Blutgruppen-Chaos: Erst galt A als Covid-19-Risiko – jetzt widersprechen Studien

Mediziner entdecken ständig neue Faktoren, die den Covid-19-Verlauf mildern oder verschärfen können. Erst im Juni stellten Forscher fest, dass die Blutgruppe massiven Einfluss auf die Schwere der Erkrankung haben könnte. Neue Studien stellen das nun allerdings in Frage.

Während eine Covid-19-Erkrankung bei manchen Menschen zu Atemversagen bis hin zum Tod führt, spüren andere kaum Symptome. Die Ursachen für die sehr unterschiedlichen Verläufe sind noch weitgehend unklar. Ein wichtiger Faktor könnte allerdings die Blutgruppe sein – zu diesem Schluss kam zumindest im Juni ein internationales Forscherteam in einer im renommierten Fachmagazin „New England Journal of Medicine“ veröffentlichten Studie (FOCUS Online berichtete).

Demnach hätten Menschen mit der in Deutschland häufigsten Blutgruppe A ein um knapp 50 Prozent höheres Risiko für einen schweren Infektionsverlauf als solche mit anderen Blutgruppen. Menschen mit Blutgruppe 0 eine um etwa 50 Prozent geringere Gefahr für eine ernste Covid-19-Erkrankung.

Blutgruppe doch kein relevanter Risikofaktor bei Covid-19?

Andere Wissenschaftler haben diesen Zusammenhang nun ebenfalls untersucht – allerdings mit weitaus weniger eindeutigen Ergebnissen: So konnten sowohl Mediziner am Bostoner Massachusetts General Hospital als auch am Columbia Presbyterian Hospital in New York keinen starken Einfluss der Blutgruppe auf den Verlauf von Covid-19 bei ihren Patienten nachweisen.

Bei den 7648 zwischen März und April untersuchten Patienten des Massachusetts General Hospitals zeigte sich zwar, dass Menschen mit Blutgruppe 0 im Vergleich zu Menschen mit Blutgruppe B und AB seltener ein positives Testergebnis erhalten hatten. Für den Verlauf der Infektion aber konnten die Mediziner keinen signifikanten Einfluss der Blutgruppe feststellen.

Und auch der Einfluss auf die Infektionswahrscheinlichkeit fiel so gering aus, dass die Mediziner daraus keine Regelhaftigkeit ableiten. Niemand könne sich ob seiner Blutgruppe sicher vor dem Virus fühlen, konstatieren die US-Forscher.

Mediziner sehen „keine signifikanten Zusammenhänge“

Ähnliches ergab die Untersuchung des Columbia Presbyterian Hospitals: Auch hier konnten die Mediziner bei den 1559 untersuchten Corona-Patienten „keine signifikanten Zusammenhänge zwischen der Blutgruppe und der Wahrscheinlichkeit einer nötigen Beatmung oder der Todesrate in Folge von Covid-19“ nachweisen. Die Autoren beider Studien zählen die Blutgruppe damit nicht zu den Faktoren, die ausschlaggebend dafür sind, welchen Verlauf eine Infektion mit dem Coronavirus nimmt.

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Dass es Zusammenhänge zwischen der Blutgruppe eines Menschen und bestimmten Krankheiten geben kann, ist grundsätzlich nicht neu. So wurde bereits beobachtet, dass Menschen mit Blutgruppe 0 seltener Herz-Kreislauf-Erkrankungen entwickeln als andere Blutgruppen-Typen, während solche mit Blutgruppe AB seltener unter hohem Blutdruck leiden. Die Ursachen für diese Zusammenhänge sind bisher allerdings nicht geklärt.

RKI: Was bisher als Risikofaktor für Covid-19 gilt

Das Robert-Koch-Institut (RKI) listet bislang die folgenden Faktoren als Risikofaktoren für einen schweren Covid-19-Verlauf:

  • Alter: Das Risiko einer schweren Erkrankung steige ab 50 bis 60 Jahren stetig mit dem Alter an. Insbesondere ältere Menschen könnten, bedingt durch das weniger gut reagierende Immunsystem, nach einer Infektion schwerer erkranken, erklären die Experten. Da unspezifische Krankheitssymptome wie Fieber die Antwort des Immunsystems auf eine Infektion seien, könnten diese im Alter außerdem schwächer ausfallen oder fehlen, wodurch Erkrankte dann auch erst später zum Arzt gingen, warnt das RKI.
  • Grunderkrankungen: Auch verschiedene Grunderkrankungen wie z. B. Herzkreislauferkrankungen, Diabetes, Erkrankungen des Atmungssystems, der Leber, der Niere, Krebserkrankungen oder Faktoren wie Adipositas und Rauchen scheinen den Angaben des RKI nach das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf zu erhöhen.
  • Ein unterdrücktes Immunsystem (z. B. aufgrund einer Erkrankung, die mit einer Immunschwäche einhergeht, oder wegen Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr unterdrücken, wie z. B. Cortison): Dies erhöhe das Risiko einer schwerwiegenden Corona-Erkrankung ebenfalls.

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