Bye, bye, Haarausfall! Die besten Ratschläge für gesundes, kraftvolles Haar

Was sind die häufigsten Fehler bei der Haarpflege?

“Viele Leute benutzen zu viel Shampoo”, sagt Corinna Peter, Dermatologin in Hamburg, “und waschen vielleicht auch zu oft.” In ihrer Haarsprechstunde sieht sie in der Folge auffällig oft eine trockene, schuppige, womöglich juckende Kopfhaut. Ein Pro­blem für sich, aber außerdem auch keine gute Grundlage für das Haarwachstum: “Gesundes Haar braucht gesunde Kopfhaut.” Um nicht zu stark zu entfetten, sollte man so wenig Shampoo wie möglich nehmen und eher seltener als häufiger waschen. Ebenso wichtig: ein mildes Produkt, eines mit hautverträglichen Waschsubstanzen beziehungsweise Tensiden. Geeignet sind zum Beispiel sogenannte amphotere Ten­side (wie etwa die Betaine) oder auch Zuckertenside, die in vielen Naturkosmetikprodukten enthalten sind und die aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden. Bei­de brennen nicht in den Augen. Weniger gut: sogenannte ­Alkylsulfate. Die schäumen zwar prächtig, können aber Haut und Schleimhaut reizen, besonders Natriumlauryl­sulfat (Sodium Lauryl Sulfate auf der Zutatenliste). Das Schaumvermögen eines ­Tensids hat nichts mit seiner Reinigungskraft zu tun.

Lässt sich Shampoo selber machen?

Für ein Grundrezept einfach Seifenflocken in ­abgekochtem Wasser lösen. Aber: Kernseife und natürliche Pflanzenseifen ergeben eine Seifenlauge, die der Schuppenschicht (Cuticula) des Haars gar nicht guttut: Sie quillt, sodass die Schuppen abstehen und das Haar nach der Wäsche stumpf und struppig wirkt. Man braucht darum entweder eine saure Spülung im Anschluss oder, noch besser, ein Rezept mit milden Tensiden und einer Säure (zum Beispiel Milch­säure, die auch im Körper vorkommt). Wichtig: Wer eine größere Menge Shampoo ­herstellt, muss es auch für den Hausgebrauch konservieren, denn wässrige Lösungen halten sich nur ein paar Tage. Bei festen Shampoostücken entfällt das Problem, weil ­Keime Wasser brauchen.

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Themen im Heft:

Ist Spliss eine Haarerkrankung?

Es ist ein Strukturschaden, sagt Dermatologin Corinna Peter: “Gesundes Haar ist nicht gesplisst.” Ab einer gewissen Haarlänge lässt sich Spliss aber kaum vermeiden, selbst wenn man nicht dazu neigt. Denn je weiter ein Haar wächst, desto länger können äußere Faktoren wie UV-Licht, heiße Föhnluft, Farbe, Ziehen und Zerren darauf einwirken. Von der Kopfhaut nach unten wird jedes Haar daher brüchiger. Wer Spliss vermeiden will, sollte ver­suchen, genau diese Belastungen zu reduzieren: besser ­tönen als färben, denn beim ­Tönen lagern sich Pigmente an das Haar an, statt es zu verändern. Keine Dauerwellen und immer einen Hut aufsetzen, wenn man in die Sonne geht. Lauwarm föhnen, selten Glätteisen oder Lockenstäbe benutzen. “Aber auch innere Faktoren spielen eine Rolle”, sagt Peter, “man muss im Grunde das Haar schon in den Wurzeln gut behandeln und diese gut mit Proteinen und Nährstoffen versorgen.” Und was kann man tun, wenn der Spliss schon da ist? Da helfen sogenannte Split-ends- Produkte, die beispielsweise Silikone, Öle oder Panthenol enthalten und mit denen man das ­Nachschneiden hinaus­zögern kann. Eine Empfehlung, wie oft man zum Friseur gehen sollte, ob mit Veran­lagung zu Spliss oder ohne, lässt sich aber nicht aussprechen. Peter: “Das ist wirklich individuell sehr verschieden und hat mehr mit Wohlbefinden als mit Haar­gesundheit zu tun.”

Was hilft gegen fettige Haare?

