Chinesische Forscher zeigen: Coronavirus ist bereits mutiert

Schon lange wird vermutet, dass das Coronavirus mutieren könnte. Eine solche Mutation wäre auch nichts ungewöhnliches für ein Virus. Jetzt zeigen chinesische Forscher, dass es bereits zwei Typen von Sars-CoV-2 gibt. Virologe Drosten sieht in der Studie allerdings Schwächen. 

Chinesische Wissenschaftler haben die molekulare Struktur des Sars-CoV-2-Virus untersucht und sie mit anderen Coronaviren verglichen. Dabei fanden sie heraus, dass das aktuelle Virus zwei unterschiedliche Stränge aufweist: einen L-Typ und einen S-Typ. Die Forscher analysierten dafür 103 komplette Genomsequenzen. 

Aktuell sei der L-Typ derjenige, der bei den meisten Infizierten vorzufinden ist – er treffe auf 70 Prozent zu. Nur 30 Prozent der Infizierten leiden hingegen am S-Typ, obwohl dieser laut den Wissenschaftlern der ältere ist und aus Wuhan kommt.

Der L-Typ hat sich offenbar aus dem S-Typ heraus entwickelt. Da der L-Typ sich wohl schneller verbreitet, schließen die Wissenschaftler, dass er der aggressivere sein könnte, wie sie es vorsichtig in ihrer Studie formulieren.

Mutationen sind bei einem Virus normal

Weil er eine Mutation des S-Typs darstellt, fürchten die Wissenschaftler, dass dies zu Problemen führen kann, was zum Beispiel die Entwicklung eines Impfstoffs angeht, da dieser immer nur für einen Typen entwickelt wird.

Der britische Forscher Stephen Griffin sieht das jedoch entspannt. Gegenüber dem „Telegraph“ erklärt er, dass eine solche Mutation normal sei – schließlich müsse das Virus, das sich ursprünglich offenbar in Tieren vermehrt hatte, sich erst einmal an seine neuen Wirte, die Menschen, anpassen. Dabei handle es sich um einen normalen Prozess.

Auch das Robert Koch Institut (RKI) erklärt: „Es gibt immer die Möglichkeit, dass Viren sich genetisch verändern. Mutationen verändern aber nicht automatisch die Eigenschaften des Virus.“ Die Mutation eines Virus muss demnach nicht zwangsläufig bedeuten, dass dieses für den Menschen gefährlicher wird.

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    Im NDR-Interview sagt Christian Drosten, Virologe von der Charité in Berlin, zu der Studie: "Es ist erst mal so, dass es ganz schwierig, wenn nicht sogar unmöglich ist, anhand von Sequenzen alleine zu sagen, ob ein Virus gefährlich oder nicht gefährlich ist, ob es mehr oder weniger repliziert oder ob es mehr oder weniger Menschen krank macht. Das können wir nicht an den Genomen ablesen, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen."

    Auch seien in der Studie viele Missverständnisse aufgetreten. "Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Autoren, die diese Studie gemacht haben, wirklich Erfahrung mit Virusevolution haben", sagt Drosten. Er vermutet, dass einige der Schlüsse eher aus der Tiergenetik abgeleitet worden seien und unterstellt den Autoren "gefährliches Halbwissen".

    Problematisch sei auch, wie die Daten interpretiert worden seien. Man sehe aus den Daten, dass in der ersten Phase vor allem der S-Typ vorgekommen sei und später dann der L-Typ, der sich dann auch international verbreitet habe. Die Interpretation, dass der L-Typ aggressiver sei, ist laut Drosten allerdings nicht zwangsläufig richtig. Auch seien einige Schlüsse in der Studie spekulativ.  

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