Impfen im Rekordtempo: Israel will Corona schon in wenigen Wochen „hinter sich lassen“

Mit mehr als 100.000 Impfungen pro Tag will Israel das Coronavirus bekämpfen. Warum das Land so viel schneller impfen kann, wie es mit dieser Strategie bereits in ein paar Wochen zur Normalität zurückkehren will – und dass, obwohl die Fallzahlen so hoch sind, wie seit Monaten nicht.

Israels Premier Benjamin Netanyahu will einen „Impf-Weltrekord“ erzielen – und seine Chancen darauf stehen im Augenblick gut. Immerhin sind bereits mehr als eine halbe Million Israelis gegen das Coronavirus geimpft worden. Davon allein 115.000 am Montag. Zum Vergleich: In Deutschland waren Stand Montagnachmittag rund 18.000 Menschen geimpft worden.

Damit gilt Israel laut Oxford-Website „Our World in Data“ mit seinen neun Millionen Einwohnern als weltweit führend bei der Zahl der Geimpften pro 100 Einwohner. Es folgen Bahrain und Großbritannien, Deutschland liegt auf Platz 13.

Our World in Data Israel führt derzeit die Länder mit den meisten Corona-Impfungen an.

Israel in zwei Monaten impfen: Impfziel „kommt einem Weltrekord gleich"

„Unser Ziel bei den Impfungen kommt einem Weltrekord gleich", sagt Benjamin Netanyahu laut „Tagesschau“. „In einem Monat werden wir alle Bürger über 60 und medizinisches Personal impfen. Wenn wir das geschafft haben, können wir nach weiteren 30 Tagen das Virus hinter uns lassen, die Wirtschaft öffnen und Dinge tun, die kein anderes Land tun kann.“

Der Regierungschef war der erste im Land, der sich das Mittel von Biontech und Pfizer spritzen ließ. „Ich glaube an diesen Impfstoff“, sagte Netanyahu am Samstag vor Weihnachten, als er vor laufender Kamera die Impfung erhielt – wohl um zu demonstrieren, wie sicher das Biontech-Mittel sei.

Corona-Zahlen auf Höchststand seit Oktober

Warum sich Israel für diese massive und rasante Impfstrategie entschieden hat, mag wohl an den stark ansteigenden Infektionszahlen liegen. Denn obwohl die Impfungen bereits laufen, verhängte Israel am Sonntag bereits seinen dritten Lockdown.

Zwei Tage nach Beginn sind die Infektionszahlen im dem Land auf den höchsten Stand seit drei Monaten geklettert. Das Gesundheitsministerium teilte am Dienstag mit, binnen 24 Stunden seien 5449 neue Fälle registriert worden – zuletzt waren die Zahlen Anfang Oktober so hoch gewesen. Insgesamt seien in dem Mittelmeerland somit bisher 408.990 Infizierte und 3256 Todesfälle in Zusammenhang mit dem Coronavirus registriert worden. Alex Kolomoisky/Pool EPA-EFE via

Zum Vergleich: In Deutschland, das etwa neunmal mehr Einwohner hat als Israel, haben die Gesundheitsämter am zweiten Weihnachtstag 13.755 Corona-Neuinfektionen gemeldet.

Surftipp: Alle Neuigkeiten zur Corona-Pandemie finden Sie im News-Ticker von FOCUS Online 

Darum kann Israel so schnell impfen

Während etwa Deutschland nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums bis Ende Januar drei bis vier Millionen Impfdosen erhält, soll Israel bis dahin sogar mehr als 5 Millionen bekommen. Damit lässt sich die kleinere Bevölkerung von rund neun Millionen also wesentlich schneller impfen.

Our World in Data In Israel sind bereits mehr als eine halbe Million Menschen geimpft.  

Dass Israel so viel schneller so viele Menschen impfen kann, liegt also daran, dass das Land den Impfstoff entschlossener bestellte, als es etwa die Europäische Union tat. Premier Netanyahu habe persönlich beim Vorstandsvorsitzenden von Pfizer angerufen.

Laut dem israelischen Journalisten Nadav Eyal könne auch Geld eine Rolle spielen. Während die EU für eine Impfdosis etwa 18-US-Dollar zahle, zahle Israel Medienberichten zufolge 30 US-Dollar, erklärte Eyal laut „Tagesschau“.

Zudem sei Israel grundsätzlich „ein gutes Experimentierfeld für Impfungen“. Denn die Bevölkerung sei vergleichsweise jung, man brauche hier also nur wenig Zeit, um alle Menschen in Risikogruppen zu impfen. Laut Bericht will Israel künftig Impfstationen einrichten, die an sieben Tagen rund um die Uhr geöffnet sein sollen.

Wirtschaft öffnen, Virus hinter sich lassen?

Mit seiner massiven Impfkampagne will Israel also so schnell wie möglich seine Risikogruppen impfen und dann die Wirtschaft wieder öffnen. Damit wäre es das erste Land, dass wieder zu einer Normalität zurückkehren könnte.  

Ob Israel das Virus jedoch bereits in zwei Monaten tatsächlich, wie von Regierungschef Netanyahu angekündigt, hinter sich lassen kann, bleibt abzuwarten. Denn bislang ist nicht klar, wie lange der Impfschutz durch das Biontech/Pfizer-Vakzin anhält – ob die Immunität also dauerhaft erhalten bleibt.

Ein weiterer Faktor, der über die Immunität im ganzen Land entscheiden könnte, ist zudem die Impfbereitschaft der Bevölkerung. Denn selbst, wenn der Impfstoff theoretisch bald allen zur Verfügung stehen würde, heißt das nicht, dass sich auch alle impfen lassen wollen. Laut einem „Zeit“-Bericht gaben Mitte Dezember nur 40 Prozent der Bevölkerung an, sich gegen Corona impfen lassen zu wollen.

Um dennoch möglichst bald zu einem normalen Leben zurückzukehren, setzt die israelische Regierung deshalb auf ein Pass-System. Von Mitte Januar an sollen für Geimpfte, die zwei Dosen erhalten haben, „grüne Pässe“ ausgestellt werden, die ihnen verschiedene Freiheiten gewähren. Dazu gehört etwa die Befreiung von der Quarantänepflicht für Staatsbürger bei der Einreise nach Israel. Für Ausländer gelten in Israel gegenwärtig noch strikte Einreisebeschränkungen.

Sehen Sie im Video: Vereiste Scheiben? Mit einem Haushaltstrick verschwindet der Frost im Handumdrehen

Bit Projects Sehen Sie im Video: Vereiste Scheiben? Mit einem Haushaltstrick verschwindet der Frost im Handumdrehen  

Quelle: Den ganzen Artikel lesen