Hydroxychloroquin: Risiken bei Anwendung zur Behandlung von COVID-19
Das Malaria-Medikament Hydroxychloroquin gehört für viele Fachleute zu den vielversprechendsten Wirkstoffkandidaten bei der Suche nach einer COVID-19-Therapie. Doch das Arzneimittel birgt ein Risiko für teilweise lebensbedrohliche Nebenwirkungen. Zudem seien positive Auswirkungen auf Corona-Erkrankte noch nicht erwiesen.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) weist in einer aktuellen Mitteilung darauf hin, dass die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) erneut vor den Risiken bei Anwendung von Hydroxychloroquin (und Chloroquin) zur Behandlung von COVID-19 warnt.
Hilft das Malaria-Medikament bei COVID-19?
US-Präsident Donald Trump hat Hydroxychloroquin als ein „Geschenk Gottes“ bezeichnet. Er nimmt das Malaria-Medikament als COVID-19-Prophylaxe ein.
Dabei ist die Wirksamkeit noch gar nicht bewiesen. Vielmehr hat eine wissenschaftliche Untersuchung gezeigt, dass dieses Medikament, wie auch Chloroquin, mehr Schaden als Nutzen bringt.
Diese Studie, die im Fachjournal „The Lancet“ veröffentlicht wurde, war für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Anlass, Tests mit dem Malaria-Medikament Hydroxychloroquin zur Bekämpfung von COVID-19 auszusetzen.
Dutzende Forschende haben sich jedoch laut einem in der Fachzeitschrift „The BMJ“ veröffentlichten Bericht besorgt über die Studie geäußert, die sowohl Besorgnis angesichts der Methodik als auch der Erhebung der Daten ausgelöst habe.
Die Diskussion über die (mögliche) Wirksamkeit des Medikaments bei COVID-19 wird also weitergehen.
Arzneimittel mit schweren Nebenwirkungen
Wie das BfArM schreibt, wurde das zur Behandlung von Malaria und bestimmten Autoimmunerkrankungen zugelassene Hydroxychloroquin zwar zur Behandlung von COVID-19-Erkrankten eingesetzt, positive Auswirkungen bei dieser Patientenpopulation sind jedoch nicht erwiesen.
Verschiedene Beobachtungsstudien in COVID-19 haben berichtet, dass Hydroxychloroquin (und Chloroquin) mit einem erhöhten Risiko für kardiale Probleme assoziiert sind. Den Angaben zufolge handelt es sich hierbei um bekannte Nebenwirkungen von Hydroxychloroquin, die Herzrhythmusstörungen und Herzstillstand einschließen.
Daher sollte vor einer Verordnung geprüft werden, ob weitere Risikofaktoren für Herzrhythmusstörungen wie vorbestehende Herzerkrankungen, Elektrolytstörungen (Kalium, Magnesium) oder die gleichzeitige Behandlung mit Arzneimitteln, die das QT-Intervall verlängern können, bestehen.
Laut dem BfArM werden Herzrhythmusstörungen wahrscheinlicher und schwerwiegender, wenn Hydroxychloroquin in höheren als den für die zugelassenen Indikationen empfohlenen Dosen verwendet oder wenn es mit bestimmten Antibiotika wie Azithromycin kombiniert wird.
Zusätzlich zu den kardialen Nebenwirkungen kann Hydroxychloroquin auch neuropsychiatrische Störungen wie Erregung, Schlaflosigkeit, Verwirrung, Psychose sowie Selbstmordgedanken verursachen.
Darüber hinaus kann das Mittel Störungen der Leberfunktion sowie neuronale Schäden verursachen, die zu epileptischen Anfällen (Krämpfen) führen können, und es kann den Blutzucker senken.
Studien ausgesetzt oder gestoppt
Angesichts der sich abzeichnenden Datenlage haben manche EU-Länder klinische Studien zur Untersuchung von Hydroxychloroquin bei COVID-19-Patientinnen und -Patienten ausgesetzt oder gestoppt.
Für einige Studien, darunter die große multinationale Studie „Solidarity” der WHO, wurde die Aufnahme von Patientinnen und Patienten in Versuchsarme mit Hydroxychloroquin ausgesetzt.
Eine vorläufige Überprüfung der Recovery-Studie, einer großen laufenden Studie an COVID-19-Erkrankten, ergab keine Gründe für die Aussetzung oder den Abbruch der Studie.
Solange weitere Analysen der verfügbaren Daten durchgeführt werden, sollte Hydroxychloroquin bei COVID-19 laut dem BfArM nur im Rahmen klinischer Studien oder in Härtefallprogrammen bei hospitalisierten Patientinnen und Patienten unter strenger Überwachung eingesetzt werden.
Patientinnen und Patienten, denen Hydroxychloroquin für zugelassene Indikationen (Malaria und bestimmte Autoimmunkrankheiten wie rheumatoide Arthritis und Lupus) verschrieben wurde, sollten das Arzneimittel weiterhin nach Anweisung der Ärztin oder des Arztes einnehmen. (ad)
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
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