Kabinett beschließt Entwurf für Engpassgesetz

Das Bundeskabinett hat den Entwurf eines Lieferengpass-Gesetzes beschlossen. Gegenüber dem vorangegangenen Entwurf ergeben sich für die Apotheken keine Neuerungen – auch wenn Minister Lauterbach in der Pressekonferenz plötzlich wieder von einer „Liste“ sprach, an die die erweiterten Austauschregeln geknüpft werden sollen. Allerdings ist nun vorgesehen, dass der Großhandel ebenfalls 50 Cent erhält, wenn die Apotheken ein nicht verfügbares Arzneimittel austauschen.

Es hat etwas länger gedauert – doch heute war es so weit: Das Bundeskabinett hat für gleich zwei große Gesetzesvorhaben des Bundesgesundheitsministers den Weg frei gemacht. Zum einen geht es um eine Reform der ambulanten und stationären Pflege, zum anderen soll das Problem Arzneimittel-Lieferengpässe angegangen werden.

Der nun beschlossene Regierungsentwurf für das „Gesetz zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln“ (ALBVV) ist gegenüber dem zuletzt bekannt gewordenen Entwurf erneut nachjustiert worden. Die für die Apotheken zentralen Vorschriften sind allerdings nahezu unverändert. 

Bekanntlich soll ein neuer Absatz in § 129 Sozialgesetzbuch V eingefügt werden. Mit ihm sollen die erweiterten Austauschregeln im Fall der Nichtverfügbarkeit eines Arzneimittels verstetigt werden.

Der geplante § 129 Abs. 2a SGB V:

„(2a) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 bis 5 und 8 und dem Rahmenvertrag nach Absatz 2 können Apotheken bei Nichtverfügbarkeit eines verordneten Arzneimittels, dieses gegen ein verfügbares wirkstoffgleiches Arzneimittel austauschen. Eine Nichtverfügbarkeit liegt vor, wenn das Arzneimittel innerhalb einer angemessenen Zeit durch zwei unterschiedliche Verfügbarkeitsanfragen bei vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlungen im Sinne des § 52b Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz des Arzneimittelgesetzes nicht beschafft werden kann. Apotheken dürfen ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt von der ärztlichen Verordnung im Hinblick auf Folgendes abweichen, sofern hierdurch die verordnete Gesamtmenge des Wirkstoffs nicht überschritten wird:

1. die Packungsgröße, auch mit einer Überschreitung der nach der Packungsgrößenverordnung maßgeblichen Messzahl,

2. die Packungsanzahl,

3. die Abgabe von Teilmengen aus der Packung eines Fertigarzneimittels, soweit die verordnete Packungsgröße nicht lieferbar ist, und

4. die Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen.“

In der Fassung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 5. April 2023. 

Es bleibt dabei: Ein Retax-Ausschluss, wie er in der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung und auch in der neuen Übergangsregelung im Sozialgesetzbuch V noch zu finden ist, ist in diesen Fällen nicht vorgesehen. Ebenso ist ein Aut-simile-Austausch mit Arztrücksprache nicht mehr möglich.

Verwirrende Aussagen um Liste

Bei der Vorstellung des Regierungsentwurfs vermittelte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) allerdings den Eindruck, als kenne er die nun festgehaltenen Regelungen zum Austausch selbst nicht genau. Auf Nachfrage sprach erneut von einer Engpass-„Liste“ des BfArM, an die die erweiterten Austauschregeln geknüpft seien. Derzeit sei ein Austausch ganz generell möglich, erklärte er. Damit tue er sich aus medizinischen Gründen schwer – ein Engpass müsse schon vorliegen. Tatsächlich war im ersten Referentenentwurf eine Verknüpfung mit einer BfArM-Liste vorgesehen, doch diese sieht der heute beschlossene Regierungsentwurf nicht mehr vor.

50 Cent für Apotheken und Großhandel

Unverändert ist hingegen, dass die Apotheken lediglich einen Zuschlag von 50 Cent zuzüglich Umsatzsteuer erhalten sollen, wenn sie nach den neuen Vorgaben austauschen. Die Arzneimittelpreisverordnung soll entsprechend ergänzt werden.

Auch der Großhandel soll weiterhin bedacht werden: War im letzten Entwurf noch nicht klar, ob mit 20 oder 50 Cent, so sind es im aktuellen Entwurf 50 Cent zuzüglich Umsatzsteuer, die an den Großhandel fließen sollen. In der Begründung wird auch gleich klargestellt, dass dieser Zuschlag nicht rabattfähig ist – aus der Vergangenheit sind Streitigkeiten um die Rabattfähigkeit von Großhandelszuschlägen schließlich wohlbekannt.

Was an dem Regierungsentwurf neu ist, sind die Vorgaben zu künftigen Rabattverträgen. Hier wurde nochmals eifrig an den geplanten Vorschriften gefeilt. Während man zuvor noch für Onkologika und Antibiotika besondere Regelungen schaffen wollte, sind es nun nur noch Antibiotika. Bei Rabattvertragsausschreibungen für diese Arzneimittel muss künftig mindestens ein Los den Produktionsstandort Europa berücksichtigen. Lauterbach erklärte aber, man werde darüber nachdenken, die Regelung auf Onkologika auszudehnen.


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