Waschen natürlich, wenn mit einem milden Shampoo auch täglich. “Das schadet nicht”, sagt Haarspezialistin Peter. Trotzdem könnte es sich ­lohnen, die Wäschen hinauszuzögern. “Die Talgdrüsen stellen sich darauf ein, nach etwa einer Woche ohne Haar­wäsche produzieren sie sehr viel weniger Talg.” Shampoos gegen fettiges Haar enthalten oft gar keine speziellen Wirkstoffe, sondern verzichten auf rückfettende Zutaten und ­alles, was beschwert, wie Silikone oder Proteine. Hautarzt oder Hautärztin können aber auch lokal wirksame Arzneimittel etwa mit Selendisulfid verordnen, einer Substanz, die auch in zahlreichen Antischuppenprodukten steckt. In Ausnahmefällen, wenn der Leidensdruck enorm ist, helfen Arzneien, die auch bei aus­geprägter Akne zum Einsatz kommen, weil sie die Talgdrüsenaktivität drosseln. Frauen, die mit Hormonen verhüten, können dazu auch auf eine entsprechend ausgerichtete Pille umsteigen. Und als Soforthilfe? Da kann man mit einem Trockenshampoo eine matte Oberfläche bewahren.

Sorgen Nahrungs­ergän­zungsmittel für schöne, kräftige Haare?

Manchmal schon. “Gerade bei jüngeren Frauen ist Eisenmangel eine der häufigsten Ursachen für schlechtes Haarwachstum und Haar­ausfall”, sagt Peter. Schließlich führt er zu Blutarmut ­beziehungsweise weniger Sauerstoff im Blut – und das veranlasst den Körper sofort, Prozesse herunterzuregu­lieren, die viel Energie verbrauchen. Wie eben das Haarwachstum, für das sich Zellen schnell ­teilen müssen. Fehlt dem Körper Zink, sieht man unter dem Mikroskop die ­typischen “Zinkmangelhaare”. Auch Vitamin D braucht der Körper unbedingt, um gesunde Haare produzieren zu können, genau wie Biotin. Für alle Stoffe gilt, so Peter: “Nahrungsergänzung bringt dann besonders viel, wenn auch ein Mangel vorhanden ist.” Ge­rade bei Biotin komme das so gut wie nie vor, auch wenn es in eigentlich allen Produkten für Haare und Nägel enthalten sei. Typische Kandidaten für einen Eisenmangel sind Frauen im reproduktiven Alter, die kein Fleisch essen: Sie verlieren mit der Regelblutung Eisen und verzichten auf eine einfache Quelle dafür. ­Vitamin-D-Mangel ist ebenfalls nichts Ungewöhnliches, gerade am Ende eines langen Winters: Das Vitamin wird überwiegend in der Haut gebildet, und zwar unter dem Einfluss von UV-Licht, also vor allem in den Sommermonaten. Auch Zinkmangel kann vorkommen. Doch eine Supplementierung auf Verdacht habe bei keinem der Nährstoffe Sinn, zumindest nicht auf Dauer. “Gerade Zink sollte man allenfalls mal zwei bis drei Monate auf eigene Faust nehmen, weil man eben auch zu viel davon haben kann.” Besser: Erst abklären, ob man tatsächlich einen Mangel hat, bevor man Pillen nimmt.

Gewinner des Nannen Preises

Wenn das Herz versagt und es nur eine Rettung gibt

Sind Glätteisen genauso schädlich wie Föhnen?

Sogar schädlicher. “Es kommt einfach mehr Hitze auf klei­nerer Fläche direkt am Haar an”, sagt Corinna Peter. Hitze schadet Haaren, schließlich bestehen diese aus einem Eiweißbaustein, der Aminosäure Cystein, die zu langen Ketten, dem Keratin, vernetzt ist. Und dass Eiweiß sich unter Hitzeeinwirkung verändert, können wir beim Steak in der Pfanne beobachten. Geschädigtes Haar gibt unter weiterem Hitzeeinfluss auch die Feuchtigkeit ab, die in der Cuticula gespeichert ist. Um Schäden zu vermeiden, sollte man immer von etwas weiter weg und auch nicht so heiß föhnen, wie das Gerät es hergibt. Beim Glätten kann man keinen Abstand halten, wenn welliges Haar immer wieder zu glattem gebügelt wird. Auch das tue der Haarstruktur nicht gut, so Peter: “Wer zu oft glättet, riskiert Strukturschäden.”

Kann man Trockenshampoo dauerhaft nutzen?

