Fast alle Apotheken bieten Kundenzeitschriften an – jetzt und auch in Zukunft

Kundenzeitschriften, ja oder nein? Wertvolles Kundenbindungsinstrument und Quelle für fundierte Gesundheitsinformationen für Kund:innen oder ein Kostenfaktor? Die Meinungen gehen hier auseinander. Wir wollten von unseren Leser:innen wissen, wie sie das Thema bewerten. 

Kundenzeitschriften spielen in der Apotheke offenbar nach wie vor eine wichtige Rolle. Davon zeugt nicht nur die Millionen-Auflage der „Apotheken Umschau“, sondern auch der Markteintritt des Zeitschriftenkonzerns Burda vor einigen Jahren mit „MyLife“ und das Make-over des Avoxa-Blatts „NAI“ zum „Apotheken-Magazin“. 

Dennoch wird das Thema unter Apotheker:innen immer wieder kontrovers diskutiert. So mancher stört sich daran, dass die Apotheke zum „Kiosk werde“ oder an der Gratismentalität der Kunden. In Zeiten gestiegener Kosten wird in diesem Bereich zudem Einsparpotenzial gesehen. Andere sehen darin ein wichtiges Kundenbindungsinstrument, zudem schätzen sie die Zeitschriften als Quelle zuverlässiger Gesundheitsinformationen für ihre Kunden. 

Pro und Kontra Kundenzeitschriften

Letzteres sieht auch Andreas Kaapke, Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Professor Kaapke Projekte, als Vorteil – er sprach sich kürzlich in einem Pro und Kontra in der DAZ klar für die Zeitschriften aus. Für viele Zielgruppen stellten sie einen ersten Ratgeber für gesundheitliche Fragen dar. Diese könnten dann in der Apotheke durch individuelle Beratung veredelt werden, meint Kaapke. 

Und auch darüber hinaus haben „Umschau“, „MyLife“ und Co. in seinen Augen ihre Bedeutung und zahlreiche Funktionen. Sie würden sich von flüchtigen, schnellen Medien abheben und böten eine Mischung aus Information, unterhaltsamen Bestandteilen wie Rätseln und gestalterischen Elementen – „was man gemeinhin als Infotainment“ bezeichnet. Das dürfe alles jedoch nicht über den Kostenblock aus Apothekensicht hinwegtäuschen. Er müsse „immer wieder aufs Neue auf seine Wirkung hin überprüft werden“. Dies gelte übrigens für alle Marketingmaßnahmen, betont Kaapke.

Sind Kundenzeitschriften für Apotheken noch wirtschaftlich?

In die Kostenkerbe schlägt auch Apotheker, Unternehmensberater und Autor Professor Reinhard Herzog, der den Kontra-Part abbildet. Er sieht Kundenzeitschriften, aber auch andere Werbemaßnahmen in einer Zeit, in der Ressourcen knapper werden, kritisch: „Wie passen dazu überzogenes Marketing, Preisaktionen und Gratis-Zugaben aller Art? Haben Sie vom Steuerberater oder (Zahn-)Arzt je Tempotaschentücher, Rabattmarken, Plastik-Tinnef oder Unterhaltungszeitschriften bekommen?“ Angesichts steigender Kosten stellt Herzog die Frage, woran man sparen wolle – wohl kaum an Personal und IT-Ausstattung. Außerdem stünden vermutlich auch Investitionen in Nachhaltigkeit und energetische Optimierung an.

Mehr als 90 Prozent der Apotheken bieten Kundenzeitschriften an

Vor diesem Hintergrund wollten wir von unseren Leser:innen wissen, wie sie aktuell mit dem Thema umgehen. Den Ergebnissen unserer nicht repräsentativen Umfrage zufolge, an der sich 908 Leser:innen beteiligt haben, bieten fast alle in ihren Apotheken (94,2 Prozent) Kundenzeitschriften an und wollen dies auch weiterhin tun – 44,4 Prozent auch im bisherigen Umfang, 2,5 Prozent wollen sogar aufstocken und 39,4 Prozent wollen die Auflage reduzieren. 8,5 Prozent haben tatsächlich schon einen „Absetzversuch“ hinter sich, das habe sich aber nicht bewährt. Lediglich 5,4 Prozent wollen künftig auf Kundenzeitschriften verzichten. 

Bei der Mehrheit der Teilnehmenden, die Zeitschriften anbieten, ist die Abgabe an keinerlei Bedingungen geknüpft. Bei 53,9 Prozent liegen sie einfach aus, 47,6 Prozent geben sie auf Anfrage heraus. 11 Prozent beschränken die Abgabe auf Stammkunden bzw. bekannte Kunden. Bei 3,8 Prozent müssen zumindest OTC-Artikel erworben werden, dass es eine Zeitschrift als Zugabe gibt. Und ein verschwindend geringer Anteil von weniger als 1 Prozent nimmt Geld für die Zeitschriften.

Von denen (53 Teilnehmende), die sich gegen Kundenzeitschriften entschieden haben, werden in der Umfrage vor allem finanzielle Gründe ins Feld geführt. Gefolgt vom nicht erkennbaren Nutzen, Umweltgründen und der Belastung für die Mitarbeitenden. Die Mehrheit hält es rückblickend auch für eine richtige Entscheidung (mehr als 80 Prozent, n = 29). Die übrigen sehen das Ganze mit gemischten Gefühlen oder sehen keinen Effekt. 

Bringen Kundenzeitschriften Apotheken mehr Umsatz?

In den Augen von Jan Wagner, Vertriebschef beim Wort & Bild Verlag, ist bei den Kundenzeitschriften am falschen Ende gespart. „Die rund 22 Millionen Leser:innen der Wort & Bild Kundenzeitschriften sind ein Erfolg für die stationären Apotheken, weil sich so Frequenz und Mehrwert gesichert wird“, erklärt er gegenüber der DAZ. 

Ein Beweis, dass Kundenzeitschriften sich positiv auf den Umsatz auswirken, sei der Einzelhandel. Trotz enormem Kostendruck geben Edeka, dm und andere selbst Kundenzeitschriften heraus. Das würden die Unternehmen nicht machen, wenn es sich nicht lohnen würde, so Wagner. 

Zudem führe der Verlag, aus dem der Marktführer „Apotheken Umschau“ stammt, seit Jahren regelmäßig Umfragen durch, die belegten, dass regelmäßige Leser:innen der „Apotheken Umschau“ in der Apotheke mehr Geld ausgeben als Nicht-Leser:innen. Und auch von den Anzeigenkunden wisse man, dass es sich spürbar auf den Umsatz auswirke, keine Anzeigen in der Umschau zu schalten. „Das nützt den Apotheken dann natürlich auch“, betont Wagner.

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