Die Seychellen haben eine der höchsten Impfraten weltweit, doch die Corona-Zahlen steigen wieder. Warum?

Spritzen im Akkord. Die Welt will dem Coronavirus mit dem Impfen den Garaus machen. Das große Ziel: Herdenimmunität. Ein Land, dass in der Theorie nahe dran ist, sind die Seychellen. Auf dem Archipel im Indischen Ozean ist mehr als 60 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, der Grad der Immunisierung ist hoch. Doch zuletzt stiegen die Fallzahlen in der tropischen Nation wieder – trotz einer der höchsten Impfraten weltweit. 

Es ist noch gar nicht lange her, da herrschten auf den Seychellen wahrlich paradiesische Corona-Zustände. Es wurde massenhaft geimpft, aktive Corona-Fälle gab es nur so wenige, dass man sich auf der Inselgruppe locker machte. Der Tourismus wurde wieder angekurbelt. Wer einen negativen PCR-Test vorlegen konnte, durfte einreisen. Auf Quarantäneregelungen verzichtete man. Und glaubte damals, man habe den Virus in Griff. Bis dahin hatte das Land mit seinen rund 98.000 Einwohnern nicht einmal 3800 Corona-Fälle registriert, 16 Menschen waren in Folge der Infektion gestorben.

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Hohe Impfrate und steigende Fallzahlen

Diese Zahlen sind Geschichte. In den vergangenen Wochen haben sich die Fälle vervielfacht. Das Gesundheitsministerium des Landes meldete am Donnerstag, dass die Gesamtzahl der Corona-Fälle auf 9.184 gestiegen sei, die Todesfälle haben sich auf 32 verdoppelt. Derzeit gebe es mehr als 2700 aktive Erkrankungen. Die Erklärung dafür, wie es zu dem rasanten Anstieg kommen konnte, bleibt schwammig.

Haben die Touristen das Virus mitgebracht? Der Minister für auswärtige Angelegenheiten und Tourismus, Sylvestre Radegonde, glaubt das nicht. Er sieht die Schuld eher bei der eigenen Bevölkerung. Die habe sich durch die Impfung wahrscheinlich zu sicher gefühlt und "ihre Wachsamkeit fallen gelassen", dadurch die Ausbreitung des Virus angefeuert, sagte er bei der Konferenz. Zudem sei die Kontaktverfolgung verbessert worden, es werde mehr getestet, sodass auch mehr Infektionsfälle gefunden würden. Auffällig ist: viele Infizierte sind bereits vollständig geimpft.

Mehr als ein Drittel der Corona-Fälle (37 Prozent), die zwischen dem 3. und 8. Mai registriert wurden, hatten bereits beide Impfstoffdosen erhalten. Von den Erkrankten, die im Krankenhaus behandelt wurden, war jeder Fünfte bereits geimpft. Immerhin: kein Geimpfter sei an Covid-19 gestorben und im ganzen Land werden derzeit nur zwei Menschen auf Grund eines schweren Verlaufs intensivmedizinisch betreut. "Die Schlussfolgerung ist, dass die Impfstoffe die Menschen schützen. "Diejenigen, die geimpft worden sind, entwickeln keine Komplikationen", sagte Radegonde. "Wir bleiben zuversichtlich, dass die Impfstoffe – beide – dem Land geholfen haben."

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Corona-Infektion weiterhin möglich

Die Regierung der Seychellen setzt auf das chinesische Vakzin "Sinopharm" und den in Indien produzierten Impfstoff "Covieshield" von Astrazeneca. Beide Wirkstoffe haben von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Zulassung erhalten, beide bieten keinen 100-prozentigen Schutz gegen eine Corona-Infektion. Hersteller-Astrazeneca verspricht eine Wirksamkeit von 76 Prozent gegen eine Erkrankung mit Symptomen, gegen asymptomatische Erkrankungen soll das Vakzin zu 100 Prozent schützen. Der chinesische Wirkstoff soll zu 79 Prozent gegen einen symptomatischen Krankheitsverlauf und schwere Verläufe verhindern, die eine Behandlung im Krankenhaus nach sich ziehen würden.

Heißt im Klartext: Die Impfungen schützen vor einer schweren Covid-19-Erkrankung und damit auch vor dem Tod durch eine Infektion, Ansteckungen sind aber weiterhin möglich. Die Wirksamkeitsraten des Impfstoffs bedeuteten, dass etwa 20 Prozent der Bevölkerung immer noch anfällig für das Virus sein würden, selbst wenn sie alle geimpft wären, sagte Michael Z. Lin, außerordentlicher Professor für Neurobiologie und Bioengineering an der Universität Stanford, zum US-Sender CNN.

Sind die Corona-Varianten schuld?

Unklar ist, ob eines der verimpften Vakzine besser schützt als das andere. Die Daten geben darüber keinen Aufschluss. Ein weiterer Treiber des aktuellen Corona-Ausbruchs auf den Seychellen könnten auch die Corona-Varianten sein. Bekannt ist, dass es die Variante B.1.351, die zuerst in Südafrika entdeckt wurde, bereits auf die Inselgruppe geschafft hat. Gegen diese bietet der Wirkstoff von Astrazeneca nur einen "minimalen Schutz" gegen leichte und mittelschwere Erkrankungen. Fälle einer Infektion mit der Variante B.1617 aus Indien, die als hochgefährlich gilt, wurden noch keine gemeldet, allerdings tut sich die Regierung auch schwer damit, diese mit genomischen Tests zu identifizieren – es fehlen schlicht die entsprechenden Möglichkeiten.

"Wir alle rennen um die Wette, um geimpft zu werden, aber wir müssen uns immer noch daran erinnern, dass soziale Distanz und frische Luft und Masken sehr gut sind, um eine Übertragung zu verhindern", sagte Cassie Berry, Professorin für Immunologie an der Murdoch Universität in Perth zu "CNN". "Ich denke, es wird noch eine ganze Weile köcheln." Auf den Seychellen bleibt man entspannt. Zwar wurden neue Maßnahmen für die Bewohner ergriffen – Schulschließungen, eingeschränkte Öffnungszeiten, Ausgangssperre. Die Grenzen will dort keiner dicht machen. Täglich kämen, so Radegonde, etwa 500 Besucher. Und: "Wir haben absolut nicht die Absicht, das zu ändern."

Quelle:CNN

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