Ja. “Das schadet weder Haar noch Kopfhaut”, sagt Corinna Peter. Trockenshampoos nehmen Fett und Feuchtigkeit auf, so wie Babypuder oder Heilerde, und werden dann ausgebürstet. Allerdings nicht rückstandslos, sodass nach ein paar Anwendungen für gewöhnlich das dringende Verlangen nach einer Wäsche aufkommt, einfach weil sich das Haar anders anfühlt und anfasst. Wenn man allergisch reagiert, was durchaus möglich ist, sollte man das Mittel sofort auswaschen und nicht wieder benutzen.

Gibt es wirkungsvolle Hausmittel?

Ja, vor allem Klettenwurzel- und Kokosöl. “Beide empfehle ich allen, die sehr trockene und spröde Haare haben”, sagt Peter. Am besten morgens sparsam in die Spitzen massieren, das sieht dann ­einfach nur gesund und nicht fettig aus. Oder man pflegt damit die Kopfhaut, indem man das Öl über Nacht einwirken lässt und morgens auswäscht. “Wer das Gefühl hat, nach der Haarwäsche trocknen Haare und Kopfhaut regelrecht aus, sollte das mal probieren. Erst recht, wenn die Kopfhaut dazu auch juckt.” Und was ist besser, Kokos oder Klettenwurzel? “Der Effekt ist derselbe”, sagt Peter. Klettenwurzelöl hat den Vorteil, dass man es bequem aus der Flasche tropfen und sofort verteilen kann. Kokosöl beziehungsweise -fett ist bei Raumtemperatur fest und muss erst in den Handflächen angewärmt und verflüssigt werden. Aber es riecht viel besser.

Gibt es sonst noch simple Tipps?

Gut essen, also ausreichend Vitamine und Proteine und damit auch den Haarbaustein Cystein zu sich nehmen. Und: nicht ständig die Nacht zum Tag machen. Denn das Hormon Melatonin, das vor allem im Dunkeln gebildet wird, spielt offenbar eine Rolle beim Haarwachstum: Einzelne ­Studien zeigten, dass es dieses ankurbelt. Dermatologin Peter zufolge ein Relikt aus Höhlenzeiten: Im Winter, wenn es viel dunkel ist, braucht man mehr Fell. Nicht nur Tageslicht, auch elektrisches hemmt die Melatoninproduktion. Peter: “Ausreichend schlafen ist darum ein Faktor für schönes Haar, der oft unterschätzt wird.” Mittlerweile gibt es (rezeptfreie) Haarseren mit Melatonin, die Wachstum und Struktur verbessern sollen.

Was hat Krafttraining mit den Haaren zu tun?

“Das Training an sich hat nichts damit zu tun”, sagt Corinna Peter. Dennoch gebe es folgenden Zusammenhang: Wer Muskeln aufbauen will, achtet für gewöhnlich auch auf ausreichende Protein­zufuhr, “und das ist dann auch für die Haare gut”. Oft ­geschieht das mittels Protein­shakes. Viele dieser Zube­reitungen sind mit der Aminosäure L-Carnitin ange­reichert, weil sie die Fettverbrennung unterstützen soll. “Durch Zufall hat man he­rausgefunden, dass L-Carnitin die Haarstruktur verbessert, zumindest im Reagenzglas”, so Peter. “Es werden nicht mehr Haare, aber das einzelne wird dicker.” Außerdem gebe es ganz grundsätzlich eine Wechselwirkung zwischen Sport allgemein und Haaren: “Man fühlt sich besser durch Bewegung, und je besser man sich fühlt, desto besser geht es den Haaren”. Und das gelte auch für die Haut.

Stimmt es, dass man auf Silikone besser verzichten sollte?

