Coronavirus greift auch das Herz an
Es ist schon länger bekannt, dass bei einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 nicht nur die Lunge, sondern auch weitere Organe betroffen sein können. So kann bei der durch den Erreger ausgelösten Erkrankung COVID-19 das Herz angegriffen werden. Forschende aus Deutschland haben dazu nun weitere Erkenntnisse gewonnen, die zu möglichen neuen therapeutischen Ansatzpunkten beitragen könnten.
Das Coronavirus SARS-CoV-2 hat die Welt weiterhin fest im Griff, täglich gibt es neue Entwicklungen. Dank intensiver Forschung wird auch mehr und mehr über das Verhalten und die medizinischen Folgen der Infektion gelernt. Bisher stehen bei der durch den Erreger ausgelösten Erkrankung COVID-19 vor allem die Atemwegs- und Lungensymptome im Vordergrund, doch das Virus greift auch das Herz an.
Biomarker bei Schwerkranken nachgewiesen
Wie die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) schreibt, bedeuten Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 nicht nur eine Belastung für die Lunge. Der Erreger befällt auch massiv das Herz-Kreislauf-System.
Eine Forschungsgruppe des Instituts für Molekulare und Translationale Therapiestrategien der MHH hat nun bestimmte Biomarker bei schwerkranken COVID-19-Betroffenen nachgewiesen, die typischerweise bei Entzündungsprozessen und bei Patientinnen und Patienten mit Herzerkrankungen zu finden sind und mögliche neue therapeutische Ansatzpunkte bieten.
Die Studie unter der Leitung von Institutsdirektor Professor Dr. Dr. Thomas Thum und Dr. Christian Bär ist von der Deutschen Herzstiftung gefördert worden und in der Fachzeitschrift „European Journal of Heart Failure“ veröffentlicht.
Konzentration der mikroRNA-Marker deutlich erhöht
„Wir haben angenommen, dass sogenannte nicht kodierende mikroRNAs, die keine Baupläne für genetische Information tragen, eine wesentliche regulatorische Rolle bei der überschießenden Immunreaktion und den anschließenden Umbauarbeiten im Bindegewebe der Lunge und des Herzens spielen. Wir wussten bereits, dass diese mikroRNAs auch im Blut detektierbar sind“, erläutert Professor Thum.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben in Zusammenarbeit mit den MHH-Kliniken für Kardiologie und Angiologie sowie für Pneumologie Blutproben von 38 COVID-19-Erkrankten untersucht, die intensivmedizinisch behandelt und beatmet wurden.
„Dafür haben wir uns auf verschiedene sensible mikroRNA-Marker für kardiovaskuläre Schäden konzentriert und analysiert, wie hoch ihre Konzentration im Blutserum ist“, erklärt der Institutsleiter.
Zum Vergleich wurde in der Studie auch das Blut von Grippe-Patientinnen und -Patienten mit akutem Atemnotsyndrom (Acute Respiratory Distress Syndrome ARDS) untersucht, die ebenfalls intensivmedizinisch behandelt und beatmet werden mussten, sowie Blutproben einer gesunden Kontrollgruppe.
Das Ergebnis: Im Vergleich zu den Gesunden war die Konzentration der mikroRNA-Marker im Blutserum der schwerkranken COVID-19-Patientinnen und -Patienten deutlich erhöht. Sie unterschied sich jedoch auch signifikant von den Werten der schwerkranken, ebenfalls mechanisch beatmeten Influenza-ARDS-Erkrankten.
Mögliche Ansätze für neue Therapien
Der Nachweis, dass auch das Herz von SARS-CoV-2-Infektionen betroffen ist, könnte möglicherweise Folgen für die Behandlung Erkrankter haben.
„Nach unserer Einschätzung müsste die Herzfunktion von COVID-19-Patienten im Langzeitverlauf beobachtet werden“, meint der Kardiologe Thum.
Außerdem will das Forschungsteam jetzt untersuchen, ob mit Hilfe der Biomarker auch eine Prognoseabschätzung für den Krankheitsverlauf und der Genesung möglich ist. Zudem könnten die mikroRNAs Ansätze für neue Therapien ermöglichen. (ad)
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