Nächster Lieferengpass für Patienten mit Diabetes! Nachdem Ozempic, Saxenda und Trulicity seit Monaten in den Apotheken schwer zu bekommen sind, scheint es nun einen weiteren Engpass zu geben. Betroffen ist jetzt auch das Präparat Victoza. FOCUS online erklärt, was Betroffene wissen sollten.
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Der Pharmariese Novo Nordisk scheint den Lieferengpass bei sogenannten „Injektions-Pens“ nicht in den Griff zu bekommen. Nachdem bereits die Injektionspens des Präparats Ozempic über mehrere Wochen nicht konstant lieferbar waren, folgt nun auch das Präparat Victoza. Eine stichprobenartige Analyse in Bayern und Baden-Württemberg ergab: Betroffene hätten das Medikament in einer von insgesamt zehn angefragten Apotheken erhalten.
„Victoza haben wir seit Mitte Oktober nicht mehr vorrätig“, berichtet eine Apotheke im Süden Münchens. „Die Warteliste ist lang“, heißt es auch aus Stuttgart. In einem Schreiben vom 11. Oktober, das FOCUS online vorliegt, informiert der Pharmakonzern über den Engpass. Darin heißt es: „Wir möchten Sie darüber informieren, dass das Produkt Victoza derzeit nicht verfügbar ist (…)“. Victoza wird wie Ozempic und Saxenda von Novo Nordisk hergestellt. Betroffen ist auch Engpässe bei der 10er-Packung mit je drei Milligramm Injektionslösung und der 5er-Packung mit ebenfalls drei Milligramm.
Für die Diabetiker in Deutschland wird es immer schwerer, an ihre Medikamente zu kommen. Der Hersteller Eli Lilly hatte etwa die Direktbestellung für Apotheken seiner Injektion-Pen Trulicity im Juni eingestellt. Apotheken konnten das Medikament zwischenzeitlich nur noch über den Großhandel beziehen – und nicht über den Hersteller driekt.
Das Medikament Saxenda ist ebenfalls betroffen. Bis zum Jahresende sei das Produkt in vielen Ländern nur begrenzt verfügbar. Auch darüber hinaus könnte es noch Schwierigkeiten geben, die Nachfrage zu stillen. „Wir sehen derzeit, dass die Nachfrage nach Saxenda in bedeutendem Maße ansteigt“, erklärte eine Unternehmenssprecherin im Oktober.
Victoza, Trulicity, Saxenda und Ozempic sind ursprünglich Medikamente zur Behandlung von Diabetes. Sie gehören zur gleichen Medikamentenklasse, den sogenannten GLP-1-Rezeptoragonisten. Zwar weisen sie einige Gemeinsamkeiten auf, der wichtigste Unterschied ist allerdings der Wirkstoff. Victoza enthält Liraglutid, Ozempic Semaglutid und Trulicity den Wirkstoff Dulaglutid. Die Injektionslösungen spritzen sich Patienten in der Regel mit einem Pen in den Bauch.
Die Arzneimittel von Ozempic, Saxenda, Victoza und Trulicity sind zur Mono- oder Kombinationstherapie des Diabetes mellitus Typ 2 zugelassen. Laut der Deutschen Diabates-Hilfe leben gut 8,7 Millionen Menschen mit einem diagnostizierten Typ-2-Diabetes in Deutschland.
Engpässe bei Arzneimitteln für Diabetiker: Was Sie tun müssen
Nicht nur Deutschland ist von Engpässen betroffen. In Südeuropa kann Novo Nordisk beispielsweise gleich in mehreren Ländern „bis Ende des Jahres“ keine weiteren Präparate von Victoza liefern. Patienten sollten im Vorfeld mit ihrem Arzt sprechen. Rezepte sollten mit einem Vorlauf von ein paar Wochen eingereicht werden.
FOCUS online rät: Wer dringend auf diese Medikamente angewiesen ist, sollte auf keinen Fall auf Angebote von Privatpersonen hereinfallen. Laut Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) nutzen Kriminelle die Beliebtheit von „Ozempic“, „Saxenda“ und „Victoza“ als Schlankheitsmittel aus, um mit Fälschungen Geld zu machen. Nach Angaben von Novo Nordisk sind die gefälschten Ozempic- und Saxenda-Pens an der Dosisanzeige und dem Dosiseinstellring zu erkennen. Sie unterscheiden sich deutlich sich von denen der Originalprodukte.
Warum gibt es Engpässe bei vielen Medikamenten für Diabetiker?
GLP-1-Rezeptoragonisten sind eine Gruppe von Medikamenten, die ursprünglich zur Behandlung von Patienten mit unzureichend kontrolliertem Diabetes entwickelt und zugelassen wurden. In den letzten Jahren haben diese Medikamente jedoch zunehmend das Interesse der Medien auf sich gezogen, insbesondere seit bekannt wurde, dass sie auch einen positiven Effekt auf das Körpergewicht haben können. In Folge verzehnfachten sich beispielsweise die Direktbestellung von Trulicity mit dem Wirkstoff Dulaglutid im vergangenen Juni.
Die Pharmaindustrie erlebt einen Boom bei Medikamenten zur Gewichtsabnahme. Die neuen Arzneien wie etwa Wegovy sind zur Begleitung einer Diät bei krankhaftem Übergewicht bei einem Body-Mass-Index ab 30 (Adipositas) gedacht. Doch greifen auch immer mehr Menschen, die nicht unter diese Definition fallen, zu den Mitteln.
Vor allem in den USA treibt die Schönheits- und Abnahmewelle Blüten: Dort werden die Medikamente oftmals „Off-Label“ – also abseits ihrer offiziell zugelassenen Anwendungsgebiete – auch an weniger oder gar nicht übergewichtige Menschen abgegeben. Bei den betroffenen Herstellern wie Novo Nordisk, Eli Lilly oder Roche kam es deshalb mehrfach zu Lieferengpässen.
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