Metabolische Operation kann Typ-2-Diabetes heilen
Die metabolische Chirurgie erwies sich im Rahmen einer Langzeitstudie effektiver bei der langfristigen Kontrolle von schwerem Typ-2-Diabetes als Medikamente und Lebensstil-Interventionen. Mehr als ein Drittel der chirurgisch behandelten Patientinnen und Patienten blieb während des gesamten 10-jährigen Studienzeitraumes diabetesfrei.
Forschende des King’s College London und der Fondazione Policlinico Universitario Agostino Gemelli IRCCS in Rom veröffentlichten die Ergebnisse einer Typ-2-Diabetes-Langzeitstudie mit der bisher längsten Nachbeobachtungszeit in diesem Kontext. Das Forschungsteam zeigte, dass durch metabolische Chirurgie eine „Heilung von Typ-2-Diabetes möglich ist“. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „The Lancet“ präsentiert.
Medikamente oder Operation?
An der Studie nahmen 60 Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem Typ-2-Diabetes teil, die an einem großen akademischen Krankenhaus in Rom (Italien) behandelt wurden. Zu Beginn der Studie hatten alle Teilnehmenden eine schwere Erkrankung mit schlecht eingestelltem Blutzuckerspiegel und einer mehr als fünfjährigen Diabetes-Vorgeschichte. Die Probandinnen und Probanden erhielten nach Zufallsprinzip entweder eine medikamentöse Behandlung inklusive Lebensstil-Änderungen oder eine metabolische Operation.
Was sind metabolische Operationen?
Ziel einer metabolischen Operation ist es, den Zucker- und Fett-Stoffwechsel der Betroffenen zu verbessern. Bei Diabetikerinnen und Diabetikern hat dies oft den Effekt, dass sie bereits kurze Zeit nach der Operation die Insulindosis deutlich reduzieren oder gänzlich darauf verzichten können.
Erreicht wurde dies in der Studie entweder durch einen Magen-Bypass, durch den die normale Passage der Nahrung unterbrochen wird oder durch eine sogenannte biliopankreatische Diversion, bei der eine Aufnahmestörung der Nahrung im Dünndarm hervorgerufen wird.
Metabolische Operationen effektiver als Medikamente
Im Anschluss wurde der Erfolg der Behandlung über einen Zeitraum von zehn Jahren überwacht. Die Ergebnisse zeigen, dass 37,5 Prozent der chirurgisch behandelten Teilnehmenden in der Lage waren, einen nicht-diabetischen Blutzuckerspiegel ohne Bedarf an Diabetes-Medikamenten aufrechtzuerhalten. In der Medizin wird dieser Zustand als Diabetes-Remission bezeichnet. Eine über mehr als fünf Jahre anhaltende Remission wird von der American Diabetes Association als Heilung betrachtet.
Typ-2-Diabetes ist heilbar
Das Forschungsteam sieht die Ergebnisse als bisher solidesten wissenschaftlichen Beweis dafür an, dass Typ-2-Diabetes eine heilbare Krankheit ist, die nicht zwangsläufig fortschreiten muss, beziehungsweise irreversibel ist. Die metabolische Chirurgie stellt der Studie zufolge den größten Fortschritt in der Behandlung von Diabetes dar.
Verbesserung auf allen Ebenen
Im Vergleich zur medikamentösen Behandlung führte die Operation auch zu einer besseren Gesamtstoffwechselkontrolle, einem geringeren kardiovaskulären Risiko, einer besseren Nierenfunktion und im Endeffekt zu mehr Lebensqualität. Zudem kam es bei den operativ behandelten Probandinnen und Probanden zu deutlich weniger diabetesbedingten Komplikationen. Darüber hinaus mussten die Teilnehmenden aus der Operationsgruppe nicht nur weniger Medikamente gegen Diabetes, sondern auch weniger Bluthochdruck- und Dyslipidämie-Arzneien einnehmen.
Wie sicher sind die Behandlungen?
In der Studie wurde auch die Sicherheit der verschiedenen Behandlungsmethoden verglichen. Bei der biliopankreatischen Diversion kam es im Vergleich zu den anderen Therapien zu den meisten unerwünschten Ereignissen im Zusammenhang mit dem Eingriff. Im Rahmen der konventionellen medikamentösen Therapie kam es jedoch im Studienzeitraum zu signifikant mehr Fällen von schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen als in der Gruppe, die sich einer Magen-Bypass-Operation unterzog.
Diabetes-Operationen sollten häufiger angewendet werden
Die Forschenden kommen zu dem Schluss, dass eine metabolische Operation ein effektiver Ansatz zur Behandlung von Typ-2-Diabetes sein kann. Die metabolische Chirurgie sollte der Arbeitsgruppe zur Folge als Haupttherapieoption für die Behandlung von Betroffenen mit schwerem Typ-2-Diabetes und Adipositas in Betracht gezogen werden.
Metabolische Operationen werden zu selten durchgeführt
Die Medizinerinnen und Mediziner weisen darauf hin, dass Diabetes eine der führenden Ursachen für Behinderung und vorzeitigen Tod in der westlichen Gesellschaft ist. Trotz zahlreicher positiver Nachweise, dass chirurgische Eingriffe den Diabetes schnell und dramatisch verbessern können, haben in den meisten Ländern weniger als ein Prozent der in Frage kommenden Patientinnen und Patienten die Möglichkeit zu dieser Behandlung. Während der COVID-19-Pandemie wurden diese potenziell lebensrettenden Operationen stellenweise sogar ganz ausgesetzt.
Nach Ansicht des Studienhauptautors Professor Francesco Rubino ist die „metabolische Chirurgie wohl die effektivste verfügbare Therapie für Typ-2-Diabetes und kann für viele Patienten eine lebensrettende Option sein“. (vb)
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