Krebs: Risiko für Metastasen liegt in den Genen – Naturheilkunde & Naturheilverfahren Fachportal

Erster Beweis: Genetik beeinflusst Krebserkrankungen

Die Genetik, die ein Mensch in die Wiege gelegt bekommt, legt bereits zum Teil fest, wie hoch die Gefahr ist, das bestimmte zukünftige Krebserkrankungen Metastasen bilden. Eine aktuelle Studie liefert den ersten Hinweis darauf, dass einige Gene die Ausbreitung von Krebs fördern.

Forschende der Rockefeller University in New York zeigten, dass manche von Geburt an vorhandenen Gene zu der Metastasierung von Tumoren beitragen, falls es zu einer Krebserkrankung kommt. Dies bestätigt eine lange vorhandene Vermutung, dass die Genetik einer Person den Verlauf von Krebserkrankungen mitbestimmt. Die Studienergebnisse wurden kürzlich in dem weltbekannten Fachjournal „Nature Medicine“ präsentiert.

Krebs kann Metastasen bilden oder an Ort und Stelle bleiben

Krebserkrankungen können völlig unterschiedlich verlaufen. Bei einigen Betroffenen bleiben die Tumoren an Ort und Stelle, während sich bei anderen Personen Metastasen bilden und sich der Krebs so im Körper ausbreitet. Jetzt hat ein Forschungsteam zum ersten Mal gezeigt, dass unsere vorhandene Genetik das Risiko für eine Metastasierung beeinflusst.

Bei vielen Krebsarten besteht ein familiäres Risiko

Aus Beobachtungsstudien weiß man bereits, dass die Gefahr an Krebs zu erkranken bei einer Person erhöht ist, falls in der Familie verstärkt Krebserkrankungen aufgetreten sind. Bislang ist jedoch unklar, wie es zu diesem familiären Grundrisiko kommt. Die Forschenden entdeckten nun ein Gen, welches das Fortschreiten des Malignen Melanoms (sogenannter schwarzer Hautkrebs) fördern kann, falls es vorhanden ist. Das Team vermutet, dass andere vererbte Genvariationen auch Einfluss auf andere Krebsarten nehmen.

Die Bildung von Metastasen ist zum Teil durch Gene bedingt

„Krebs-Betroffene fragen oft: Warum habe ich so viel Pech? Warum hat sich mein Krebs ausgebreitet? Als Ärzte hatten wir nie eine Antwort“, berichtet der Forschungsleiter Sohail Tavazoie. „Diese Forschung liefert eine Erklärung“, ergänzt der leitende Oberarzt der Studie Leon Hess.

Das Geheimnis der Metastasenbildung

Metastasen entstehen, wenn Krebszellen aus dem ursprünglichen Gewebe austreten, um an anderer Stelle neue Tumore zu bilden. Dieses Phänomen verschlechtert die Prognose maßgeblich und führt nicht selten zum Tod des Betroffenen. Die medizinische Forschung ist bislang davon ausgegangen, dass Krebszellen durch Mutationen diese Fähigkeit zur Metastasierung erlangen. Doch selbst nach jahrzehntelanger Suche konnte eine solche Veränderung nicht gefunden werden.

Ein Gen kann die Ausbreitung von Melanomen begünstigen

In der aktuellen Forschungsarbeit bestätigte sich nun, was sich bereits in früheren Studien andeutete. Es gibt ein Gen namens ApoE, dass in allen Körperzellen vorhanden ist, bevor Krebs entsteht. Dieses Gen scheint ebenfalls die Ausbreitung von Melanomen zu beeinflussen. Das Gen produziert laut der Studie ein Protein, das offenbar eine Reihe von Prozessen stört, die von Krebszellen zur Metastasierung genutzt werden. Hierdurch gelingt es den Krebszellen, in gesundes Gewebe einzuwachsen und sich vor Angriffen von Immunzellen zu schützen.

Drei verschiedene Versionen von APOE

Wie die Forschenden zeigten, trägt der Mensch eine von drei verschiedenen Versionen von ApoE in sich: ApoE2, ApoE3 oder ApoE4. In Versuchen an Mäusen stellte sich heraus, dass sich Melanome bei denjenigen am wenigsten ausbreiteten, die das ApoE4-Gen besaßen. Die Forschenden konnten auch zeigen, dass ApoE4 die effektivste Version ist, was die Verstärkung der Immunantwort auf Tumorzellen betrifft. Im Vergleich mit den anderen Genvarianten zeigten die Mäuse, die ApoE4 trugen, eine größere Fülle von tumorbekämpfenden T-Zellen.

„Wir glauben, dass ein wesentlicher Einfluss der ApoE-Varianten auf Unterschiede in der Art und Weise zurückzuführen ist, wie sie den Angriff des Immunsystems modulieren“, erklärt Benjamin Ostendorf aus dem Forschungsteam.

ApoE-Variante gibt Hinweise auf den Krankheitsverlauf

In einem weiteren Schritt überprüften die Forschenden die Ergebnisse an 300 Fällen von Menschen mit Melanomen. Auch hier zeigte sich, dass diejenigen, die das ApoE4-Gen besaßen, im Durchschnitt am längsten die Krankheit überlebten. Es stellte sich auch heraus, dass diejenigen, die die Apoe2-Variante in sich trugen im Durchschnitt am schnellsten der Krankheit erlagen. Laut dem Studienteam könnten diese Erkenntnisse für die Prognose von Melanom-Erkrankungen genutzt werden.

Verbesserte Therapie

Zudem zeigten die Forschenden, dass Menschen mit ApoE4 am besten auf immunstärkende Therapien ansprechen, die darauf ausgelegt sind, dass das eigene Immunsystem den Krebs bekämpft. Der experimentelle Wirkstoff RGX-104 konnte bei Mäusen die Produktion von Apoe4 steigern, was den Mäusen dabei half, den Tumor zu bekämpfen. Der Wirkstoff soll nun auch an Menschen getestet werden.

Weitere Forschung ist notwendig

In weiteren Forschungsarbeiten soll herausgefunden werden, wie die Behandlung optimiert werden kann, wenn andere ApoE-Varianten vorliegen. ApoE2 war zum Beispiel mit einem erhöhten Metastasierungsrisiko verbunden. Die ApoE3-Variante scheint mit einer besseren Prognose als bei ApoE2 aber mit einer schlechteren Prognose als ApoE4 verbunden zu sein.

Die Auswirkungen könnten sich nicht nur auf Krebs beschränken

Den Forschenden zufolge könnten die Auswirkungen der ApoE-Varianten über den Krebs hinausgehen. Andere Studien zeigten bereits, dass Variationen von ApoE zur Entstehung der Alzheimer-Krankheit beitragen: Hierbei zeigte sich für ApoE4 eine nachteiliger Effekt, denn es scheint das Risiko von Alzheimer zu erhöhen.

„Es ist nicht ganz klar, was ApoE bei der Alzheimer-Krankheit bewirkt, aber wir glauben, dass unsere Arbeit an Krebserkrankungen auch unser Verständnis dieser Krankheit verbessern kann“, resümiert Forschungsleiter Tavazoie. Die Forschenden haben bereits damit begonnen, auch den Zusammenhang zwischen ApoE und neurodegenerativen Erkrankungen zu untersuchen. (vb)

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