Syphilis breitet sich aus – Neuer Höchststand erreicht – Heilpraxis

Deutlich steigende Syphilis-Fälle in Deutschland

Seit einigen Jahren ist bei den Syphilis-Diagnosen in Deutschland ein kontinuierlicher Anstieg festzustellen. Jetzt haben die Meldezahlen beim Robert Koch-Institut (RKI) einen neuen Höchststand erreicht. Vor allem Männer, die Sex mit anderen Männern haben (MSM), sind dabei betroffen.

„Seit Ende der Siebzigerjahre bis Anfang der Neunzigerjahre war ein Rückgang der Syphilis-Meldungen zu verzeichnen, der sich mit dem Auftreten von AIDS (Mitte der Achtzigerjahre) weiter beschleunigte“, berichtet das RKI in einem aktuellen Epidemiologischen Bulletin. Doch seit die HIV-Diagnosen dank besserer Behandlungsmöglichkeiten kein Todesurteil mehr darstellen, sind auch die Syphilis-Fälle wieder gestiegen – mit beschleunigtem Anstieg seit 2010. Jetzt haben die gemeldeten Fälle einen neuen Höchststand erreicht.

Anstieg seit 2010

Dem Absinken der Syphilis-Fälle nach dem Auftreten von AIDS folgte bereits in den 1990er Jahren ein leichter Wiederanstieg und mit dem Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) Anfang 2001 ist die Zahl der gemeldeten Infektionen von 2.000 auf etwa 4.000 gestiegen. „Zwischen den Jahren 2004 und 2008 stabilisierten sich die Meldezahlen für Syphilis auf einem Niveau von ca. 4.000 pro Jahr“, berichtet das RKI weiter. Seit 2010 seien sie jedoch annähernd kontinuierlich gestiegen.

Frauenanteil sehr gering

Im Jahr 2019 wurde dem RKI nun mit 7.889 Syphilis-Fällen ein neuer Höchststand gemeldet. Dabei waren 85 Prozent der Fälle auf die Gruppe der MSM zurückzuführen und als wichtigste Risikofaktoren sind häufig wechselnde Partner und der Verzicht auf die Benutzung von Kondomen zu nennen. „Der Frauenanteil der gemeldeten Syphilis-Fälle lag im Jahr 2019 bei 5,8% und damit auf gleichem Niveau wie in den Vorjahr“, berichtet das RKI. Insgesamt sei die Inzidenz bei Männern um das 16-fache höher als bei Frauen.

Städte als Syphilis-Hotspots

Bezüglich der geografischen Verteilung der Syphilis-Fälle zeigen die Zahlen des RKI, dass vor allem in den Städten vermehrte Infektionen auftreten. Berlin bildet hier den Spitzenreiter mit einer Inzidenz von 39,7 Syphilis-Fällen auf 100.000 Einwohner. Auch innerhalb von Berlin zeigen die Stadtteile jedoch sehr unterschiedliche Inzidenzen. In Friedrichshain-Kreuzberg waren es 92,7, in Marzahn-Hellersdorf dagegen nur 6,7 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner.

Weitere Städte mit starkem Anstieg der Meldezahlen sind laut Angaben des RKI Dresden (plus 89,8 Prozent), Bochum (plus 63,7 Prozent), Leipzig (plus 44,4 Prozent), Wiesbaden (plus 43 Prozent), Wuppertal (plus 41,1 Prozent), Lübeck (plus 38,6 Prozent), Köln (plus 35,4 Prozent) und Mannheim (plus 26,9 Prozent).

Nur wenige Diagnosen im Spätstadium

„Für 69,7% der Meldungen des Jahres 2019 konnte auf der Grundlage von Angaben zur klinischen Symptomatik und zum Infektionszeitpunkt das Erkrankungsstadium berechnet werden“, berichtet das RKI weiter. Demnach habe es sich bei 26,5 Prozent der Diagnosen um Erkrankungen im Primärstadium gehandelt, bei 15,5 Prozent um ein Sekundärstadium, bei 2,1 Prozent um ein Tertiärstadium und bei 24,5 Prozent um eine Infektion im Stadium der Frühlatenz sowie bei 1,1 Prozent der Spätlatenz.

HIV-Koinfektionen bei vielen Betroffenen

Außerdem lag bei etwas weniger als der Hälfte aller Meldungen von MSM eine HIV-Koinfektion vor. „Dies weist auf ein relevantes Syphilis-Infektionsgeschehen bei HIV-positiven MSM hin, das durch geeignete Präventionsmaßnahmen und Diagnostik-Angebote adressiert werden sollte“, betont das RKI. Hier bleibe auch offen, wie sich die Übernahme der Kosten für die HIV-Präexpositionsprophylaxe (HIV-PrEP) durch die Krankenkassen langfristig auf die Zahlen auswirken wird.

Auf der einen Seite werde mit der HIV-PrEP möglicherweise der Verzicht auf Kondome gefördert (aufgrund des erniedrigten Risikos für den Erwerb einer HIV-Infektion), wodurch das Risiko anderer sexuell übertragbarer Infektionen wie auch der Syphilis steigen könnte.

„Auf der anderen Seite sieht die medizinische Leitlinie zur HIV-PrEP1 Testungen auf Syphilis im Abstand von drei Monaten vor“, berichtet das RKI. So könnten Syphilis-Infektionen früher diagnostiziert und Infektionsketten unter Umständen effektiver unterbrochen werden. „Die HIV-PrEP bietet damit die Chance für eine hochfrequente Syphilis-Testung und -Therapie und damit unter Umständen mittelfristig einen Rückgang der Inzidenz“, so das RKI.

Niedrigschwellige Test- und Behandlungsangebote

Insgesamt verdeutliche die auf einen neuen Höchststand gestiegene Anzahl von Syphilis-Infektionen in Deutschland die Notwendigkeit einer frühzeitigen Diagnose und Behandlung, um Infektionsketten möglichst frühzeitig zu unterbrechen und dadurch neue Infektionen zu verhindern. Dafür seien zielgerichtete Präventionskampagnen für alle relevante Zielgruppen erforderlich und es bedürfe möglichst niedrigschwelliger Test- und Behandlungsangebote inklusive eines sinnvollen Einsatzes von Tests, die zum sogenannten Home Sampling geeignet sind, resümiert das RKI. (fp)

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