Unsicherheit herrschte bisher bei der Frage, ob man gegen das Corona-Virus immun ist, wenn man einmal infiziert war. In seinem NDR-Podcast erklärte der Virologe Christian Drosten, dass davon stark auszugehen sei. Er bezog sich auf eine jüngste Studie mit Affen.
Können sich Covid-19-Patienten noch einmal mit dem Coronavirus infizieren? In einer Untersuchung haben Forscher der Chinese Academy of Medical Sciences das zumindest im Fall von Affen widerlegen können. Das seien erst einmal gute Nachrichten, die optimistisch stimmten, konstatierte der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité im NDR-Podcast.
Dennoch seien die Ergebnisse der Studie mit Vorsicht zu behandeln. „Affen sind dann doch keine Menschen im Detail. Man braucht eine klinische Beobachtung“.
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Kurz nach der Infektion entwickelten die Affen Antikörper
Das chinesische Forscherteam hatte vier Rhesusaffen mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert. Drei der Tiere verloren an Gewicht, bei einem entwickelte sich eine Lungenentzündung. Das Virus war in der Nase, dem Rachen, der Lunge und im Darm der Tiere nachweisbar.
Der vierte Affe wurde von den Forschern getötet und seziert, um zu überprüfen, ob die Erkrankung in der Lunge auch wirklich genauso aussieht wie beim Menschen – was tatsächlich der Fall war.
Kurz nach der Infektion konnten die Forscher im Blut der Tiere Antikörper gegen das neuartige Coronavirus nachweisen. Schon bald zeigten die Affen also keine Symptome mehr.
Affen nach erneuter Infektion immun
Nach 28 Tagen waren alle drei Affen vollständig ausgeheilt – zwei Tests auf das Virus fielen negativ aus. Zwei der Affen wurden dann noch einmal mit Sars-CoV-2 infiziert. Es zeigte sich: Das Virus konnte nicht in Stuhlproben und im Nasenrachen nachgewiesen werden. Auch Gewebeproben lieferten keinen Hinweis, dass sich das Virus reproduziert hatte. Die Affen waren demnach immun dagegen.
„Rhesusaffen sind so nah mit dem Menschen verwandt, dass man da bei Krankheiten immer daran denken kann, dass eigentlich das Krankheitsbild sehr ähnlich laufen muss und dass die Immunität auch große Ähnlichkeit hat“, erklärte Drosten, der die Studie sonach für relevant hält.
Nun sind klinische Beobachtungen notwendig
Nichtsdestotrotz brauche es nun klinische Beobachtungen, um eine gültige Antwort auf die Frage nach der Immunität liefern zu können. Aussagekräftig wäre mithin eine Untersuchung, bei der eine Anzahl genesener Covid-19-Patienten mit derselben Anzahl an Menschen, die noch keine Antikörper gebildet haben, über drei Monate beobachtet würden, um zu schauen, in welcher Gruppe sich wie viele (wieder) mit dem Virus infizierten.
„Das wäre eine Studie, die man sicherlich demnächst auch sehen wird in den wissenschaftlichen Beiträgen“, sagt Drosten.
„Demnächst“ sei eine bewusst vage Aussage – aktuell seien viele Kliniker schlicht noch zu eingespannt, um einen wissenschaftlichen Bericht dazu zu schreiben. „Die Stationen sind voller Patienten und die Situation wird immer komplizierter. Da bleibt wenig Zeit für die Wissenschaft, sodass man eben die Berichte nehmen muss, die jetzt da sind.“
Die meisten Patienten nach einer Woche symptomfrei
Dennoch rede man natürlich viel mit Kollegen und schreibe sich alle Erkenntnisse zu dem neuartigen Corona-Virus auf, erzählt Drosten.
So wisse man aus dem Münchner Klinikum Schwabing, wo im Februar die ersten Covid-19-Patienten aus Deutschland behandelt wurden, dass die eigentlichen Symptome bei den meisten Patienten nach gut einer Woche überstanden gewesen seien. Das seien natürlich keine komplizierten Fälle gewesen, bei denen man über die Verlegung auf eine Intensivstation hatte nachdenken müssen, schränkt Drosten ein. Gleichwohl sei es ein „Ausschnitt aus dem zu erwartenden Patientengut“.