Allein aus Umweltgesichtspunkten ja. Denn Kläranlagen filtern Silikone nicht vollständig aus dem Abwasser, und die Stoffe können sich in Organismen anreichern. Eine Reihe von zyklischen Silikonen sind zudem giftig für Wasserorganismen und dürfen seit diesem Februar nicht mehr in abwaschbaren Kosmetika enthalten sein. Naturkosmetik verzichtet ganz auf Silikone und damit auf ihren schnellen Effekt: Die Stoffe lagern sich an die Haaroberfläche an und kitten dabei mögliche Bruchstellen zumindest optisch. Das Haar wirkt voller, glatter und gesünder, ohne dass sich im Inneren der Haarstruktur etwas verändert hätte. Silikone haften so gut, dass sie sich oft nicht ohne Weiteres abwaschen lassen, was kein Vorteil ist: “Auf Dauer lagern sich diese Sub­stanzen auf den Haarschäften ab, vor allem feines Haar wird dann sichtbar schwerer. Wer täglich silikonhaltige Shampoos oder ­Spülungen benutzt, wird das schon nach ein paar Tagen merken.” Fazit der Haar­expertin: Um schnell was zu verbessern, ja, aber auf Dauer auch hier nicht optimal. Alternative sind Pflanzenöle, die ebenfalls für Glanz und Geschmeidigkeit sorgen können, oder das feuchtigkeitsbin­dende Panthenol. Zu erkennen sind Silikone an den Endungen “-con” oder “-xan” in der ­Zutatenliste, oder per Smartphone: Die App “Codecheck” weist auf zahlreiche problematische Inhaltsstoffe hin. Dazu einfach den Barcode des Produkts abfotografieren.

Werden Kopfschuppen durch einen Pilz hervorgerufen?

Zumindest spielt der Hefepilz Pityrosporum ovale oft eine Rolle. Er ist eigentlich ganz harmlos und sitzt bei jedem friedlich auf Haut und Kopfhaut. Aber er kann Oberwasser bekommen, zum Beispiel wenn zu viel Talg da ist. Das ist gerade beim sogenannten seborrhoischen Ekzem ein Problem. Diese Erkrankung trifft vor allem Männer im mittleren Alter und geht mit roten Flecken im Gesicht und auf der Kopfhaut und vielen gelblichen, fettigen Schuppen einher. Sie lässt sich normalerweise nicht heilen, aber im akuten Schub gut behandeln, es kommen vor allem Antipilz- und schuppenlösende Wirkstoffe zum Einsatz, eventuell auch Cortisoncremes oder -gele. Andere Schuppenverursacher sind zum Beispiel eine seltene Form der Schuppenflechte, die sich auf dem Kopf abspielt (Psoriasis capitis), Neurodermitis, Allergien oder andere, krank machende ­Pilze. Schuppen können aber auch einfach nur ein lästiges kosmetisches Problem sein, ohne Krankheitswert. Dann gilt es, sie zu lösen und ihre Produktion zu drosseln. Schuppenshampoos enthalten dazu oft Antipilzmittel wie Ciclopiroxolamin, Ketoconazol oder Pirocton-Olamin, die hornhautlösende Salicylsäure oder auch den Alleskönner Selendisulfid, dem pilz- und keimhemmende ­sowie schuppenlösende Eigenschaften zugesprochen werden. Die Behandlung lohnt sich, aber oft muss man wiederholt ran. Denn wer die Tendenz zu Schuppen hat, bei dem treten sie für gewöhnlich immer wieder auf.

Kann Haarefärben Krebs verursachen?

Nein. “Für Verbraucherinnen und Verbraucher besteht kein Krebsrisiko durch Haarfärbemittel, weil die problema­tischen Substanzen bereits seit Langem verboten sind”, schrieb das Bundesinstitut für Risikobewertung schon vor gut zehn Jahren. Die Diskussion über die mögliche Kanzerogenität komme trotzdem immer wieder auf, so Dermatologin Corinna Peter. “Aber bei den derzeit zugelassenen Farben kann man von einer Unbedenklichkeit ausgehen, sofern sie nach Anleitung verwendet werden. Die Produkte sind toxikologisch gut abgesichert.” Auch Haar­ausfall habe nichts mit Haarefärben zu tun. Mit einer ­Ausnahme: wenn es zu einer starken allergischen Reaktion kommt, die die Haarwurzeln vernarben lässt. Die in Haarfärbemitteln enthaltenen Substanzen gehören zu den häufigsten Auslösern al­ler­gischer Reaktionen. Da­rum ist der laut Gebrauchsanweisung empfohlene Test in der Armbeuge sinnvoll, wenn auch nicht absolut sicher. Auch ­Naturhaarfarben können ­Allergien auslösen, dazu sind sie matschig und geruchs­intensiv. Ihr Vorteil: Sie greifen die Haarstruktur nicht an und sind ökologisch besser.

Hilfe, mir fallen die Haare aus. Was kann ich tun?

