Weiterhin Kritik am bundesweiten Rollout des E-Rezepts

Auch wenn der bundesweite Rollout des E-Rezepts bereits begonnen hat – glücklich sind damit nicht alle. Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein sieht die technischen Voraussetzungen immer noch nicht gegeben, fürchtet empfindliche Strafen – und ärgert sich, dass unter anderem die Zahnärzte bei den Patient:innen die Aufklärungsarbeit übernehmen sollen.

Ende Juni beschlossen die Gesellschafter der Gematik den sofortigen bundesweiten Rollout des E-Rezepts. Ab dem 1. Januar 2024 soll es verpflichtend sein. Seit Anfang des Monats kann das E-Rezept auch über die elektronische Gesundheitskarte abgerufen werden, wenn denn die technischen Voraussetzungen stimmen. In einer DAZ-Umfrage gaben bis zum 10. Juli etwa ein Fünftel der Apotheken an, dass es den Versuch gegeben hat, ein E-Rezept einzulösen – aber nur bei der Hälfte klappte das auch. Hinzu kommt: Bereits am ersten Wochenende im Juli brach die gesamte Telematikinfrastruktur zusammen.

Kein Wunder, dass es auch Kritik am Beschluss der Gematik-Gesellschafter gibt. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hatte dagegen gestimmt und auch im Anschluss wiederholt ihre Bedenken zum Ausdruck gebracht. Sie warnte davor, das E-Rezept „auf Biegen und Brechen“ zum Jahreswechsel flächendeckend und verpflichtend einführen zu wollen. Vor allem aber hatte die KBV auch die Strafen für die Ärzte im Blick, sollten diese nicht für das E-Rezept bereit sein. „Das Prinzip der sanktionsbewährten Brechstange hat in der Vergangenheit nicht funktioniert und wird es auch jetzt nicht“, erklärte der Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen dazu.

Ganz offensichtlich sind die Bedenken noch immer nicht ausgeräumt. Nun spricht sich auch die Kassenzahnärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KZV S-H) in einer am Montag veröffentlichten Pressemitteilung gegen den „vorschnellen bundesweiten Rollout“ aus. „Zuvor müssen die technischen Voraussetzungen geschaffen sein, und die Anwendung muss störungsfrei funktionieren“, fordert Peter Oleownik, erster stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KZV S-H. „Auch die Einlösung in der Apotheke muss für Patientinnen und Patienten problemlos möglich sein.“

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Kritisiert wird, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bereits zum 1. Juli den Eindruck erweckt habe, das E-Rezept sei „alltagstauglich“. Bis dahin müsse es aber bei Zahnärzten noch Softwareanpassungen geben. Auch mit Blick auf den Totalausfall der TI Anfang Juli gebe es Zweifel: „Ob die Systeme der hohen Belastung, die ab 1. Januar 2024 zu erwarten ist, überhaupt standhalten, ist nie getestet worden“, betont Oleownik.

„Sanktionspolitik sorgt seit Jahren für Unmut“

Vor allem aber die angedrohten Strafen scheinen Stein des Anstoßes zu sein. Die Sanktionspolitik des Gesundheitsministeriums sorge „seit Jahren für Unmut in der Zahnärzteschaft“, heißt es in der Pressemitteilung. „Wir müssen die Schnellschüsse der Politik umsetzen, und wenn das nicht funktioniert, werden wir völlig unangemessen mit Strafzahlungen belegt. Sanktionen sind nicht förderlich für die Akzeptanz der neuen digitalen Anwendungen in der Zahnärzteschaft“, wird Michael Diercks, Vorstandsvorsitzender der KZV S-H, zitiert.

Für Ärger sorgt bei den Zahnärzt:innen aber auch, dass das Bundesgesundheitsministerium und die Kassen nicht für die Aufklärung der Patient:innen bezüglich des E-Rezepts sorgen. „Dass die gematik uns jetzt auch noch ein – kostenpflichtiges! – Informationspaket für unsere Patienten anbietet, zeigt, dass man die Aufklärung auf die Praxen abwälzen will“, bemängelt Diercks. Dies sei jedoch nicht Aufgabe der Praxen und könne dort auch nicht geleistet werden.


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