Tumortherapie – CYP-Enzyme als Resistenztreiber

Enzyme der CYP-Familien sind am Abbau zahlreicher Arzneistoffe in der Leber beteiligt. Neue Forschungsergebnisse zeigen unterdessen, dass eine hohe Expression der entsprechenden Gene auch in Tumorzellen stattfinden und diese damit resistent gegen eingesetzte Zytostatika machen kann. Gleichzeitig eröffnet diese Erkenntnis den Einsatz von CYP-Inhibitoren zur Resistenzüberwindung als spannendes Forschungsgebiet.

Die Enzymsubfamilie Cytochrom P450 3A (CYP3A) ist Apothekenteams gut bekannt, da sie an der hepatischen Metabolisierung zahlreicher Wirkstoffe beteiligt ist – darunter auch Zytostatika wie Irinotecan, Paclitaxel, Anthrazykline, Vinca-Alkaloide und Tyrosinkinaseinhibitoren. Weiterhin geläufig ist, dass bestimmte Wirkstoffe diese Enzyme induzieren oder inhibieren können – mit entsprechender Auswirkung auf die Plasmaspiegelkurven parallel eingenommener Arzneimittel.

Zunutze macht man sich diese Eigenschaft bislang bei der Therapie von HIV- sowie COVID-19-Patient:innen. „Booster“-Wirkstoffe wie Ritonavir inhibieren CYP-Enzyme und damit den Abbau weiterer, in Kombination verabreichter Wirkstoffe (z. B. Nirmatrelvir in Paxlovid oder HIV-Proteasehemmer). Die Ergebnisse einer jüngst in „Nature“ veröffentlichten wissenschaftlichen Arbeit legen nahe, dass für eine Blockade von CYP3A noch ein weiteres Anwendungsfeld denkbar ist: die Bekämpfung von Resistenzen gegen bestimmte Chemotherapien.

Hintergrund und Ergebnisse der Untersuchungen

Patient:innen mit nicht oder schwer operablen duktalen Adenokarzinomen des Pankreas profitieren von einer neoadjuvanten Chemotherapie. Jedoch sprechen nicht alle Patient:innen auf die eingesetzten Wirkstoffe, wie etwa Irinotecan, an. Sogar innerhalb eines Patienten kann es dazu kommen, dass bei einigen Metastasen die Therapie anschlägt, bei anderen hingegen nicht.

Um zu untersuchen, was diesen Zellgruppen eine Resistenz gegenüber den eingesetzten Wirkstoffen verleiht, haben Forscher:innen aus Heidelberg, Lissabon und Glasgow Tumorzellproben von Patient:innen vor beziehungsweise nach einer neoadjuvanten Chemotherapie entnommen und verglichen. Eine Analyse der Transkriptome ergab hierbei, dass einige Zellen Enzyme der CYP3A-Subfamilie in großer Menge exprimierten. Gehäuft fanden die Forschenden diese Zellen in den Proben, die nach der chemotherapeutischen Behandlung mit dem mFolirinox-Schema (Folinsäure, 5-Fluorouracil, Irinotecan, Oxaliplatin) entnommen worden waren. Eine hohe CYP3A-Expression in Zellen, die Patient:innen nach einer Chemotherapie entnommen worden waren, waren mit einem schlechten Therapieergebnis assoziiert. Weiterführende Untersuchungen an Organoidmodellen der Zellproben ergaben, dass sich das Ansprechen resistenter Zellen auf den Wirkstoff Irinotecan verbessern ließ, wenn gleichzeitig der CYP-Inhibitor Ketoconazol eingesetzt wurde.

Insgesamt deuten die Ergebnisse der Untersuchungen darauf hin, dass Tumorzellen mit hoher CYP3A-Expression bestimmte Zytostatika rasch lokal abbauen und somit eine Resistenz diesen gegenüber aufweisen. Kenntnisse über den Expressionsstatus des Tumors eines konkreten Patienten/einer konkreten Patientin könnten daher helfen, individuell erfolgversprechende Wirkstoffe für die Chemotherapie auszuwählen. Die Kombination von Zytostatika mit CYP-Inhibitoren zur Resistenzüberwindung ist ein vielversprechender Ansatz, der nun weiter zu beforschen ist.


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