Einen Termin bei einer Haarsprechstunde machen, wie sie Hautärzte und Universitätskliniken anbieten, und nicht zu lange warten. Denn je früher man behandelt, desto aussichtsreicher die Therapie. Selbst loszulegen sei keine gute Idee, sagt Hans Wolff, Dermatologe und Leiter der Haarsprechstunde der Ludwig-Maximilians-Universität München. Die meisten Wässerchen hält er für wirkungslos, auch von den Studiendaten mit koffeinhaltigen Haarwässern oder Shampoos ist Wolff nicht überzeugt. Der Arzneistoff Minoxidil dagegen helfe fast immer, verfälsche aber die Diagnostik und verschleiere die eigentliche Ursache des Haarausfalls. “Anbehandeltes Haar ist ein echter Nachteil, wenn man in die Haarsprechstunde kommt”, so Wolff. Ebenfalls wenig sinnvoll: Bilder auf Arztportalen hochladen für eine erste, schnelle Einschätzung vom Derma­tologen (zum Beispiel für 39 Euro bei On­linedoctor.de). Zwar sei die Dermatologie ein optisches Fach, sagt Wolff. “Beim Haarausfall gilt das aber nur mit Einschränkung”, so der Experte. “Denn das Gefühl von ›Mir gehen seit Wochen die Haare aus‹ kann man nicht bildlich darstellen.”

Und was passiert dann in der Sprechstunde?

Zunächst wird geklärt: Gab es Krankheiten oder schwere Therapien? Wo genau fallen die Haare aus, eher diffus, also über größere Flächen verteilt, oder an bestimmten Stellen? Wie sieht das Haar unterm Mikroskop aus? Für ein Trichogramm werden etwa 20 bis 50 Haare ausgezupft, um die Wurzeln zu untersuchen und welcher ­Anteil der Haare in welcher Phase ist. Beim gesunden Haar sind über 80 Prozent in der Wachstumsphase, die zwei bis sechs Jahre dauert und in der das Haar etwa einen Zentimeter im Monat wächst. Unter drei Prozent sind in der Übergangsphase und weniger als 20 Prozent in der zwei bis vier Monate ­anhaltenden Ruhephase, an deren Ende das Haar natür­licherweise ausfällt. Per ­Trichogramm kann man Abweichungen erkennen und vorhersagen, wie es in den nächsten Monaten ­ weiter­geht. Ein sogenannter Trichoscan mit Foto- und Softwareunterstützung bestimmt zusätzlich Haarzahl und Haardicke – ganz ohne Haare auszureißen. Je nach Befragung und Untersuchung wird auch Blut abgenommen und geprüft: Ist genug Eisen da, sind die Schilddrüsenwerte normal? Gibt es sonstige Hinweise auf Krankheiten? “Auch eine fortgeschrittene Syphilis kann Haarausfall auslösen”, sagt Wolff. Eine der häufigsten Formen von Haarausfall ist der erblich bedingte (androgenetische Alopezie), der Männer wie Frauen trifft. Dabei bilden sich die Blut­gefäße zurück, die die Haarwurzeln mit Nährstoffen versorgen. Infolge der Mangelversorgung wird die Wachstumsphase plötzlich ganz kurz, Übergangs- und Ruhephase beginnen also sehr viel eher. Das Haar fällt viel zu früh aus. Beim kreisrunden Haarausfall, der Alopecia areata, ist das Immunsystem schuld. Ein diffuser Haarausfall kann viele Gründe haben, vom Eisenmangel bis zur Pille, und auch andere Medikamente können vermehrten Haarausfall ­bewirken. Infos unter: haarerkrankungen.de

Welche Rolle spielt Stress?

Die Psyche hat einen enormen Einfluss auf die Haare. “Das sehe ich eigentlich jeden Tag in der Haarsprechstunde”, sagt Corinna Peter: “Trennung, Mobbing, Überforderung, das alles kann dazu führen, dass die Haare schlechter wachsen, dünner werden, ausfallen.” Typischerweise führen solche Belastungen dazu, dass plötzlich viel mehr Haare als sonst in die Ruhephase kommen. “Darum beginnt diese Art Haarausfall ziemlich ­genau vier Monate nach der Belastungssituation.” Aber auch umgekehrt gebe es einen Zusammenhang zwischen Haaren und Psyche: Wenn die Haare nicht sitzen oder strähnig herunterhängen, gehe es einem schlechter. Das habe auch damit zu tun, dass glänzende, schöne Haare für die meisten von uns mit Gesundheit assoziiert würden. Noch dazu drückten Haare die eigene Persönlichkeit aus, man hat also an solchen Tagen ­womöglich das Gefühl, falsche Signale zu senden. Das alles führe dann zum Bad-Hair-Day-Phänomen: An Tagen, an denen die Haare unfrisierbar sind, scheint alles schief­zulaufen. Peter sieht in der Wechselwirkung zwischen Haaren und Psyche aber auch eine Chance: “Man kann ja oft drauf reagieren und sich selbst ein bisschen verwöhnen an solchen Tagen.”

