Das Antihistaminikum Desloratadin wird es künftig auch verschreibungsfrei in Apotheken geben. Dafür hat vergangene Woche das Bundesverwaltungsgericht den Weg frei gemacht. Mit dem Urteil ist ein langjähriger Rechtsstreit beendet, den Hexal gegen das Bundesgesundheitsministerium geführt hat.
Hexal kann sein Portfolio rezeptfreier Allergie-Arzneimittel bald erweitern. Schon in der Vergangenheit hat sich das Unternehmen dafür eingesetzt, dass verschiedene Wirkstoffe zur Behandlung von Allergien aus der Verschreibungspflicht entlassen wurden – etwa Mometason (MometaHexal®) und Levocetirizin. Bald dürfte es bei Hexal auch Desloratadin als Präparat für die Selbstmedikation geben. Dafür hat das Unternehmen diesmal besonders vehement kämpfen müssen: Denn obwohl der beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ansässige Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht bereits 2013 empfohlen hat, Desloratadin zur symptomatischen oralen Behandlung bei allergischer Rhinitis und Urtikaria bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab zwei Jahren aus der Verschreibungspflicht zu entlassen, ist das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nicht tätig geworden. Eine entsprechende Anpassung der Arzneimittelverschreibungsverordnung hat bis heute nicht stattgefunden.
BMG verweist auf zentral zugelassene Präparate
Und das geschah nicht aus medizinischen Gründen – dass es sich um sichere Arzneimittel handelt, bezweifelte keiner. Vielmehr verwies das Ministerium darauf, dass es im deutschen Markt neben national zugelassenen Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Desloratadin auch solche mit zentraler Zulassung gebe. Eine Entlassung aus der Verschreibungspflicht komme erst dann in Betracht, wenn die EU-Kommission dies auch für die zentral zugelassenen Arzneimittel anordne.
Hexal ließ das nicht auf sich sitzen und bohrte nach. Und so erbat das BMG bei der EU-Kommission selbst eine Stellungnahme. Diese erklärte daraufhin, sie erkenne das Recht der EU-Mitgliedsstaaten an, selbst über die Verschreibungspflicht zu entscheiden. Dennoch hielt das BMG an seiner zuvor getroffenen Entscheidung fest. Aus Gründen der Arzneimittelsicherheit könne es keinen gespaltenen Markt für identische Produkte geben, so das Argument. Es sei nicht vermittelbar dass Arzneimittel mit identischer Risikolage teilweise verschreibungspflichtig sind und teilweise nicht. Daraufhin erhob Hexal Klage: Das Unternehmen wollte festgestellt wissen, dass es einen Anspruch auf Aufhebung der Verschreibungspflicht hat.
Die erste Klage dieser Art
Damit betrat Hexal Neuland. Eine Klage dieser Art auf einen OTC-Switch hatte zuvor noch kein Unternehmen gewagt. Dafür gibt es Gründe: Rechtlich ist dies nicht ganz einfach. Das Verfahren zur Entlassung von Arzneimitteln aus der Verschreibungspflicht ist nicht gesetzlich oder durch eine Verordnung geregelt. Es sind verschiedene Behörden beteiligt: Ein BfArM-Ausschuss empfiehlt, das Ministerium greift dies dann in einer Verordnung, der der Bundesrat zustimmen muss, auf – oder eben nicht. Einen richtigen Verwaltungsakt, den man als Bürger oder Unternehmen juristisch angreifen könnte, gibt es nicht. Ebenso wenig einen direkten Anspruch.
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