Neben den „normalen“ Lieferengpässen, die derzeit in den Medien die Runde machen, gibt es auch noch „hausgemachte“ Lieferengpässe: Es ist der von der Pharmaindustrie erzwungene Direktbezug von hochpreisigen Arzneimitteln, der aufgrund der Bestell- und Lieferwege zur verzögerten Belieferung führt. Im Podcast spreche ich darüber mit Apotheker Christian Fehske aus Hagen. Er erklärt, warum der Direktbezug ein meldepflichtiger Fall für die Arzneimittelkommission sein kann.
Immer mehr Pharma-Hersteller gehen dazu über, ihre hochpreisigen Arzneimittel nicht mehr über den vollsortierten pharmazeutischen Großhandel zu liefern, sondern nur noch im Direktgeschäft, zum Teil auch exklusiv im Rahmen eigener Großhandelserlaubnisse oder über exklusive Vertriebspartnerschaften. Der pharmazeutische Großhandel baut sogar selbst Parallelstrukturen zum eigenen Großhandelsgeschäft auf und betreibt Logistikunternehmen, die sich auf den Vertrieb hochpreisiger Pharmazie-Erzeugnisse spezialisiert haben.
Für Apotheker Dr. Christian Fehske läuft hier etwas gewaltig in die falsche Richtung, denn das Direktgeschäft mit hochpreisigen Arzneimitteln, der ausschließliche Bezug von Hochpreisern direkt vom Hersteller oder Spezialversender, verursacht für die Apotheke einen hohen Bestellaufwand: mehr Arbeitszeit verbunden mit Kosten. Hinzu kommt, dass die Arzneimittel nicht am selben Tag verfügbar sind wie bei normalen Lieferungen durch den vollsortierten Großhandel, sondern immer nur mit einer Verzögerung aufgrund des vergleichsweise langsamen Direktvertriebswegs. Die Apotheke kann ihre Patientinnen und Patienten aufgrund der verzögerten Logistik nicht mehr mit den erforderlichen Arzneimitteln am selben Tag versorgen. Es kann zu Therapieunterbrechungen kommen, die sich für die Therapie nachteilig auswirken können.
Wie Fehske im Gespräch erklärt, sind Fälle, in denen es aufgrund des langsamen Direktvertriebswegs nicht gelingt, Patienten rechtzeitig mit solchen Arzneimitteln zu versorgen, als meldepflichtige Arzneimittelrisiken einzustufen; dies habe auch der Leiter der Arzneimittelkommission (AMK) auf dem Westfälisch-Lippischen Apothekertag vor einer Weile bestätigt. Man sollte, so der Appell Fehskes, diese Fälle der AMK melden.
Außerdem stellt sich für Fehske bei dem durch die Hersteller erzwungenen Direktbezug auch ein juristisches Problem. Das Arzneimittelgesetz sagt nämlich in seinem § 52 b, Bereitstellung von Arzneimitteln: „Pharmazeutische Unternehmer müssen im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit eine bedarfsgerechte und kontinuierliche Belieferung vollversorgender Arzneimittelgroßhandlungen gewährleisten.“ Dadurch, dass Hersteller die Apotheken zum Direktbezug zwingen, wird gegen diesen Paragraphen verstoßen.
Welches negative Potenzial im Direktbezug außerdem steckt und was nun geschehen sollte, hören Sie in meinem Podcast-Gespräch mit Dr. Christian Fehske.
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