„Es ist wirklich voll“, beschrieb Professor Christian Karagiannidis die derzeitige Lage am Klinikum Köln-Merheim: „Wir haben so wenig freie Intensivbetten, wie wir es in der ganzen Pandemie nicht hatten.“ Das beträfe nicht nur Köln, fuhr der Internist und Intensiv- und Notfallmediziner im ZDF-“Morgenmagazin” am Freitag fort: Vielmehr betreffe es ganz Nordrhein-Westfalen.
„Was wir vor allem haben, sind ziemlich volle Notaufnahmen und ziemlich volle Normalstationen, sodass wir im Prinzip fast nicht mehr handlungsfähig sind“, erklärte Karagiannidis, der Mitglied des Corona-Expertenrats der Bundesregierung ist.
Einen „substanziellen Unterschied zur Corona-Zeit“ benannte der Mediziner: „Bei Corona wussten wir, dass die Welle immer weiter ansteigt, dass wir mehr Patientinnen und Patienten sehen werden“, erklärte er. Heute sei es hingegen so, „dass wir im Moment relativ infektiöse Patienten haben, vor allen Dingen mit RSV und auch mit der normalen Grippe, aber dass wir auch die Aussicht haben, dass die Welle irgendwann peakt und dann runtergeht. Wir sehen aber darüber hinaus auch ein Potpourri aus verschiedensten Erkrankungen.“ Insgesamt seien die Krankenhäuser „einfach rappelvoll“.
Operationen verschieben, mehr ambulant behandeln
Immer wieder heißt es, das Immunsystem sei durch die Maskenpflicht in den vergangenen Jahren nicht trainiert worden. Eine Begründung für die derzeitigen Engpässe in den Kliniken erkennt der Experte darin allerdings nicht: „Ich glaube, einer der Hauptgründe liegt darin, dass wir über die letzten Jahre hinweg – und das begann schon deutlich vor der Pandemie – einfach immer mehr Kapazitäten verloren haben, weil wir zu wenig Pflegepersonal und in einigen Regionen Deutschlands auch zu wenig Ärztinnen und Ärzte haben.“
Die Betten seien da, aber das Personal fehle: „Nichtsdestotrotz muss man sagen, dass das immer noch eine Kapazität ist, mit der man zurechtkommen müsste, wenn wir endlich die grundlegenden Reformen machen würden, die sich seit Jahren aufgestaut haben im deutschen Gesundheitswesen“, kritisiert er.
„Sehen Sie einen Weg, das akute Problem irgendwie kurzfristig zu lösen?“, fragte Moderatorin Dunja Hayali. In der Berliner Charité etwa würden Operationen, bei denen es medizinisch vertretbar ist, verschoben und das Personal an anderen Stellen eingesetzt, zählte Karagiannidis auf. Auch könnten mehr Behandlungen ambulant durchgeführt werden.
Im internationalen Vergleich gebe es in Deutschland viele „vollstationäre Aufnahmen mit Übernachtung im Krankenhaus“: „Das heißt, da ist ein großer Stellhebel, mit dem wir auch relativ kurzfristig im nächsten Jahr wieder mehr Kapazitäten schaffen können und trotzdem die Patientinnen und Patienten gut versorgen können.“
Keine Vorratshaltung von Medikamenten
Wichtig sei, dass Bundesländer, Bund und Kliniken bei den Reformen an einem Strang ziehen, „weil die Situation in den nächsten Wintern sicherlich genauso aussehen wird wie jetzt“, erklärte er. So könnte man überlegen, kleinere Krankenhäuser zu größeren Standorten zu fusionieren: „Dann kommen wir mit dem gleichen Personalstamm hoffentlich besser über die nächsten Jahre.“
Das Problem des Medikamentenmangels, sagte der Mediziner abschließend, bestehe schon seit vielen Jahren: „Das betrifft nicht nur Fiebersäfte, das betrifft auch lebenswichtige Medikamente wie Antibiotika.“ In den letzten Jahrzehnten seien viele Produktionsstätten aus Kostengründen ins Ausland verlagert worden. Diese müsse man nun zurückholen.
Womöglich brauche es auch bundeseigene Produktionsstätten für lebenswichtige Medikamente. Die Vorratshaltung von Medikamenten sieht der Mediziner eher kritisch: „Das Problem ist, dass viele Medikamente auch ein Mindesthaltbarkeitsdatum haben und damit auch schwer unendlich lagerbar sind“, erklärte er.
Das Original zu diesem Beitrag “„Weniger freie Intensivbetten als in der ganzen Pandemie“” stammt von Teleschau.
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