Darum sollten Sie noch in diesem Jahr einen Arzt-Termin ausmachen

Das Bundesgesundheitsministerium will einen seit 2019 geltenden Neupatienten-Bonus abschaffen. Das hätte massive Auswirkungen auf die Wartezeiten beim Arzt – vor allem für Neupatienten. FOCUS online sagt, was gesetzlich Krankenversicherte wissen müssen.

Um das milliardenschwere Defizit der Krankenkassen zu stabilisieren, plant Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach unter anderem den Wegfall der sogenannten Neupatientenregelung.

Die Regelung bietet Ärztinnen und Ärzten seit 2019 finanzielle Anreize, damit sie in ihrer Praxis neue Patientinnen und Patienten aufnehmen und weitere Sprechstunden anbieten. Entsprechende Behandlungen wurden bei der Neupatientenregelung nicht über den gedeckelten Topf, sondern über ein Extrabudget abgerechnet.

Eine Streichung der Regelung bedeutet für die Arztpraxen zunächst finanzielle Einbußen.

 

Burkhard Ruppert, Vorsitzende der Berliner Kassenärztlichen Vereinigung, erklärte, bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten stoße die Streichung auf absolutes Unverständnis. Es sei fragwürdig, dass die Bundesregierung ausgerechnet bei den Praxen sparen wolle.

In einem Brandbrief an das Bundesgesundheitsministerium warnt die Kassenärztliche Bundesvereinigung davor, dass das bisherige Niveau der Versorgung nicht aufrechterhalten werden kann.

Praxen seien durch die Coronakrise überarbeitet, Personal fehle besonders bei den Facharztpraxen und die steigenden Energie- und Materialkosten würden die Lage noch weiter verschärfen.

Was bedeutet der Wegfall der Neupatientenregelung?

Der Wegfall hätte offenbar heftige Auswirkungen für Neupatientinnen und Neupatienten. Besonders betroffen wären gesetzliche Krankenversicherungsmitglieder, die eine Behandlung brauchen.

Im Schnitt würden etwa fünf zusätzliche Sprechstunden pro Woche für Sie fehlen, die heute aufgrund der Maßnahme von den Praxen für Neupatientinnen und Neupatienten gelten. Im Umkehrschluss müssten Patientinnen und Patienten insgesamt mit längeren Wartezeiten bei Facharztpraxen rechnen.

Aber auch Hausarztpraxen könnten Neupatientinnen und Neupatienten ab dem kommendem Jahr ablehnen.

Wer gilt als Neupatientin und Neupatient?

Wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung erklärt, gilt das für alle Menschen, die erstmals eine bestimmte Facharztpraxis oder eine Haushaltspraxis besuchen. Gleichzeitig auch für Patientinnen und Patienten, die zuletzt vor über zwei Jahren in diesen Praxen behandelt worden sind.

Was muss ich jetzt wissen?

Durch den Wegfall der Neupatienregelung sollten sich gesetzlich Krankenversicherte dringend um einen Hausarzt oder eine Hausärztin kümmern. Das gilt besonders dann, wenn man noch keine Hausärztin oder einen Hausarzt hat.

Liegt die letzte Behandlung bei der Facharztpraxis allzu lange zurück, sollten Sie vor dem Verstreichen der zweijährigen Frist nach einer Kontrolluntersuchung bitten. Somit gelten Sie im kommenden Jahr nicht als Neupatientin oder Neupatient. Sie werden dadurch in Zukunft schwerer abgewiesen.

Im kommenden Jahr könnten Praxen zwar Behandlungen durchführen, Neupatientinnen und Neupatienten allerdings prinzipiell ablehnen.

Zudem könnten Facharztpraxen für gesetzlich Versicherte noch kürzere Sprechstundenzeiten anbieten. Das hätte Auswirkungen bei Frauen-, Haut-, Augen-, HNO-, Zahn- und anderen Facharztpraxen.

Wie komme ich schneller an einen Termin beim Facharzt?

Wer einen Termin bei einem Kardiologen, Neurologen, Psychologen oder einem anderen Facharzt sucht, braucht in Deutschland starke Nerven.

FOCUS online rät: Halten Sie Rücksprache mit der Hausarzt- oder der Allgemeinarztpraxis, die Sie behandelt. Über den Dringlichkeitsvermerk auf dem Überweisungsschein kann der Termin bei der Facharztpraxis entsprechend vorgezogen werden.

Was viele Betroffene nicht wissen: Dieser Dringlichkeitsvermerk wird von den Arztpraxen oft vergessen oder auch ignoriert.

Im Idealfall wenden Sie sich dann mit dem Überweisungsschein und dem zwölfstelligen Dringlichkeits-Code beim kassenärztlichen Patientenservice unter der 116 117. Sie erhalten dann einen Termin innerhalb der vier folgenden Wochen. Das ist so gesetzlich festgelegt.

 

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Telefonisch beim Facharzt melden – das bringt viel

Hilfreich ist es auch, sich telefonisch beim Facharzt zu melden.

In vielen Fällen werden Termine spontan frei, Betroffene werden dann „dazwischengeschoben“. Rufen Sie Praxen in Ihrem Wohnort an und weisen Sie die Personen am Telefon daraufhin, dass Sie in der Nähe wohnen und auch spontan vorbeischauen können.

Wenn auch das nichts hilft, kann entweder der kassenärztliche Patientenservice unter der 116 117 oder Ihre Krankenkasse weiterhelfen. Nutzen Sie auch Online-Sprechstunden, die von vielen Praxen angeboten werden. Oft ergeben sich dadurch auch schnell Termine in der Praxis.

Bei akuten Beschwerden zögern Sie nicht, rufen Sie in der Praxis an und suchen Sie diese direkt auf.

Wie finde ich eigentlich eine Hausarztpraxis?

Eine gängige Herausforderung ist, dass sich nicht immer gleich eine Hausarztpraxis findet. „Viele sind so stark ausgelastet, dass sie keine neuen Patienten mehr annehmen“, sagt Anja Lehmann, juristische Beraterin bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Vor allem in ländlichen Regionen sei das so.

Bei der Suche helfen oft, aber nicht immer Empfehlungen aus dem Freundeskreis. Im Internet helfen das Bundesgesundheitsministerium über dieses Portal , über kommerzielle Anbieter wie Jameda, Doctolib, Samedi und andere. Außerdem hilft die Seite des Patientenservices .

Für gesetzlich Krankenversicherte gibt es den digitalen Terminservice der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

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