Omikron-Welle

Auch der Epidemiologe Hajo Zeeb warnte vor der Wucht einer möglichen Omikron-Welle. "Die Zahlen der Neuinfektionen und der Menschen im Krankenhaus wird vermutlich alles übersteigen, was wir bisher gesehen haben", sagte der Experte vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Erste Daten aus Großbritannien würden zeigen, "dass die Krankheitsschwere bei der Omikron-Variante ähnlich wie bei Delta ist". Vor allem im Januar müsse in Deutschland mit einer hohen Hospitalisierung gerechnet werden.

Angesichts dessen forderte Zeeb rasches Handeln. "Wir brauchen noch vor Neujahr schärfere Maßnahmen." Vor allem Kontaktbeschränkungen seien "äußerst sinnvoll und effektiv". Menschen sollten sich wieder auf einen kleinen, festen Personenkreis konzentrieren und sich darüber hinaus regelmäßig testen.

"Zwischen drei und sieben Menschen halte ich für angemessen." Doch trotz Kontaktbeschränkungen und Impfungen sei eine generelle Ausbreitung von Omikron nicht mehr zu verhindern, so Zeeb. Neue Beschränkungen könnten das Tempo der Ausbreitung verlangsamen. Dies sei "zwingend notwendig, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten".

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