COVID-19: Intensivstationen in Schweden an der Kapazitätsgrenze? – Heilpraxis

Auslastung der Kliniken in Schweden erreicht kritische Grenze

Lange hat Schweden im Zuge der COVID-19-Pandemie einen Sonderweg verfolgt, der auf weniger Restriktionen beruhte und eher Empfehlungen an die Bevölkerung aussprach. Doch die drastisch steigenden Infektionszahlen hatten die Regierung im vergangenen Monaten dazu veranlasst, ihre Herangehensweise zu ändern und strengere Regeln zur Kontaktbeschränkung umzusetzen. Dennoch sind die Zahlen weiter gestiegen und jetzt werden in ersten schwedischen Regionen die Plätze auf den Intensivstationen knapp.

Der Sonderweg, den Schweden bei der Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 beschritt, scheint auf fatale Weise gescheitert: Schweden hat die höchsten Infektionszahlen und die meisten Todesfälle unter den skandinavischen Ländern. Die schwedische Regierung sah sich daher im vergangenen Monat zu einer Anpassung ihres Kurses gezwungen und aktuelle warnt der Direktor der Gesundheitsbehörde Region Stockholm Healthcare, Björn Eriksson, in einem Beitrag des Fachmagazins „BMJ“ vor Engpässen auf den Intensivstationen.

Maßnahmen der schwedischen Regierung

Der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven hatte angesichts der hohen Infektionszahlen vergangene Woche bereits angekündigt, das Verbot von Versammlungen mit mehr als acht Personen bis zu den Weihnachtsferien vorzusetzen und weiterführende Schulen wurden angewiesen, für den Rest des Schuljahres auf Fernunterricht umzustellen. Weitere Maßnahmen wie die Schließung von Einkaufszentren und Fitnessstudios sind noch in der Diskussion.

Weiterhin hohe Infektionszahlen

Am 10. Dezember meldete Schweden 10.464 neue COVID-19-Fällen, womit sich die Gesamtzahl der bestätigten Infektionen auf 320.098 erhöhte. Bis heute gab es 7.514 COVID-19-Todesfälle in Schweden, davon 2.836 in der Hauptstadt Stockholm und Umgebung, beichtet das British Medical Journal (BMJ). Derzeit werden 1.989 Menschen mit COVID-19 stationär in schwedischen Kliniken behandelt, davon 258 auf Intensivstationen. Damit seien die Kapazitäten der Intensivstationen landesweit zu 78 Prozent ausgelastet.

Stockholm besonders betroffen

Besonders kritisch ist die Situation in der schwedischen Hauptstadt Stockholm und Umgebung. Hier ist die Inzidenz in den letzten 14 Tagen auf 756 Fälle pro 100.000 Einwohner gestiegen. Zum Vergleich die Zahlen der benachbarten skandinavischen Länder: Dänemark 434 Fälle pro 100.000 Einwohner, Finnland 116 Fälle pro 100.000 Einwohner und Norwegen 97 Fälle pro 100.000 Einwohner. Deutschland liegt laut Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) aktuell bei 176 Fällen pro 100.000 Einwohner.

Fehlendes Personal auf den Intensivstationen

Die Intensivstationen in und um Stockholm stehen unter hohem Druck und zum ersten Mal während der Pandemie sind sie nahe an der Kapazitätsgrenze, warnt Eriksson. „Bisher waren wir dem Virus einen Schritt voraus, indem wir kontinuierlich mehr Pflegeplätze geschaffen haben, damit sie zur Verfügung stehen, wenn der Bedarf entsteht. Jetzt wird das Pflegepersonal aber so stark beansprucht und die Spielräume sind so eng, dass ich am 10. Dezember das National Board of Health and Welfare offiziell um mehr Fachpersonal gebeten habe“, berichtet der Direktor von Region Stockholm Healthcare gegenüber dem „BMJ“.

Zwar lasse sich die Anzahl der Betten auf den Intensivstationen erhöhen, doch gebe es nicht genügend Fachpersonal, um sie zu nutzen, so Eriksson weiter. Eine Option, die in Betracht gezogen werde, um die Engpässe zu schließen, sei das „Ausleihen“ von geschultem Personal von privaten Pflegeanbietern.

Infektionszahlen müssen sinken

An erster Stelle muss jedoch nach Einschätzung von Johan Styrud, Vorsitzender der Stockholmer Ärztekammer und Chefarzt des Danderyd-Krankenhauses in Stockholm, die Eindämmung der Infektionen stehen. Er wünsche sich daher eine striktere Einhaltung der staatlichen Richtlinien, um das Gesundheitssystem zu entlasten, betont der Experte im „BMJ“. (fp)

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