Mein liebes Tagebuch

Der Anfang ist gemacht: Die ersten pharmazeutischen Dienstleistungen sind erbracht – und die Honorare geflossen. Gut möglich, dass wir das Geld dringend brauchen, um damit den höheren Kassenabschlag zu finanzieren, der wohl kommen wird. Mit den Impfungen gegen Grippe außerhalb von Modellprojekten müssen wir noch warten – die Schiedsstelle kommt immer noch nicht zu Potte. Und laut einer Umfrage unter Fachexperten und Apothekers gehen die Befragten davon aus, dass auch 2023 noch 87 Prozent der Rezepte auf dem rosafarbenen Papier daherkommen. Ein Rückblick auf den Apotag: Gegen Ausschusseritis gibt’ s noch keine Arznei, nicht mal Homöopathie. Vielleicht konnten sich die Delegierten deshalb nicht zu einer Meinung über Homöopathie durchringen – das machen dann andere mit einem Homöopa-Tea. Hier noch einen Feinschmecker-Tipp zum Wochenende: Zartes Hähnchen gegart in Medinait. 

19. September 2022

Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands, hat sein Amt niedergelegt. Mein liebes Tagebuch, mit uns Apothekers konnte er nicht viel anfangen, ein Freund der Pharmazeuten war er nicht. Und mit den neuen Aufgaben der Apotheken wie Impfen oder gar mit den pharmazeutischen Dienstleistungen konnte er erst recht nichts anfangen. Er war einer, der gerne reflexartig das Dispensierrecht für Ärzte forderte. Auch beim Modellprojekt ARMIN, der intensiven Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker, tat er sich mit Kritik hervor, obwohl er noch wenige Jahre zuvor das Barmer Hausarzt/Hausapothekenmodell mitinitiiert hatte. Weigeldt ist wohl eher ein Arzt der alten Schule, die nicht wirklich verstehen können, dass sich die Aufgaben der Apotheken verändert haben und eine intensive Zusammenarbeit der beiden Heilberufe Arzt und Apotheker die Zukunft ist. Weigeldts Nachfolger ist Markus Beier, Allgemeinmediziner aus Erlangen und seit 2018 Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbands. Hoffen wir, dass sich mit ihm das Verhältnis zu uns Apothekers entspannt.

 

Beim diesjährigen Deutschen Apothekertag (DAT) in München machte sich die „Ausschusseritis“ breit, kritisiert Dr. Christian Rotta, Verleger beim Deutschen Apotheker Verlag, in seinem lesenswerten Kommentar zum DAT. Ja, auf dem Apothekertag gab’s viel zu diskutieren und zu entscheiden, 274 Seiten umfasste die Antragsmappe, aber über Anträge endgültig zu entscheiden oder gar abzustimmen, war eher die Ausnahme als die Regel – die Delegierten zeigten sich wenig entscheidungsfreudig: „Verweisung in den Ausschuss“ war die Zauberformel (und manchmal sogar „Übergang zum nächsten Antrag”, ohne den Antrag weiter zu diskutieren). Rottas Resüme: „Die Ausschusseritis, das gleichermaßen virtuose wie hemmungslose Jonglieren mit Geschäftsordnungsanträgen zur Beendigung inhaltlicher Diskurse, führte zu einer fatalen Selbstentmachtung der Hauptversammlung.“ Als Ursache macht Rotta „zum einen eine beachtliche Anzahl suboptimal formulierter und auch in ihren Konsequenzen wenig durchdachte Anträge“ aus („bei denen offensichtlich auch die ABDA-Antragskommission vorab nicht Rücksprache mit den Antragstellern genommen hatte“). Zum anderen ein Zeitkorsett, das die Delegierten stark unter Druck setzte. Und auch für das DAT-Generalthema „Klima, Pharmazie und Gesundheit“ wäre es trotz oder gerade wegen seiner exorbitanten und existenziellen Bedeutung wohl besser gewesen, es im Rahmen eines eigenständigen Kongresses zu beleuchten, so Rotta.

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