Viele kaufen jetzt einen Mundschutz – doch der hilft gegen das Coronavirus kaum

Nachdem sich das neuartige Coronavirus schneller als erwartet in China ausgebreitet hat, ist es nun auch in Deutschland angekommen. Was Sie über das Virus wissen müssen, wie Sie sich schützen und warum ein Mundschutz übertrieben ist.

Heute wurde bekannt, dass sich ein 33-jähriger Mann aus dem Landkreis Landsberg in Bayern mit dem Erreger infiziert hat. Er hatte sich offenbar bei einer Kollegin aus Shanghai angesteckt, mit der er in der vergangenen Woche bei einer Schulung in seiner Firma in Starnberg zusammengetroffen war. Die Chinesin soll sich zuvor bei ihren Eltern, die aus Wuhan stammen und sie besucht hatten, angesteckt haben.

Als sie in Deutschland war, zeigte die 33-Jährige allerdings noch keine Anzeichen. Der Mann aus Oberbayern hatte am vergangenen Wochenende leichte Symptome, die er fälschlicherweise mit einer Grippe in Verbindung brachte.

Jetzt Artikel für später in „Pocket“ speichern

Was sind typische Symptome?

Tatsächlich kann die neue Lungenkrankheit leicht mit einer Grippe verwechselt werden, da sich die Symptome ähneln. Typische erste Symptome sind:

  • Fieber
  • trockener Husten
  • Kurzatmigkeit
  • Atemnot
  • Abgeschlagenheit, Müdigkeit

Weil das Virus die unteren Atemwege infiziert, haben Betroffene jedoch keinen Schnupfen. Dem Münchner Virologie-Professor Clemens Wendtner zufolge muss – neben den Symptomen einer Atemwegserkrankung mit Lungenentzündung – ein weiteres entscheidendes Kriterium dazukommen: Der Patient muss in den zwei Wochen vor der Erkrankung direkt oder indirekt Kontakt zu Chinesen aus der Wuhan-Region gehabt haben.

Wendtner vermutet, dass der Erreger sowohl über Tröpfchen- als auch über Schmierinfektion übertragen wird.  
 

Wer ist gefährdet?

"Das Coronavirus ist aber nicht hochvirulent – es ist für einen gesunden Menschen nicht schlimmer als eine Grippe", erklärt Dominik Pförringer, niedergelassener Orthopäde in München. Das Risiko, sich in Deutschland zu infizieren, sei gering. "Hysterie ist völlig unangebracht", berichtet der Mediziner weiter.

Gesunde Menschen, die sich mit dem Coronavirus infizierten, würden mit dem Erreger fertig. Gefährdet sind laut Pförringer allerdings ältere, gebrechliche Menschen, Säuglinge und Menschen mit erworbener, angeborener oder medikamentös bedingter Immunschwäche. 

Wie schützen Sie sich?

Auch der Schutz vor dem neuartigen Coronavirus gleicht dem bei einer Grippe. "Es handelt sich um behüllte Viren", erklärt der Münchner Arzt, "diese Viren sprechen gut auf Flächendesinfektion und Händedesinfektion an." Generell sei der Erreger gut in den Griff zu bekommen, wenn man einfache Hygienemaßnahmen befolge, wie

  • regelmäßiges, gründliches Händewaschen
  • Taschentücher nur einmal verwenden
  • Husten- und Nießetikette beachten: beim Husten oder Nießen abwenden, wenn möglich in die Ellenbeuge nießen oder anschließend Hände waschen
  • nicht mit den Händen ins Gesicht oder in Schleimhautbereiche greifen

Die Sorge vor einer Einschleppung des neuartigen Coronavirus lässt in deutschen Apotheken bereits die Nachfrage nach Atemmasken steigen. "In vielen Apotheken bundesweit werden die Masken verstärkt nachgefragt", sagte Ursula Sellerberg von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Konkrete Zahlen lägen bisher nicht vor. Die Masken würden laut Sellerberg im Falle des Falles aber nur "begrenzt" dabei helfen, sich vor einer Ansteckung mit der neuen Lungenkrankheit zu schützen. Wichtiger sei es, die üblichen Hygienemaßnahmen wie Händewaschen einzuhalten.