Antikörper bilden sich bereits gegen Ende der ersten Woche
Ferner habe man bei den ehemaligen Münchner Patienten Messungen zur Immunität durchgeführt, wobei sich zeigte, dass sie bereits am Ende der ersten Woche Antikörper entwickelt hatten. Zum Vergleich: Beim Sars-1-Erreger entwickelten die Patienten erst gegen Ende der zweiten Woche welche. „Das ist also etwas, worüber ich mich sowohl gewundert als gefreut habe“, fasst Drosten zusammen. „Denn das spricht dafür, dass die Immunität sich hier sehr schnell einstellt bei dieser Infektion.“
Warum das so sei, dazu gebe es bisher nur Hypothesen, erklärt Drosten. So könne es sein, dass sich das neuartige Coronavirus im Rachen repliziere – der Antigen-Stimulus, also der Reiz durch die Anwesenheit eines Virus, schon einsetze, bevor das Virus in die Lunge wandere.
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Mögliche Erklärung für schweren Verlauf junger Patienten
„Vielleicht ist es so, dass viele Patienten in dem Moment, wo das Virus in die Lunge runterwandert am Ende der ersten Woche, gleichzeitig schon so weit sind, dass sie eigentlich eine Immunreaktion machen, weil es vorher diesen Vorlauf gab im Hals.“ Und das sei eine gute Situation – vielleicht schützt das vor der Infektion der Lunge.
Es könnte auch erklären, weshalb einige Patienten, obwohl sie sehr jung sind, unter einem schnellen, schweren Verlauf leiden. „Denn es ist ja denkbar, dass jemand sich nicht im Hals erst mal infiziert, sondern gleich eine hohe Dosis Virus aus der Luft einatmet in die Lunge und dass die Infektion gleich in der Lunge losgeht.“ Drosten betont allerdings ausdrücklich, dass es sich hierbei nicht um eine Erklärung oder einen Befund handele, sondern um eine wissenschaftliche Idee.
Einige Patienten bildeten keine neutralisierenden Antikörper
Noch etwas konnte bei den Münchner Patienten festgestellt werden: Zwar konnten bei ihnen allen Antikörper nachgewiesen werden, doch nicht alle bildeten auch neutralisierende Antikörper. Dabei sind es gerade die Antikörper, die das Virus neutralisieren und davon abhalten, in die Zellen einzutreten.
„Das ist eine interessante Beobachtung, auf den ersten Blick erst mal ernüchternd. Man würde vielleicht sagen, bei einigen von diesen Patienten hat offenbar das Immunsystem nicht richtig reagiert. Die Antikörper haben gar nicht funktioniert gegen das Virus“, erklärt Drosten.
Dann wiederum seien diese Patienten ja trotzdem gesund geworden – sie müssen das Virus also irgendwie anders losgeworden sein. Die Antwort: zytotoxische T-Zellen im Immunsystem.
Immunsystem springt offenbar zweifach an
„Wir sehen zwar Antikörper, aber diese Antikörper sind nicht der direkte Mechanismus der Elimination des Virus, sondern die sind ein Beiprodukt der Immunaktivierung. Und das, was wir unsichtbar zusätzlich aktivieren, das zelluläre Immunsystem, das ist der eigentliche Grund, warum die Infektion eliminiert wird.“
So springe das Immunsystem sozusagen auf zwei Wegen an. Diese Erkenntnisse seien hilfreich für die Entwicklung eines Impfstoffes.
Antikörpertests laut Drosten "vollkommen nutzlos"
Können spezielle Antikörpertests Aufschluss darüber geben, ob man womöglich schon unbemerkt mit Covid-19 infiziert war? Drosten zweifelt stark daran. So seien die Tests nicht sonderlich zuverlässig – „Sie haben so hohe Fehlerquoten, dass ich fast nicht dazu raten möchte.“
Vollkommen nutzlos sei der Test außerdem, wenn man wissen wolle, ob man sich infiziert hat. Schließlich werde nicht auf das Virus, sondern auf Antikörper getestet und die bildeten sich erst am Ende der ersten Woche. „Das heißt, wir sind blind für die erste Krankheitsphase.“
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