Wie hat die AvP Deutschland GmbH in der Vergangenheit gewirtschaftet? Frühere Bilanzen sprechen für eine Trennung von Betriebsmitteln und Abrechnungsgeldern. Doch diese klare Trennung kann der vorläufige Insolvenzverwalter nicht bestätigen. Das hätte allerdings einem Wirtschaftsprüfer auffallen sollen, meint der Koblenzer Steuerberater Niko Hümmer im Gespräch mit DAZ.online. Außerdem fällt in der Bilanz für 2018 auf, dass die Entwicklung der Kreditzinsen als Risiko für das Unternehmen betont wird. Dagegen setzte AvP Zinssicherungsgeschäfte ein.
Angesichts der AvP-Insolvenz drängt sich der Blick in frühere Bilanzen der AvP Deutschland GmbH auf. Im Bundesanzeiger ist die Bilanz zum 31. Dezember 2018 einsehbar. Dort ist klar zu erkennen, dass die Abrechnungsbeträge der Apotheken nicht verzeichnet werden. Die Bilanzsumme betrug zum Stichtag etwa 13,9 Millionen Euro. Treuhandvermögen werden nicht ausgewiesen. Auch in der Gewinn- und Verlustrechnung gibt es keine Milliardenpositionen. Der Geschäftsbericht bezieht sich auf die Vermögensverhältnisse des Unternehmens und nicht auf das abgerechnete Finanzvolumen. Insofern spiegelt der Geschäftsbericht wider, was die meisten Apotheker aufgrund der Verträge wohl erwartet haben: Die Abrechnungsbeträge wurden nicht als Vermögen des Unternehmens verbucht.
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DAZ.online sprach darüber mit Steuerberater Niko Hümmer von der Kanzlei Dr. Schmidt und Partner in Koblenz. Hümmer berät viele Apotheker, die von der AvP-Insolvenz betroffen sind. Auch er hat nach den jüngsten Ereignissen die vorliegende Bilanz gelesen. Gegenüber DAZ.online erklärte Hümmer dazu: „Ein Wirtschaftsprüfer sollte das Vorliegen von vertraglich vorgesehenen Treuhandkonten prüfen.“ Wenn ein Unternehmen geprüft wird, das mit Treuhandgeldern von Kunden arbeitet, sollte geprüft werden, ob diese vertragsgemäß verbucht werden, meint der Steuerberater. Der vorläufige Insolvenzverwalter der AvP Deutschland GmbH, Dr. Jan-Philipp Hoos, hatte am 23. September im Live-Talk bei DAZ.online erklärt, dass er keine klar ausgewiesenen Treuhandkonten gefunden habe. Diesen Gedanken führt Hümmer nun weiter: „Wenn es keine klare Trennung gab und in den allgemeinen Geschäftsbedingungen widersprüchliche Regelungen enthalten sind, hätte das Geld in der Bilanz des Unternehmens gegebenenfalls ausgewiesen werden müssen.“ Dann wäre allerdings offensichtlich geworden, dass das Geld nicht in der vorgesehenen Weise abgetrennt wurde.
Solche Überlegungen sind keineswegs buchhalterische Spitzfindigkeiten, sondern sie haben für die betroffenen Apotheker einen praktisch bedeutsamen Hintergrund. Denn bei einer fehlerhaften Bilanz wären auch mögliche Ansprüche der geschädigten Apotheker gegen den Wirtschaftsprüfer zu prüfen, der die Bilanz testiert hat.
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