Mein liebes Tagebuch

Das Rx-Versandverbot ist zurück! Zumindest die Forderung danach. Das Rx-Versandverbot wabert wieder durch die politischen Lüfte. Kein Wunder: Die EU-Kommission und Spahn kommen mit ihrem Rx-Boni-Verbot nicht in die Puschen. Voran geht’s dagegen mit den Vorbereitungen fürs Modellprojekt Grippeschutzimpfungen in Apotheken. Die Bundesapothekerkammer hat das Curriculum, die Leitlinien und Arbeitsanweisungen dafür verabschiedet. Jetzt sollten wir nur noch die Kleinigkeit klären: Was, bitteschön, dürfen wir dafür abrechnen? Und nicht nur wir haben da noch eine Frage: Soll in diesem Jahr allen Ernstes der Deutsche Apothekertag ausfallen? Was ist das denn für ein Signal? Ausgerechnet jetzt, wo es so drängende Herausforderungen und Probleme gibt? Ist es den Apothekers lieber, den Apothekertag ausfallen zu lassen, weil sie digital nicht „fein und subtil“ diskutieren können? Dabei täte ein frischer digitaler Wind diesem Gremium so gut! DAT goes digital! 

15. Juni 2020

E-Rezept, Digitalisierung, Apotheken-Apps und Apotheken-Plattformen – mein liebes Tagebuch, ein Markt, der heftig umkämpft wird, ein Markt, der sich rasant entwickelt und auch weiterhin für Überraschungen gut ist. Drei Plattformen versuchen derzeit, die Apotheken für sich zu gewinnen: der „Zukunftspakt Apotheke“ von Noweda, Burda-Verlag und Pharma Privat mit ihreapotheken.de, dann Phoenix und der Funke-Verlag mit deineapotheke.de und „Pro AvO“, eine Initiative von Wort & Bild-Verlag, Noventi, Rowa, Sanacorp und Gehe. Pro AvO will die Apotheken nun mit einer besonderen Idee gewinnen und ihnen die Teilnahme an ihrer Plattform schmackhaft machen: Die Apothekers sollen mittels einer neuen Genossenschaft an der App beteiligt werden. Genossenschaft! Per se ist die Rechtsform der Genossenschaft keine schlechte Idee. Wikipedia erklärt uns Genossenschaft so: ein Zusammenschluss oder Verband von (natürlichen oder juristischen) Personen zu Zwecken der Erwerbstätigkeit oder der wirtschaftlichen oder sozialen Förderung der Mitglieder durch gemeinschaftlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Na, mein liebes Tagebuch, ein hehres Ziel. Wir kennen Genossenschaft von unseren beiden genossenschaftlichen Großhandlungen Noweda und Sanacorp. Da funktioniert diese Form des Zusammenschlusses recht ordentlich. Bei Pro AvO sollen die Apothekers nun dadurch zur Teilnahme gelockt werden, dass sie an einem möglichen Erfolg beteiligt werden. Klingt freundlich, aber da sollte man dann schon mal genau hinschauen, wie die Genossen in diese Struktur der großen Player integriert werden. Immerhin ist da auch die Pharmahandlung Gehe von McKesson dabei, die nun mit Walgreens Boots Alliance fusionieren will. So gibt es Vermutungen, dass die Sanacorp den Genossenschafts-Gedanken mit eingebracht hat. Wie es heißt, soll die neue Genossenschaft innerhalb der Pro AvO als Anteilseigner in die Struktur zum Betrieb der Plattform integriert werden soll. Man wird sehen, wie und mit welchen Rechten das gelingt.

 

Für den Hamburger Kammerpräsidenten Kai-Uwe Siemsen reicht ein Dankeschön der Politik für die Apotheken nicht mehr aus. Die Leistungen müssten auch angemessen honoriert werden: „Jetzt wird es aber auch Zeit, neben einer strukturellen Absicherung den Apotheken und ihren Mitarbeitern die vorenthaltenen Honoraranpassungen der letzten sechzehn Jahre nachzuzahlen“, erklärt Siemsen in einem Video für die Kammermitglieder. Ja, mein liebes Tagebuch, wie Recht er hat. So langsam sollte die Politik tatsächlich darüber nachdenken, wie unser Honorar endlich auf einen vernünftigen Stand gebracht wird. Und wir sollten uns schon mal Vorschläge überlegen, wie eine Honoraranpassung aussehen könnte. Mein liebes Tagebuch, wie war das noch vor vier Jahren? Damals wollte Siemsen doch bei der Wahl zum ABDA-Präsidenten antreten, ließ es dann aber aufgrund der damaligen schweren politischen Situation sein (wir erinnern uns: es war das unsägliche EuGH-Urteil ergangen). Ob Siemsen für die kommende Wahl Ende des Jahres eine Chance sieht?

 

Die ABDA hat ein neues Positionspapier zum Thema Selbstmedikation herausgebracht, Titel: „Selbstmedikation als integraler Bestandteil einer umfassenden Arzneimittelversorgung“. Ja, man kann es nicht oft genug sagen: Die Selbstmedikation von Patienten mit rezeptfreien Arzneimitteln aus der Apotheke ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Gesundheitsversorgung und Daseinsvorsorge in Deutschland. Stefan Fink, Mitglied des ABDA-Gesamtvorstands sagt: „Rezeptfreie Medikamente sind keine Zusatzverkäufe in den Apotheken, sondern sie helfen Millionen Menschen und entlasten die Krankenkassenfinanzen.“ Mein liebes Tagebuch, Selbstmedikationsarzneimittel sind keine zweitrangigen Arzneimittel, die man sich eben mal aus dem Internet bei irgendwelchen Versendern bestellt – nein, es sind hochwirksame Präparate, die der fachlichen Begleitung durch die Apotheke vor Ort bedürfen. Da könnte man sich doch auch mal eine Kampagne dazu vorstellen…

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