Viele Apotheker arbeiten fleißig, sind aber nicht wirklich unternehmerisch tätig. Eine strategische Weiterentwicklung, verbunden mit der Chance auf deutlich höhere Umsätze und Gewinne, bleibt damit aus. Der Berater Axel Witte erläutert beim INTERPHARM-Satellit Apotheke & Wirtschaft, wie der Sprung zum Unternehmertum zu schaffen ist. Der Dresdner Apotheker Roland Rudolf wiederum berichtet aus eigener Erfahrung, wie er dem Hamsterrad entrann und seine Rolle neu erfand.
60 Wochenstunden Arbeit. Ich kann nicht mehr, mir fehlt es an Personal. Warum bin ich eigentlich Apotheker geworden? Diese und ähnliche Themen und Fragen stellen sich nach Erfahrung von Axel Witte von der Essener Steuer- und Wirtschaftsberatung RST zahlreiche Apothekerinnen und Apotheker. Sie seien im Hamsterrad gefangen, fühlten sich ausgelaugt, die Arbeit werde als monoton empfunden, sie setzten keinen Fokus auf die Zukunft. Stattdessen lebten und arbeiteten sie im Hier und Jetzt, bedienen Kunden und umschiffen Lieferengpässe. Zeit für die Weiterentwicklung ihrer Apotheken und der Ausarbeitung von Strategien bleibe da nicht, so Witte.
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Der Apotheker als Manager
In seinem Vortrag auf der Interpharm 2023 erläutert der Berater, wie Apotheker aus dieser Situation herauskommen können, um wieder mehr Zeit für sich zu gewinnen, die sie dann in die Weiterentwicklung ihrer Apotheken stecken können.
Dazu gehöre beispielsweise, Aufgaben zu delegieren: „Kein Dirigent kommt auf die Idee, alle Instrumente selbst spielen zu wollen“, so Witte. Zum Unternehmertum gehöre auch, in die neue Führungsrolle hineinzuwachsen und diese auszuüben. Ein wichtiger Faktor sei dabei die Mitarbeiterführung. Entscheidend seien heutzutage flache Hierarchien, eine offene Feedbackkultur, Familienfreundlichkeit und gemeinsame Events. Die Mitarbeiter wollten und müssten „mitgenommen“ werden. Nur so könne ein Teamgefühl entstehen. Das trage nicht nur zur Steigerung der Motivation bei, sondern erhöhe auch die Attraktivität der Apotheke als Arbeitgeber. Witte: „Wenn sie ihren Mindshift nicht ändern, werden sie auch kein gutes Personal bekommen.“
Mut zur Spezialisierung
In einem weiteren Schritt sollten die Unternehmer über die inhaltliche Ausrichtung ihrer Apotheken nachdenken. Wichtig sei, innovativ zu sein und Neues zu wagen. Dabei sollten sich die Apotheken auf bestimmte Aktivitäten oder Therapiegebiete spezialisieren und somit ein Alleinstellungsmerkmal schaffen – beispielsweise im Bereich Cannabis, Onkologie, Senioren oder Prävention. Auch eine Serviceapotheke, die umliegende Unternehmern beliefert oder sich auf die Tiergesundheit fokussiert, seien Möglichkeiten einer Spezialisierung.
Nach den Erfahrungen Wittes geht die Hinwendung vom fleißig arbeitenden zum unternehmerisch denkenden und handelnden Apotheker oftmals mit einem steigenden wirtschaftlichen Erfolg einher. So brächten Laufkunden einen jährlichen Umsatz von etwa 60 Euro, Patienten mit einem höherem Krankheitsbild führten in Apotheken hingegen zu Umsätzen von bis zu 1.500 Euro. Ein Jahresumsatz von bislang 1,5 Millionen Euro könne mit dem richtigen Konzept in zweistellige Millionen-Euro-Bereiche wachsen.
Apotheker Rudolf: Aus dem Hamsterrad
Wie der Schritt zum Apotheker-Unternehmer konkret aussehen kann, erläutert Roland Rudolf. Der Inhaber der Vital-Apotheke in Dresden und der Adler-Apotheke in Radebeul fühlte sich vor einigen Jahren erschöpft: Er bekam körperliche Probleme, das Leben erschien ihm monoton und grau, an Sonntagabenden trudelten bei ihm die Krankmeldungen seiner Mitarbeiter ein. „Ich reagierte immer nur auf Ereignisse. Ich dachte, das ist normal, wenn man eine Apotheke hat“, so Rudolf. „Ich war im Hamsterrad drin.“
Nach der Lektüre eines Ratgeberbuches beschloss er, sein Leben zu ändern und fing bei sich selber an: „Ich trieb drei Stunden Sport, legte mein Handy abends zur Seite, ernährte mich besser, machte Meditation und änderte meinen Glaubensgrundsatz, dass ich immer präsent sein müsse.“
Stattdessen konzentrierte er sich fortan auf wirklich unternehmerische Tätigkeiten und arbeitete an einer Vision und Strategie für seine Apotheken. Er übertrug seinen Mitarbeitern zunehmend Aufgaben, führte Feedback-Gespräche und bildete sich weiter.
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Anfangs habe es bei seinen Mitarbeitern Irritationen gegeben. Sie fragten: Wo ist der Chef? Zudem kamen ihm immer wieder Bedenken, ob er auf dem richtigen Weg sei. Andererseits, so Rudolf, sei im Laufe der Zeit die Motivation der Mitarbeiter gestiegen. Sie hätten zunehmend eigene Ideen eingebracht, schließlich habe er sogar Initiativbewerbungen erhalten. Zudem habe sein persönliches Stresslevel nachgelassen, während er neue Kraft und Lebensfreude gewann.
„Wann sollten sie damit beginnen, das Hamsterrad zu verlassen und Unternehmer zu werden“, fragt Rudolf und gibt selber die Antwort: „Jetzt, sofort!“ Dass es auf diesem Weg auch Herausforderungen gibt, will der Essener Berater Witte allerdings nicht verschweigen: „Sie müssen manchmal hart durchgreifen und beständig dranbleiben.“ Nach seinen Erfahrungen sind 30 Prozent aller Apotheker diesbezüglich recht aktiv, 10 Prozent seien „super erfolgreich“. Der Rest, sagt Witte ehrlich-unverblümt, „schläft“ hingegen. Er meint: diese Apotheker arbeiten hart und fleißig, ohne echte Unternehmer zu sein.
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