Wer zu viel Salz isst, schwächt sein Immunsystem

Eine zu salzreiche Kost kann die Energieversorgung wichtiger Kontrollzellen unseres Immunsystems schwächen – und dadurch Autoimmunreaktionen und Entzündungen fördern, wie eine Studie aufzeigt.

Demnach beeinträchtigt ein Salzüberschuss die regulatorischen T-Zellen, die normalerweise unsere Abwehrreaktionen im Zaum halten. Durch das Salz werden jedoch ihre Mitochondrien-Funktion und Genaktivität gestört. Diese Zellen könne dadurch überschießende Immunreaktionen nicht mehr so gut bekämpfen.

Zu viel Salz ist ungesund – das ist nicht neu. So kann eine zu hohe Salzzufuhr den Blutdruck erhöhen und das Herz-Kreislauf-System schädigen. Auch die Hirndurchblutung und geistigen Leistungen könnten durch längerfristigen Salzüberschuss leiden, wie Studien mit Mäusen nahelegen. 2021 haben Wissenschaftler zudem entdeckt, dass zu viel Salz auch dem Immunsystem schaden kann: Weil Salz die Funktion der Mitochondrien stört, funktionieren die für die Erregerabwehr nötigen Fresszellen nicht mehr richtig.

Regulatorische T-Zellen im Blick

Jetzt zeigt sich: Auch die Kontrolle des Immunsystems gegen überschießende, krankhafte Reaktionen wird durch einen Salzüberschuss gestört. „Ausgangspunkt waren Beobachtungen bei Autoimmunpatienten und unsere Ergebnisse, nach denen Salz die Funktion der Mitochondrien bei Monozyten und Makrophagen einschränkt", erklärt Koautor Dominik Müller vom Max Delbrück Center in Berlin. „Wir haben wir uns gefragt, ob ähnliche Probleme in den regulatorischen T-Zellen gesunder Menschen auftreten können.“

So viel Salz ist gesund

Die Deutsche Gesllschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, täglich nicht mehr als 6 Gramm Salz zu sich zu nehmen.

Die tägliche Salzaufnahme liegt

  • bei Frauen allerdings durchschnittlich bei 8,4 Gramm und
  • bei Männern durchschnittlich bei 10 Gramm.

50 Prozent der Männer und 38,5 Prozent der Frauen nehmen sogar täglich mehr als 10 Gramm Salz auf.

Die Salzaufnahme der Erwachsenen in Deutschland liegt damit deutlich über den Empfehlungen der DGE.

Regulatorische T-Zellen, kurz Tregs, sind ein wichtiger Kontrollfaktor unseres adaptiven Immunsystems. Sie hemmen aggressive Immunzellen, die sich gegen den eigenen Körper richten, und sorgen so dafür, dass Immunreaktionen nicht außer Kontrolle geraten. Bei einigen Autoimmunkrankheiten wie der Multiplen Sklerose arbeiten die Tregs nur noch eingeschränkt, wodurch immunbedingte Entzündungen und Schäden an körpereigenem Gewebe auftreten können.

Für ihre Studie haben Müller, Erstautorin Beatriz Côrte-Real von der Universität Hasselt in Belgien und ihr Team untersucht, ob ein Salzüberschuss auch die regulatorischen T-Zellen beeinträchtigen kann. Dafür analysierten sie, wie sich die Funktion der Mitochondrien und die Genaktivität in Kulturen menschlicher Tregs bei erhöhtem Salzgehalt des Nährmediums veränderte.

Energiestoffwechsel und Funktion verschlechtert

Und tatsächlich: Sind die regulatorischen T-Zellen einem höheren Salzgehalt ausgesetzt, verschlechtert sich ihr Energiestoffwechsel messbar, wie die Forschenden feststellten. Die Mitochondrien der betroffenen Tregs erzeugten weniger chemische Energie, was zu einer Umstellung des Zellstoffwechsels und einer beeinträchtigten Funktion der Immunzellen führte. Die „versalzenen“ regulatorischen T-Zellen ähnelten dadurch denjenigen, die von Patienten mit Autoimmunerkrankungen bekannt sind.

Das Team konnte auch herausfinden, wie das Salz die Funktion der Mitochondrien hemmt: „Der hohe extrazelluläre Salzgehalt erhöht die Konzentration von Natrium-Ionen in der Zelle“, erklären Côrte-Real und ihr Team. „Das hemmt die Atmung der Mitochondrien, weil es ihre Elektronentransportkette stört.“ Im weiteren Verlauf führt dies Energiemangel der Tregs und Veränderungen in ihrer Genexpression. Schon eine kurze Unterbrechung der Mitochondrien-Funktion hatte in der Studie langanhaltende Folgen für die immunregulierende Kapazität der Tregs.

Möglicher Risikofaktor für Autoimmunkrankheiten

Nach Ansicht der Forschenden deutet dies darauf hin, dass eine zu salzreiche Kost neben den Fresszellen des Immunsystems auch die regulatorischen T-Zellen beeinträchtigt und möglicherweise zu Fehlfunktionen der Tregs bei verschiedenen Krankheiten beiträgt. „Die Faktoren und die molekularen Mechanismen besser zu verstehen, die zur Fehlfunktion der Tregs bei Autoimmunität beitragen, ist eine zentrale Frage auf diesem Gebiet", sagt Koautor Markus Kleinewietfeld von der Universität Hasselt.

Da regulatorische T-Zellen auch bei Krankheiten wie Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Rolle spielen, könne die Aufklärung solcher durch Salz ausgelösten Effekte neuartige Ansätze eröffnen, um die Treg-Funktion bei verschiedenen Krankheiten zu verändern, so der Forscher weiter. „Es sind jedoch noch weitere Studien erforderlich, um die molekularen Mechanismen genauer zu verstehen und ihre potenziellen Zusammenhänge mit Krankheiten zu ergründen.“

(Cell Metabolism, 2023; doi: 10.1016/j.cmet.2023.01.009)

Quelle: Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft

Dieser Artikel wurde verfasst von Nadja Podbregar

Das Original zu diesem Beitrag “Wer zu viel Salz isst, schwächt sein Immunsystem” stammt von scinexx.

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