Nach einem Semester „Nachhaltige Pharmazie“ an der Universität Freiburg können die Dozent:innen Karina Witte und Professor Michael Müller von einem Erfolgsmodell berichten. In der Spezialvorlesung mit Seminarcharakter diskutierten Studierende fachübergreifend Aspekte der nachhaltigen Pharmazie, von grüner Chemie über Gesundheitsförderung bis hin zur Arzneimitteltherapie. Nach der positiven Resonanz könnte die Pilotveranstaltung Schule machen.
In die Pharmazie erhält das Thema Nachhaltigkeit vor allem über die Universitäten Eingang. Der Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) eröffnete kürzlich die Arbeitsgruppe „Umwelt und Klima“, die am 1. Februar 2021 erstmals tagte. An der Universität Mainz organisierten Dozierende im Rahmen der Toxikologie ein Seminar mit dem Thema Nachhaltigkeit. In der Pharmazeutischen Chemie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg werden Nachhaltigkeitsaspekte schon länger thematisiert, zum Beispiel in zwei mehrtägigen Workshops zu „Arzneimitteln in der Umwelt“ oder dem Modul „Ethik und Nachhaltigkeit“. Im gerade beendeten Wintersemester widmete sich sogar eine eigene Lehrveranstaltung dem Thema „Nachhaltige Pharmazie“.
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Wöchentlich diskutierten Lehrende und Studierende 45 Minuten lang Aspekte zur Nachhaltigkeit auf allen Lebensetappen von Arzneimitteln. Unter anderem griff die Veranstaltung die Entwicklung, die Anwendung und die Entsorgung von Arzneimitteln auf. Auch die Auswirkungen der Klimakrise auf die Gesundheit beleuchteten die Teilnehmer:innen des Seminars ebenso wie ökonomische und soziale Implikationen. „Wir konnten viele Themen ansprechen. Doch wir bemerkten schnell, dass wir noch deutlich mehr Aspekte beleuchten könnten, wenn die Studierenden mehr Zeit für die Thematik hätten“, so die Apothekerin und Diplom-Pharmazeutin Karina Witte.
Nun, da die Semesterferien beginnen, zieht die Doktorandin Bilanz und berichtet, dass die Teilnehmenden das Seminar überaus gut aufnahmen. Neben den Inhalten stieß auch der Seminarcharakter unter den Studierenden auf positive Resonanz. Im Zuge der Veranstaltung beschäftigten sie sich mit Texten und Studien zu Aspekten der Nachhaltigkeit sowohl im Allgemein als auch speziell in der Pharmazie. Im Anschluss erörterten sie gemeinsam die sich daraus ergebenden Fragestellungen und versuchten, echte oder vermeintliche Lösungen zu analysieren. „Wir wollten die Studierenden dazu befähigen, sich künftig in ihrem Berufsleben die Frage nach der Nachhaltigkeit bewusst zu stellen und Verantwortung zu übernehmen“, so Witte. Insgesamt besuchten etwa 70 Studierende regelmäßig die Spezialvorlesung „Nachhaltige Pharmazie“. Jeweils etwa die Hälfte der Teilnehmer:innen studieren Pharmazie (Staatsexamen) oder pharmazeutische Wissenschaften. Zudem nahmen Studierende der Chemie, Liberal Arts and Sciences und Sustainable Materials an der Vorlesung aktiv teil.
Langfristige Lehreinheit erwünscht
An der Universität Freiburg forscht Professor Michael Müller gemeinsam mit Karina Witte an biokatalytischen Methoden und damit auf einem Gebiet, das auch die Belastung der Umwelt durch Arzneimittel thematisiert. Auf Initiative Wittes nutzten sie die Möglichkeit der rotierenden Spezialvorlesung an der Universität Freiburg, um Nachhaltigkeit im pharmazeutischen Sinne in die Lehre zu integrieren. Durch das Angebot von Spezialvorlesungen erhalten die Studierenden die Möglichkeit sich modernen Forschungsfeldern zu nähern. Die Spezialvorlesung geht im nächsten Semester an ein anderes Forschungsgebiet der Pharmazeutischen Chemie. Und nicht nur in Zeiten der Pandemie ist es schwierig, in einem vollen Studium wie der Pharmazie zusätzliche Kapazitäten in der Lehre binden zu können. Trotzdem hofft Witte, nach dem Erfolg mit der Veranstaltung „Nachhaltige Pharmazie“ eine Lösung zu finden, um das Thema langfristig in der Lehre integrieren zu können.
Witte möchte auch die Pharmacists for Future unterstützen. Diese trafen sich erstmals am 2. Februar über die Online-Plattform Zoom. Die Gruppierung lehnt sich den Forderungen der Fridays for Future-Bewegung an und beschäftigt sich mit Fragen der Nachhaltigkeit, die speziell für Apotheker:innen relevant sind. Unter anderem wollen sie Umweltaspekte flächendeckend in die Ausbildung integrieren und Bildungsangebote sowohl während als auch nach dem Studium schaffen.
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