Fischöl-Kapseln mit Omega-3-Fettsäuren sollen Herz und Hirn gesund halten. Viele versprechen sich davon einen Schutz vor Herzinfarkt und Schlaganfall – und nehmen die kleinen gelben Kapseln daher täglich ein. Forscher sind aber skeptisch, denn Studien zeigen: Die Werbeversprechen vieler Hersteller sind übertrieben.
Vitamin C als Brausetablette, Magnesium als Pulver, Jod in Kapseln: Fast jeder Deutsche hat mindestens ein Nahrungsergänzungsmittel zuhause im Schrank. Im Jahr geben wir 1,1 Milliarden Euro dafür aus, kaufen rund 165 Millionen Packungen. Die Produkte sollen uns gesünder, fitter und schöner machen. Die Nachfrage steigt.
Allein Fischöl-Kapseln erfreuen sich millionenfacher Beliebtheit. Sie enthalten Omega-3-Fettsäuren. Täglich eingenommen, können Kapseln mit 250 Milligramm Omega-3-Fettsäuren zu einer normalen Hirnfunktion, Sehkraft und Herzfunktion beitragen. Kapseln mit zwei bis drei Gramm beeinflussen den Cholesterin- und Triglyceridspiegel im Blut sowie den Blutdruck positiv.
Werbeversprechen oft übertrieben
Diese Aussagen sind wissenschaftlich belegt, Hersteller dürfen damit werben. "Die erlaubten gesundheitsbezogenen Aussagen werden jedoch oft verstärkt beziehungsweise übertrieben", warnt die Verbraucherzentrale und nennt ein Beispiel: So wird aus „tragen zu einer normalen Herzfunktion bei“ werbewirksam „besitzen schützende Eigenschaften für ein gesundes Herz“.
Vor allem im Internet spannen viele dubiose Hersteller den Bogen noch weiter: So versprechen sie etwa, dass ihre Fischöl-Kapseln vor Brustkrebs, Herzinfarkt oder Schlaganfall schützen oder bei Gelenkschmerzen helfen. Dabei können die kleinen Kapseln keine Krankheiten heilen.
Kein Schutz vor Herzinfarkt und Schlaganfall
Wissenschaftliche Studien belegen, dass Fischöl-Kapseln nicht die Wunder bewirken, die viele von ihnen erwarten. So hatten Forscher der Universität Oxford untersucht, ob die tägliche Einnahme von Kapseln mit bis zu zwei Gramm Omega-3-Fettsäuren Herzinfarkt oder Schlaganfall vorbeugen kann. Hierfür hatten sie die Daten von fast 80.000 Frauen und Männern ausgewertet – und keinen Zusammenhang entdeckt.
Die Studie erschien im März 2018 im Fachmagazin "JAMA Cardiology". Louise Bowman, ebenfalls von der Oxford Universität, hatte speziell die Auswirkungen von Fischöl-Kapseln auf Diabetiker erforscht. Auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie in München lieferte sie Ende August ein ähnliches Bild wie ihre Kollegen: Das Nahrungsergänzungsmittel hatte das Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Krebs nicht senken können.
Bowman und ihr Team hatten rund 15.000 Diabetiker untersucht. Die Hälfte davon hatte täglich Fischöl-Kapseln mit einem Gramm Omega-3-Fettsäuren eingenommen, die Kontrollgruppe hatte als Placebo olivenölhaltige Kapseln bekommen. Die Forscher hatten die Testpersonen im Schnitt sieben Jahre lang begleitet – und am Ende keinen Unterschied zwischen den Fischöl-Kapseln und dem Placebo feststellen können. „Wir haben versucht, irgendeine Wirkung zu finden, aber nichts gefunden“, sagt Bowman.
Omega-3-Fettsäuren in Lebensmitteln
Omega-3-Fettsäuren sind lebenswichtig für unseren Körper. Sie spielen eine große Rolle als Energieträger und bei Entzündungsreaktionen. Unser Körper kann sie nicht selbst bilden und muss sie daher über die Nahrung aufnehmen – doch das funktioniert sehr gut. Ein Mangel an Omega-3-Fettsäuren ist äußerst selten, erklärt das Bundesinstitut für Risikobewertung. Sie stecken in vielen Lebensmitteln und werden im Fettgewebe eines gesunden Erwachsenen gespeichert.
Folgende Lebensmittel enthalten besonders viel Omega-3:
- Meeresfisch wie Makrele, Hering, Thunfisch, Lachs
- Mikroalgen
- pflanzliche Ölen wie Leinöl, Rapsöl, Walnussöl
- Nüsse
- grüne Blattsalate
Eine zusätzliche Omega-3-Zufuhr durch Fischöl-Kapseln brauchen die meisten Menschen nicht. Einnehmen sollten Sie die Kapseln nur auf Empfehlung eines Arztes. Leichtfertig sollten Sie mit Fischöl-Kapseln auf keinen Fall umgehen. Die meisten Packungen tragen einen Warnhinweis, dass Verbraucher eine Menge von fünf Gramm pro Tag nicht überschreiten sollten. Sonst drohen Übelkeit und Erbrechen. Eine Überdosis kann außerdem Fließeigenschaften des Blutes verändern und somit das Risiko von gefährlichen Blutungen erhöhen, warnt die Verbraucherzentrale. Außerdem sind ungewünschte Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten möglich.
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