Das sieht auch Pförringer so. Mundschutz zu tragen hält der Mediziner für übertrieben. "Den können Sie nach zwei Stunden wegschmeißen", sagt er. Um sich wirklich vor einer Ansteckung zu schützen, müsste ein höherwertiger Mundschutz verwendet werden – und der ist nicht direkt erhältlich, aber ebenso wenig notwendig. Dieser schützt hochexponierte Menschen wie Klinikpersonal, ist im Außenbereich jedoch sinnlos.

Wirklichen Schutz bieten nur virusdichte Atemmasken der Kategorien FFP2 und FFP3, erklärt auch Professor Clemens Wendtner. Allerdings müssten die bei ständigem Gebrauch alle paar Stunden ausgetauscht werden, weil sie feucht werden und dann der Filter nicht mehr funktioniert. Der Chefarzt der Klinik München Schwabing hält sowieso nichts davon, hierzulande mit Masken umherzulaufen: „Maskenschutz ist nur sinnvoll, wenn Sie eine hohe Durchsetzung in der Bevölkerung haben.“ Vor Ort in China sei das der Fall, aber nicht in Deutschland.

Ähnlich wie bei der Grippe scheint auch das Coronavirus schon während der Inkubationszeit – also wenn jemand infiziert ist, aber noch keine Symptome zeigt – ansteckend zu sein. "Allerdings ist das Risiko, sich in der Inkubationszeit anzustecken, geringer", sagt Pförringer. Er ist überzeugt: "Wir befinden uns nicht in einer Katastrophensituation – und selbst wenn, dann wären deutsche Kliniken bestens vorbereitet."

Mehr zum Thema:

  • Top-Infektiologe behandelt ersten Patienten: "Keine Panik, auch nicht in Bayern"

Wie wappnet sich Deutschland gegen das Coronavirus?

Die Gefahr, dass sich das neuartige Coronavirus hierzulande weiter verbreitet, sei aber "nach wie vor gering", erläutert das Bundesgesundheitsministerium. Dafür gibt es eingeübte Abläufe und Meldewege sowie auch erste Vorkehrungen – und gesetzliche Grundlagen für mögliche weitergehende Krisenmaßnahmen.

Wenn es einen Verdachtsfall gibt, sind zunächst bestimmte Kriterien abzuchecken:

  • Zeigt jemand Merkmale einer Atemwegserkrankung wie Husten oder eine Lungenentzündung?
  • War er in den vergangenen 14 Tagen in einem Risikogebiet in China wie der Region Wuhan?
  • Oder war er in den vergangenen 14 Tagen in Kontakt mit einem Erkrankten?

Wenn ja, wird der Patient ärztlich untersucht, wobei Hygienemaßnahmen wie ein Schutz über Mund und Nase dazugehören. Hintergrund für den Zeitraum von 14 Tagen ist, dass die Inkubationszeit – die Spanne zwischen Infektion und Beginn von Symptomen – 2 bis 14 Tage beträgt.

Wenn Patienten mit solchen Verdachtskriterien zum Arzt gehen, sollten sie aber vorher anrufen. Dann können in der Praxis oder in der Klinik Vorkehrungen gegen weitere Ansteckungen wie etwa Hygienemaßnahmen getroffen werden, wie das Ministerium erläutert. Bei der Untersuchung wird idealerweise je eine Probe aus den unteren und oberen Atemwegen genommen. Das Virus ist etwa im Hustenauswurf. Die Auswertung dauert knapp fünf Stunden, dazu kommt noch die Zeit für Kuriertransporte ins Labor. Bisher gebe es etwa eine Handvoll Labore, die Tests anbieten, sagt Lars Schaade vom Robert Koch-Institut (RKI).

