Was passiert, wenn Testkapazitäten knapp werden – und wie sich das vermeiden lässt

Angesichts der Omikronwelle hat der Branchenverband "Akkreditierte Labore in der Medizin" am Donnerstag davor gewarnt, dass sich Labore den Grenzen ihrer Auslastung nähern. Der Grund: Mehr Infizierte bedeuteten auch mehr Tests. 

Noch ist aber völlig unklar, ob es wirklich deutschlandweit zu solch einem Szenario kommen wird. Aktuell ist das jedenfalls noch nicht der Fall: In der vergangenen Woche sind laut Bundesgesundheitsministerium 1,4 Millionen PCR-Testungen vorgenommen worden. Dem gegenüber stehen Kapazitäten für rund 2,6 Millionen Tests für diese Kalenderwoche. "Es ist damit zu rechnen, dass diese Kapazität bei Weitem nicht ausgereizt wird", teilte Sprecher Sebastian Gülde auf stern-Nachfrage mit.

Laborchef zu Testkapazitäten: “Wir wissen nicht, was nächste Woche passiert”

Das bestätigt auch Bioscientia-Chef Oliver Harzer. "Wir haben gut zu tun und sind derzeit zwischen 85 und 95 Prozent ausgelastet", erklärt der Unternehmer, der 20 Laborstandorte in Deutschland unterhält, dem stern. "Von einer Krise würde ich noch nicht sprechen, allerdings ist schwer abzuschätzen, was nächste oder übernächste Woche passiert."

Prognosen darüber abzugeben, gestalte sich nämlich als äußerst schwierig. "Rechenmodelle beziehen sich häufig auf Länder wie Großbritannien oder Dänemark, wo die Infektionszahlen viel höher sind und die Regeln wesentlich lockerer", sagt Harzer. Das könne man nicht so einfach auf Deutschland übertragen. Der Laborchef rechnet aber ohnehin eher mit einem kurzen Peak von zwei bis drei Wochen, in denen die Vollauslastung erreicht wird – wie bereits im Herbst mit der Delta-Variante. "Begrenzte Testkapazitäten würden dann kein Dauerzustand sein."

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Doch welche Konsequenzen hätte das überhaupt, wenn Labore nicht mehr mit der Auswertung der Tests hinterherkommen? "Wir sind mit unserem Personal und den Geräten gut aufgestellt. Wenn jetzt aber plötzlich ein großer Ansturm kommt, werden Befunde verzögert fertig – und einige Menschen müssen dann leider länger darauf warten, als wir das selbst gerne hätten", so der Laborchef. Pro Zeiteinheit könne eben nur eine bestimmte Menge an Proben bearbeitet werden – dann ist Schluss. Wenn also künftig durch die Möglichkeit, sich aus der Quarantäne freizutesten, mehr Proben im Labor landen, könnte sich die Isolationszeit am Ende doch verlängern.

Priorisierung bei PCR-Tests: Welche Proben haben Vorrang? 

Unterdessen prüft das Bundesgesundheitsministerium bereits Optionen, um die Situation für medizinische Labore zu verbessern. "Wichtig ist und bleibt die Steuerung der Bedarfe. In der Nationalen Teststrategie ist bereits eine Priorisierung der PCR-Testungen bei knappen Kapazitäten aufgeführt", stellt Gülde klar. Doch die verschieben das Problem nur: Denn wenn bestimmte Gruppen bevorzugt werden, warten andere länger.

Neu ist Idee der Priorisierung bei PCR-Testungen nicht. "Es gab im Verlauf der Pandemie immer wieder Phasen, wo wir das etwa für Krankenhäuser, Altenpflegeeinrichtungen oder Risikogruppen angewandt haben", erklärt Harzer. "Neu ist, dass Forderungen nach der Priorisierung von Personal aus der kritischen Infrastruktur laut werden." Da müsse dann die konkrete Umsetzung geklärt werden: "Ich kann anhand der eingehenden Unterlagen und Proben aus den verschiedenen Entnahmestellen nicht in jedem Fall überprüfen, ob diese wirklich von Menschen aus zu priorisierenden Berufsgruppen kommen."

Gesundheitsministerium prüft Einsatz von Alternativen zu PCR-Tests

Gülde sieht allerdings einen Weg, wie die Auslastung der Medizinlabore tatsächlich verringert werden könnte: Wenn die Kapazitäten knapp werden, könnten dem Sprecher zufolge vermehrt laborbasierte Antigentests sowie Schnelltests, die wie gängige PCR-Tests auf der Untersuchung von Nukleinsäuren basieren, zum Einsatz kommen. Bei sehr hohen Fallzahlen sei auch denkbar, bei bestimmten Personengruppen zu einer Diagnose nur nach Symptomen oder Antigenschnelltests überzugehen – und damit auf PCR-Tests zu verzichten.




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Auch Harzer hält das für eine gute Möglichkeit. "Im Zweifel und wenn politisch Einigkeit darüber besteht, muss man in Krisen auch mit der zweitbesten Methode vorliebnehmen. Das heißt: Bei einer Nachtestung müssen wir vielleicht auch weniger empfindliche Testsysteme wie Antigentests akzeptieren – wissend, dass die nicht so genau sind wie ein PCR-Test."

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