WHO: Zahl der Schwerhörigen könnte sich bis 2050 fast verdoppeln – das steckt dahinter

Der Geräuschpegel in Diskotheken beträgt nicht selten um die 100 Dezibel. Das entspricht etwa der Lautstärke einer Kettensäge oder eines Presslufthammer noch stärker. Hörverlust kann eine Konsequenz sein.

Die WHO schätzt, dass die Zahl der Schwerhörigen bis zum Jahr 2050 weltweit auf insgesamt 2,5 Milliarden anwachsen wird . Laut dem WHO Report on Hearing von 2021 waren es noch 1,5 Milliarden, die unter einem Hörverlust litten. Davon waren etwa 32 Millionen Kinder.

Bei lauter Musik über Kopfhörer ist die Belastung für das Gehör

Unsere Welt ist laut geworden

Die allgemeine Lärmbelästigung ist in den letzten Jahren immer größer geworden. Verkehrslärm ist da nur ein Beispiel. Aber auch laute Musik steht weit oben auf der Liste der möglichen Ursachen von Schwerhörigkeit, von denen viele Kinder und Jugendliche betroffen sind. 

Besonders gefährlich neben der Lautstärke ist es, Musik über Kopfhörer zu hören, denn dabei stellen die meisten ihre Kopfhörer auf ein hohes Niveau ein, um die Umgebungsgeräusche auszublenden. So entstehen sogenannte Lärmspitzen, die das Gehör schnell dauerhaft schädigen können. Diese Schäden können nicht rückgängig gemacht werden.

Die feinen Haarzellen, die sich im Innenohr befinden, auch als Cochlea bezeichnet, reagieren auf Schallwellen und senden diese an unser Gehirn. Sind die Schallpegel zu hoch, kann das die Haarzellen schädigen. Neben vielen Geräuschquellen, denen wir täglich ausgesetzt sind, gibt es andere Ursachen, und die sind gar nicht so neu.

Gesundheitliche Ursachen für Schwerhörigkeit

Schwerhörigkeit kann auch genetisch bedingt sein. Sogenannte Schwerhörigkeitsgene können die Entwicklung der Cochlea oder des Hörnervs negativ beeinflussen. Die Cochlea ist entscheidend für unser Hörvermögen. Oft wird sie als Schnecke bezeichnet oder als Innenohr. Sie ist spiralförmig gewunden und mit feinsten Haarzellen ausgestattet.

Ohren sind rekordverdächtig

Unsere Ohren sind extrem empfindlich und selbst im Schlaf aktiv. Gegen Ende der Schwangerschaft ist es der am stärksten ausgeprägte Sinn des Fötus und in unseren Ohren befindet sich der kleinste Knochen unseres gesamten Körpers, der sogenannte Steigbügel. Er wiegt zwischen 2 und 4,3 Milligramm und ist zwischen 2,6 und 3,4 Millimeter lang.

Zusammen mit zwei weiteren Miniknochen, dem Hammer und dem Amboss, übertragen diese winzigen Gebilde die Schwingungen vom Trommelfell an das Innenohr und ermöglichen es uns, zu hören. Damit das so bleibt, sollten gerade Kinder und Jugendliche versuchen, laute Geräusche soweit wie möglich zu meiden und die Lautstärke bei Musik vielleicht nicht bis zum Anschlag aufdrehen, denn Hörschäden sind irreversibel und können nicht rückgängig gemacht werden.

Probleme durch Infektionen vor der Geburt

Verschiedene Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter können die Entwicklung des Gehörs negativ beeinflussen und zu Hörverlust führen. Infiziert sich eine Frau beispielsweise während ihrer Schwangerschaft mit Röteln oder mit Mumps, steigt beim Kind das Risiko für Schwerhörigkeit. Besonders gefährlich sind Röteln. Eine Kombinationsimpfung, die sogenannte MMR-Impfung, Masern, Mumps, Röteln, kann eine Infektion verhindern.

Einige Risikofaktoren kann die Schwangere selbst beeinflussen, zum Beispiel durch den Verzicht auf Drogen und Alkohol. Trinkt die Mutter während der Schwangerschaft Alkohol, kann das zur Fetalen Alkoholspektrum-Störung führen, zu FASD. Kinder, die davon betroffen sind, haben – neben anderen schweren Behinderungen – auch ein erhöhtes Risiko, mit Hörproblemen zur Welt zu kommen.

Probleme durch Infektionen nach der Geburt

Erkältungen oder immer wieder auftretende Mittelohrentzündungen können bei Kindern ebenfalls eine Hörstörung verursachen. Sie sind meist die Folge eines Infektes im Nasen-Rachen-Raum. Schon ein einfacher Schnupfen kann eine Schwellung der sogenannten Ohrtrompete auslösen. Diese ist bei kleinen Kindern kürzer und weiter als bei Erwachsenen und dadurch anfälliger beispielsweise für eine schmerzhafte Mittelohrentzündung. Bei Kindern bis zum sechsten Lebensjahr ist sie eine der häufigsten Erkrankungen.

Hörminderung durch Erkrankungen wie Psoriasis

Auch bei Kindern mit Trisomie 21, bekannt als Downsyndrom, oder bei Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ist die Zahl der Hörschädigungen höher als bei normal entwickelten Kindern. Einige Nieren- und Schilddrüsenerkrankungen sowie Herzfehler können die Hörfähigkeit schon im Kindesalter schädigen.

Oft werden die Hörprobleme gar nicht erst in Zusammenhang mit anderen Erkrankungen gebracht. Die Hauterkrankung Psoriasis etwa, auch bekannt als Schuppenflechte, kann zu Schwerhörigkeit führen. Die entzündliche Erkrankung kann Gewebe schädigen, im Innenohr das empfindliche Hörorgan beeinträchtigen und so im schlimmsten Fall zu Hörverlust führen. Zu diesem Ergebnis kommen mehrere internationale Studien.

Vom Hörgerät bis zur Gebärdensprache

In einigen Fällen kann die Hörfähigkeit wiederhergestellt werden. Das gilt beispielsweise bei Infektionen wie einer Mittelohrentzündung. Wird diese ursächlich behandelt, ist der Hörverlust nur über einen begrenzten Zeitraum vorhanden. Wenn es um einen schweren Hörschaden geht, hilft das meist nicht.

Dann werden auch bei Kindern schon Hörgeräte eingesetzt. Dabei ist ein Hörgerät hinter dem Ohr eine gute Möglichkeit. Bei starkem Hörverlust wird eine solche Hörhilfe direkt ins Ohr eingesetzt. Sie muss allerdings exakt angepasst und eingestellt werden.

Eine weitere Therapiemöglichkeit sind sogenannte Cochlea-Implantate. In einer Operation werden sie ins Ohr eingebracht. Dieses System sendet elektrische Signale, die von Geräuschen im Ohr ausgelöst werden, direkt an den Hörnerv.

Autor: Gudrun Heise

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Das Original zu diesem Beitrag “Immer mehr Kindern und Jugendlichen droht Hörverlust” stammt von Deutsche Welle.

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