Wie wird Haarausfall behandelt?

Wenn möglich, indem man das zugrunde liegende Problem therapiert, sprich Mängel ausgleicht, Hormone reguliert, die Stresssituation verändert. Oft kommen zudem (rezeptfreie) Medikamente mit Minoxidil zum Einsatz, das als Schaum oder Lösung auf die Kopfhaut aufgetragen wird. Minoxidil weitet die Gefäße und sorgt so dafür, dass die Haarwurzeln wieder besser mit Nährstoffen versorgt werden. Auf diese Weise will man die Haare, die eigentlich schon in der Ruhephase sind, noch mal zum Wachstum anregen. Für Männer gibt es beim anlagebedingten Haarausfall eine weitere Option: Tabletten mit Finasterid. Die Substanz hemmt das Enzym 5-alpha-Reduktase, das das männliche Geschlechtshormon Testosteron zu Dihydrotestosteron (DHT) umbaut. Und DHT ist ganz wesentlich verantwortlich für den anlage­bedingten Haarausfall. Finasterid sei ein hilfreiches Mittel, so Wolff. Allerdings steht das Medikament auch im Verdacht, bleibende Schäden zu verursachen. Des­wegen ist es wichtig, sich mit seinem Arzt vor Einsatz auszutauschen. Auch bei Frauen spielt das männliche Sexualhormon beziehungs­weise DHT eine Rolle, darum kann eine antiandrogene Antibabypille den Haarausfall positiv beeinflussen, indem sie für weniger männliche Hormone sorgt. Ganz neu sind die (in Deutschland hierfür noch nicht zu­gelassenen) als Rheumamittel bekannten JAK-­Hem­mer, die bei der Alopecia areata (dem immunbedingten Haarausfall) mehr zu können scheinen als alles andere. Aber: “Behandlungskosten von zurzeit noch über 10000 Euro pro Jahr für ein medizinisches Problem, das nicht lebensbedrohend ist, finde ich nicht gerechtfertigt”, sagt Wolff.

Kann man eigentlich über Nacht ergrauen?

Nein, Pigmente (sie verleihen den Haaren die Farbe) können nicht aus den Längen herausfallen. Aber die Haarwurzeln können über Nacht aufhören, Pigmente in den Haarschaft einzubauen, sodass nur noch weißes Haar nachwächst und man vorzeitig und vergleichsweise schnell grau wird. Anlass für so eine Umprogrammierung der Haarwurzeln können zum Beispiel schwere Infekte oder extreme psychische Belastungen sein. Dabei gehen die pigmentproduzierenden Stammzellen auf einmal zugrunde. Dass Stammzellen überhaupt über das stressvermittelnde sympathische Nervensystem angesteuert werden können, war die eigentliche Überraschung der neuesten Forschungen eines Dermatologenteams der Harvard University (USA).

Kann in der Haarsprechstunde jedem geholfen werden?

Nein. “Bei schweren Verläufen von erblich bedingtem Haarausfall ist es schwierig, und wenn die Haarfollikel bereits vernarbt sind und die Kopfhaut spiegelglatt ist, geht gar nichts mehr”, sagt Peter. “Aber für circa 80 Prozent der Patientinnen und Patienten kann man schon sub­stanziell was verbessern.” ­Manchmal helfe bereits, über das Haarproblem zu sprechen. Manche machten sich Sorgen, etwa weil der Mutter gerade die Haare ausgehen, sie selbst hätten dabei jedoch ganz gesunde Haare. Auch komme es vor, dass das eigentliche Thema ganz wo­anders liege, dass es um ­Unzufriedenheit gehe mit sich selbst. Häufig spielt auch das Älterwerden eine Rolle, denn die Haare werden mit den Jahren nun mal dünner und brüchiger, wie die Knochen auch. “Nur gibt es hier, anders als bei der Knochendichtemessung, keinen Standard”, sagt Peter. “Und der Punkt, an dem jemand ­anfängt, unter seinen Haaren zu leiden, ist bei jedem ein ­anderer.”

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