Harnwegsinfektionen sind äußerst unangenehm – insbesondere, wenn sie (bei Frauen) immer wiederkehren. In der Apotheke wird man deshalb nicht selten mit der Frage konfrontiert, was in so einem Fall „wirklich“ hilft. Dass es darauf keine leichte Antwort gibt, wissen Apotheker:innen. Doch klingt eine Art „Impfung“ gegen Harnwegsinfektionen nicht sinnvoll und empfehlenswert? Die Zeitschrift Arznei-Telegramm äußert an einem konkreten Präparat aktuell starke Zweifel.
Erst im April dieses Jahres wurde eine Cochrane-Übersichtsarbeit mit dem Titel „Cranberries zur Vorbeugung von Harnwegsinfektionen“ veröffentlicht, welche für die Beratung in der Apotheke Hoffnung macht. Denn demnach könnten Frauen mit wiederkehrenden Harnwegsinfektionen (HWI) tatsächlich von Cranberry-Produkten profitieren. Allerdings bleibt unklar, wie genau solche Cranberry-Produkte zusammengesetzt sein müssen, damit sie wirken. Zudem sei es kein gutes Zeichen, dass die Autor:innen sechs Studien fanden, die schon länger registriert sind, ohne Ergebnisse zu veröffentlichen. „Dies kann ein Hinweis auf Publication Bias sein, dass also Studien, die keinen Unterschied zwischen Cranberries und Plazebo gezeigt haben, nicht veröffentlicht wurden“, hieß es im April in einer entsprechenden Cochrane-Mitteilung.
Weil aber grundsätzlich der Leitsatz gilt, die präventive Einnahme von Antibiotika so weit es geht zu vermeiden, erscheint ein Therapie-Versuch mit einem Cranberry-Produkt aktuell jedenfalls eine Investition wert zu sein. Doch gibt es noch andere – vielleicht wirksamere – Präventionsmöglichkeiten?
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Sollten die Leitlinien zu D-Mannose überarbeitet werden?
Die „S3-Leitlinie Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten“ befindet sich seit Ende 2021 in Überarbeitung. Dort heißt es in dem Kapitel „Rezidivierende Harnwegsinfektionen bei Frauen in der Prämenopause“ mit Empfehlungsgrad B („Sollte“-Empfehlung) und Evidenzgrad Ia (Systematische Übersicht über kontrollierte Studien (RCT)): „Bei häufig rezidivierender Zystitis der Frau sollte vor Beginn einer antibiotischen Langzeitprävention das Immunprophylaktikum UroVaxom®(OM-89) oral über 3 Monate eingesetzt werden.“ Mannose und „verschiedene Phytotherapeutika (z.B. Präparate aus Bärentraubenblättern (maximal ein Monat), Kapuzinerkressekraut, Meerrettichwurzel)“ werden lediglich mit dem Empfehlungsgrad C („Kann“-Empfehlung) und Evidenzgrad Ib (einzelne RCT mit engem Konfidenzintervall) empfohlen.
Sind Präparate zur Immunstimulation in der HWI-Prävention gegenüber Phytotherapeutika also generell zu bevorzugen?
Studien-Ergebnisse zu StroVac ließen auf sich warten
Mithilfe der (abgelaufenen) Leitlinie kann man das derzeit nicht so genau beantworten, denn für ein weiteres, parenteral zu verabreichendes Immunprophylaktikum gilt mit dem Empfehlungsgrad C und Evidenzgrad Ib: „Bei häufig rezidivierender Zystitis der Frau kann vor Beginn einer antibiotischen Langzeitprävention das Immunprophylaktikum StroVac® (vormals Solco-Urovac®) parenteral mit 3 Injektionen in wöchentlichen Abständen eingesetzt werden.“
Wer nun wiederum die neueste Ausgabe des Arznei-Telegramms gelesen hat, wird vielleicht zu einer noch kritischeren Einschätzung kommen. Denn dort wollen die Autor:innen anlässlich einer erst nach über sechs Jahren veröffentlichten Studie nicht einmal mehr eine „Kann-Empfehlung“ für StroVac® aussprechen:
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