Merkels Inzidenz-Formel sorgt für Verwirrung: Was die Kanzlerin mit ihrer Rechnung meint

Werden in Deutschland nach und nach mehr Menschen geimpft, verändert das die Aussagekraft der 7-Tage-Inzidenz. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte daher am Montag, sie wolle künftige Lockerungen von einer sogenannten „Grundinzidenz“ abhängig machen. FOCUS Online erklärt deren Berechnung.

Nach Beratungen des Impfgipfels stiftete Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag Verwirrung. Sie erklärte, dass Lockerungen, etwa im Hinblick auf den Sommerurlaub, künftig von einer sogenannten „Grundinzidenz“, also dem tatsächlichen Inkfektionsgeschehen abhängig seien. Diese „Grundinzidenz“ unterscheidet sich wesentlich von der bisher vom Robert-Koch-Institut (RKI) berechneten.

Merkel-Rechnung: 100er-Inzidenz liegt in Wahrheit bei 200

Merkels Rechnung geht so:

Wenn 50 Prozent der deutschen Bevölkerung geimpft sind und 50 Prozent nicht – dann bedeutet eine Inzidenz von 100, dass die Inzidenz tatsächlich bei 200 liegt.

Die Erklärung: Die Sieben-Tage-Inzidenz ist ein wesentlicher Maßstab für die Verschärfung oder Lockerung von Corona-Auflagen. Sie gibt die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche an. Bei der Interpretation der Inzidenz-Kurve muss allerdings auch der Impffortschritt berücksichtigt werden. Wenn mehr Menschen in Deutschland geimpft sind, ist die Inzidenz anders zu bewerten.

Steigt also der Anteil an Geimpften in der Bevölkerung, ist eine gleichbleibende Inzidenz ein schlechtes Zeichen. Sie spricht dafür, dass sich das Coronavirus unter jenen, die noch nicht immun sind, stärker verbreitet. Denn der Anteil derer, die sich mit dem Virus infizieren können, ist kleiner geworden, die Zahl der Neuinfektionen aber gleich hoch.

  • Bei einer gänzlich ungeimpften Bevölkerung haben bei einer Inzidenz von 100 alle Menschen das gleiche Infektionsrisiko.
  • Bei einer Impfquote von 50 Prozent kann sich die Hälfte der Bevölkerung kaum noch mit Sars-CoV-2 infizieren. Das bedeutet: Das Risiko einer Ansteckung steigt für den Teil der Bevölkerung, der noch nicht immunisiert ist.

Steigende Impfzahlen, aber eine stabile Inzidenz bedeuten: Es infiziert sich ein immer größerer Teil der Nicht-Geimpften.

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Selbst bei 50 Prozent Geimpften „erhebliches Risiko“

Die Merkel-Rechnung klingt einleuchtend, erntet aber bereits Kritik von Experten. So sagte etwa Epidemiologe Klaus Stöhr der „Bild“: „Mathematisch ist die Berechnung richtig, für die Seuchenbekämpfung ist sie aber nicht relevant.“ Es sei richtig, dass die Meldeinzidenz mathematisch steige – das Infektionsrisiko sinke allerdings mit der Impfquote. „Eine Anpassung der Inzidenz-Formel würde die Lage verfälschen und das Infektionsrisiko überhöhen“, warnte Stöhr.

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Inzidenz in Deutschland

Laut der seit Samstag geltenden bundesweiten Corona-Notbremse müssen Städte und Landkreise, in denen der Inzidenzwert an drei aufeinanderfolgenden Tagen bei 165 oder höher liegt, ihre Schulen schließen. dpa Corona-Fälle in Deutschland

Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz lag am Mittwoch laut RKI bei 160,6. Es waren binnen 24 Stunden mehr als 22.200 Neuinfektionen gemeldet worden. Besonders betroffen ist demnach der Ergebirgskreis mit einer 7-Tage-Inzidenz von 375,3. Darauf folgen der Landkreis Zwickau mit einer Inzidenz von 316,5 und der Landkreis Vechta mit einer Inzidenz von 315,8.

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