Was tun, wenn Autofahren und Radeln unmöglich ist – und das Bus- und Bahnangebot miserabel? Tipps, wie man sich dennoch selbständig bewegen kann
In der Stadt ist für viele Menschen ohne Auto der öffentliche Nahverkehr eine Lösung, auf dem Land genügt er oft nicht
Beim einen machen die Beine nicht mehr mit. Oder das Knie protestiert bei jedem Schritt. Beim anderen, der auf einen Rollstuhl angewiesen ist, fehlt zunehmend die Kraft in den Armen, um vorwärtszukommen. Manchmal ist es auch ein Herz- oder Lungenleiden, das einen Menschen schon nach zehn Metern Wegstrecke zum Keuchen bringt.
Dann droht eine Gefahr, die Medizinern und Psychologen lange als banal erschien: das Versauern in den eigenen vier Wänden.
Mobil bleiben, um soziale Kontakte zu pflegen
Wenn der Blick aus dem Fenster der einzige Kontakt zur Außenwelt ist, das Leben nichts Neues mehr bringt außer dem Fernsehprogramm, wenn Kontakte abbrechen, dann legen sich Langeweile und Einsamkeit wie ein grauer Schleier über das Leben.
Einsamkeit kann zu einer psychischen Qual werden. Und nicht nur das, wie finnische Forscher in einer neuen Studie zeigen: Einsame Menschen haben häufiger Bluthochdruck, neigen mehr zur Fettleibigkeit und erleiden in der Folge deutlich öfter einen Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Keine Scheu vor dem Rollator
Sicher, es gibt öffentliche Verkehrsmittel, mancherorts Fahrdienste oder Bürgerbusse und meistens auch hilfsbereite Verwandte. Doch manchmal ist die Haltestelle einfach zu weit weg.Und nicht jeder will jedes Mal den Sohn oder die Tochter als Taxifahrer bemühen, wenn er mal wieder unter Menschen will. Natürlich haben die Kinder auch nicht immer Zeit.
Für Menschen, die selbstständig leben und flexibel das Haus verlassen wollen, gibt es jedoch auch andere Optionen. Die einfachste ist ein Rollator. Er gehört heute zum Straßenbild, sodass sich niemand mehr schämen muss, der einen benutzt. Er stützt Menschen mit unsicherem Gang, bewahrt vor Stürzen und erlaubt auch mal eine Pause, wenn die Beine schmerzen. Für die Kosten kommt bei Bedarf die Kasse auf.
Selbstständig ohne Auto – ein Überblick über die Sondermobile. Bitte tippen Sie auf "+", um die verschiedenen Möglichkeiten aufzurufen
Vom Rollstuhl bis zum Elektro-Mobil
Ein elektrischer Rollstuhl ist für jene Menschen gedacht, die einen handbetriebenen aufgrund einer Behinderung nicht bewegen können. Er soll, so das Hilfsmittelverzeichnis der Krankenkassen, die Fortbewegung zu Hause und im "Nahbereich der Wohnung" ermöglichen. Falls die Kasse nicht zahlt: Einfache Modelle sind für unter 2000 Euro zu haben, für andere können 5000 Euro fällig werden.
Für die Kostenübernahme von Elektro-Mobilen legen die Kassen die Hürden noch höher. "Es ist ein Rest an Gehfähigkeit erforderlich", sagt eine Sprecherin. Andererseits darf dieser Rest nicht so groß sein, dass auch ein Rollator infrage käme. Wer hier bei der Kasse auf Widerstand stößt, muss die Kosten selbst tragen, wenn er etwa damit den Stammtisch der Freunde in einem anderen Stadtteil erreichen will. Die Preise sind vergleichbar mit denen eines elektrischen Rollstuhls.
Gedrosseltes Auto für Menschen mit Rollerführerschein
Die "luxuriöseste" Variante stellt ein Leichtauto dar, gedrosselt auf eine Geschwindigkeit von 45 km/h. Zu haben ist es ab etwa 8500 Euro. Dafür kommen die Kassen nicht auf. Es lohnt sich allenfalls eine Anfrage bei der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn eine Behinderung vorliegt, die auf einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit zurückgeht. In diesem Fall ist die Unfallversicherung auch für "Leistungen zur Mobilität" zuständig.
Meist fahren Menschen ein solches Fahrzeug, die keinen Autoführerschein (mehr) haben, erläutert ein Sprecher des ADAC. Denn es genügt die 2013 eingeführte Klasse AM, im Volksmund Roller-Führerschein genannt. Man sollte damit aber sicherheitshalber keine viel befahrenen Straßen benutzen.
Mobilität hilft, geistig rege zu bleiben
Egal welche der Mobilitäts-Alternativen infrage kommt: Alle bedeuten einen Weg, der Einsamkeit zu entfliehen und die Selbstständigkeit zu erhalten. Die Mobile helfen dabei, notwendige Einkäufe oder einen Arztbesuch zu machen. Sie erleichtern die Pflege von Kontakten. Und sie ermöglichen es, Neues zu erfahren.
Dies wiederum senkt das Risiko einer Demenz: "Egal ob Brettspiele, Kochen, ein Musikinstrument spielen, eine Sprache lernen", urteilt Verkehrspsychologe Professor Wolfgang Fastenmeier: "Alles, was den Kopf fordert, hilft, die geistige Leistungsfähigkeit zu erhalten." Und es beugt der Einsamkeit vor.
Kostenloser Nahverkehr
- Schwerbehinderte Menschen, die gehbehindert, hilflos, gehörlos oder blind sind, dürfen Omnibusse, Straßenbahnen, U- und S-Bahnen sowie Nahverkehrszüge der Bahn kostenlos nutzen. Ihr grün-oranger Ausweis enthält die Merkzeichen G, aG, H, Gl oder Bl.
- Eine Eigenbeteiligung von 80 Euro jährlich wird allerdings fällig – nicht jedoch für blinde, hilflose und einkommensschwache Menschen. Gegen diese Gebühr wird eine Wertmarke ausgegeben.
- Eine Begleitperson darf mitnehmen, wer das Merkzeichen B im Schwerbehindertenausweis trägt.
- Blinde und außergewöhnlich gehbehinderte Menschen können Behindertenparkplätze nutzen, wenn hinter der Windschutzscheibe ein entsprechender Parkausweis liegt.
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