Wenn das Virus nachgewiesen wird, soll der Patient "isoliert" werden. Er wird dann in einem Einzelzimmer im Krankenhaus untergebracht und behandelt, das Klinikpersonal muss Schutzkleidung tragen. Menschen, die engen Kontakt zu Betroffenen hatten, sind zu informieren und durch das zuständige Gesundheitsamt zu beobachten. Sie würden dann zunächst namentlich registriert, gefragt werde nach Symptomen und es würden gegebenenfalls auch Labortests gemacht, erklärt der Berliner Virologe Christian Drosten.

Das RKI empfiehlt eine Isolierung im Krankenhaus auch, solange nicht klar ist, ob eine als Verdachtsfall eingestufte Person das Virus in sich trägt. Bei einem positiven Testergebnis würde die Isolierung dann bestehen bleiben.

Mehr zum Thema:

  • Coronavirus-Ausbruch im News-Ticker – Mann ging trotz Infizierung mit Coronavirus zur Arbeit 

Das Gesundheitsministerium verweist darauf, dass solche Maßnahmen 2002/2003 bei der ebenfalls von Asien ausgehenden Lungenkrankheit Sars funktioniert haben. Eine Weiterverbreitung des Sars-Erregers, der auch aus einer Corona-Familie stammte, habe verhindert werden können. Damals gab es demnach am Ende neun wahrscheinliche Fälle in Deutschland, davon wurden vier positiv getestet. Zu Todesfällen kam es nicht.

Eine schützende Impfung oder eine spezielle Therapie zur Behandlung der aktuellen Erkrankung gibt es nicht, die Symptome können aber mit Medikamenten abgemildert werden.

Aktuelle amtliche Schutzvorkehrungen sehen vor, dass an einigen Flughäfen Informationsmaterial für ankommende Passagiere aus China vorbereitet wird. Dazu stimmen sich Gesundheitsbehörden der Flughäfen von Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt/Main, München und Berlin mit dem RKI und dem Bundesverkehrsministerium ab, wie das Gesundheitsressort erklärt.

Im RKI ist eine Koordinierungsstelle eingerichtet worden, die sich auch mit den Länderbehörden abstimmt. Austausch gibt es zudem etwa mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und mit den anderen EU-Ländern. Das Auswärtige Amt empfiehlt vorerst, nicht notwendige Reisen in die chinesische Region Wuhan zu verschieben.

Weitergehende amtliche Schutzvorkehrungen sind grundsätzlich möglich. Ob sie nötig sind, beurteilt das örtliche Gesundheitsamt "nach den konkreten Umständen des Einzelfalles", wie das Ministerium erläutert. Das Infektionsschutzgesetz legt etwa fest, dass Länderbehörden Veranstaltungen und andere größere Menschenansammlungen beschränken oder verbieten können.

Badeanstalten und Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen, Kitas, Heime und Ferienlager können ganz oder teilweise geschlossen werden. Behörden können Quarantäne für Menschen anordnen, die krank, krankheitsverdächtig oder ansteckungsverdächtig sind. Es kann ihnen untersagt werden, bestimmte Berufstätigkeiten auszuüben.

Die zuständige Behörde kann prinzipiell auch Personen verpflichten, "den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind". Insofern könnten damit grundsätzlich auch Grundrechte der Freiheit der Person, der Versammlungsfreiheit und der Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt werden. Aber: "Eine Heilbehandlung darf nicht angeordnet werden", heißt es im Gesetz.

Von abgeriegelten Millionenstädten wie in China ist hierzulande nicht die Rede. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verweist etwa auf Masern, die deutlich ansteckender seien als das Coronavirus. "Und wir bekommen auch einen Masern-Ausbruch in Deutschland mit deutlich milderen Maßnahmen in den Griff, als wir sie derzeit in China sehen."

Aktuell relevanten, wissenschaftlich Informationen zum Thema sind über die Website des Robert Koch Instituts auffindbar und frei zugänglich.

Wo tritt Corona-Virus überall auf? Echtzeit-Karte zeigt die Verbreitung der Krankheit

FOCUS Online/Wochit Wo tritt Corona-Virus überall auf? Echtzeit-Karte zeigt die Verbreitung der Krankheit

Quelle: Den ganzen Artikel lesen