Regionalisierte pharmazeutische Dienstleistungen – ein Trojanisches Pferd

In den vergangenen Wochen mehrten sich die Rufe vonseiten der Politik und der Verbände nach einer Regionalisierung der neuen pharmazeutischen Dienstleistungen. Auch wenn Verträge mit einzelnen Krankenkassen zunächst verlockend wirken, bergen sie doch eine Reihe von Gefahren – nicht nur für die Apotheken, sondern vor allem für die Versorgung der Menschen vor Ort, meinen DAZ-Autor Dr. Thomas Müller-Bohn und DAZ.online-Redakteurin Christina Müller.

Schafft es der GKV-Spitzenverband, eine Einigung bis zur Bundestagswahl zu verschleppen, fürchten Beobachter, dass mögliche Spargesetze der neuen Regierung in der kommenden Legislaturperiode die pharmazeutischen Dienstleistungen auf Eis legen könnten. Mehr guten Willen als vom GKV-Spitzenverband erhofft sich manch ein Politiker von einzelnen Krankenkassen, die über Selektivverträge auf regionaler Ebene mit den Apotheken zusammenfinden könnten.

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Das klingt zunächst nach einer guten Idee. Immerhin zeigen einzelne Kassen deutliches Interesse daran, die Apotheken als niedrigschwellige Anlaufstellen für ihre Versicherten stärker in die Gesundheitsversorgung einzubinden als bisher. Das verspricht spürbar mehr Dynamik als der Versuch, mit dem GKV-Spitzenverband übereinzukommen – die Blockadehaltung des obersten Kassengremiums ist offensichtlich. Doch die ABDA warnt davor, von einem bundesweiten Konzept abzurücken, und das zu Recht.

Regional heißt selektiv

Was so sympathisch als flexibles regionales Konzept angepriesen wird, erweist sich bei näherem Hinsehen als Selektivvertrag. Denn letztlich ginge es darum, dass verschiedene Krankenkassen unterschiedliche Verträge abschließen. Doch der kollektivvertragliche Ansatz im bisherigen Gesetzentwurf ist gut durchdacht. Er setzt einen wichtigen Anreiz: Wenn alle Kassen für die neuen Leistungen zahlen müssen, sollten sie auch ein Interesse haben, dass ihre Versicherten profitieren. Die gemeinsame Finanzierung legt einheitliche Leistungen nahe. Selektivverträge würden diesem Ansatz widersprechen.

Solche Vereinbarungen hätten zur Folge, dass aus einem Topf, in den alle Kostenträger einzahlen, lediglich ein Teil der Kassen Gelder abziehen könnte, die dann allein deren Mitgliedern zugutekämen. Zu befürchten wäre zudem ein Hauen und Stechen um die mit 150 Millionen Euro ohnehin sehr knapp bemessenen finanziellen Mittel. Denn würde zum Beispiel eine Krankenkasse in Bayern eine attraktive, aber kostenintensive pharmazeutische Dienstleistung vergüten, die vielfach in Anspruch genommen würde, bliebe für Versicherte in Schleswig-Holstein alsbald kein Geld mehr übrig. Ein finanzieller Verteilungsschlüssel unter den Kassen wiederum scheint weder ohne Weiteres umsetzbar noch zielführend.

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