Die WHO berichtet über ein Risikosignal für Herzrhythmusstörungen unter Ginkgo-Präparaten. Treten Herzrhythmusstörungen neu auf oder verschlechtern sich, sollte gezielt nach Ginkgo-biloba-Präparaten gefragt werden, rät das Arznei-Telegramm. Dabei ist vor allem interessant, dass auch Arrhythmien ursächlich für Ohrgeräusche sein können – und das vielleicht erst zur Ginkgo-Einnahme führt.
Verursacht Ginkgo biloba Herzrhythmusstörungen? Diese Frage beschäftigte das Arznei-Telegramm (medizinische Fachzeitschrift, eigenen Angaben zufolge „neutral, unabhängig und anzeigenfrei“) in seiner achten Ausgabe. Zunächst hatte die Weltgesundheitsorganisation im „WHO Pharmaceuticals NEWSLETTER No. 3, 2020“ im Sommer darüber berichtet. Ginkgo-Extrakte setzt die Pharmazie als apothekenpflichtige Arzneimittel ein:
- bei demenziellem Syndrom und Gedächtnisstörungen,
- leichter Demenz (nur 240 mg, zum Beispiel Tebonin® konzent 240 mg),
- zur Verlängerung der schmerzfreien Gehstrecke bei PAVK (peripher arterielle Verschlusskrankheit),
- bei Schwindel und
- Tinnitus (zum Beispiel Tebonin® 120 mg bei Ohrgeräuschen).
Daneben finden sich zahlreiche Nahrungsergänzungsmittel mit ginkgohaltigen Extrakten.
Bei Demenz: Ginkgo wird von der GKV erstattet
Ginkgo-Extrakt findet sich auch auf der „OTC-Ausnahmeliste“ – konkret: in Anlage I zur Arzneimittel-Richtlinie „Zugelassene Ausnahmen zum gesetzlichen Verordnungsausschluss nach § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V (OTC-Übersicht)“. Dort aufgeführte Arzneimittel erstattet die GKV auch für Erwachsene, obwohl sie nicht verschreibungspflichtig sind. Voraussetzung ist, dass sie Standardtherapeutika zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen sind, dazu zählt auch Ginkgo-biloba-Extrakt mit einer Stärke von 240 mg (Aceton-Wasser-Auszug, standardisiert 240 mg Tagesdosis) zur Behandlung der Demenz.
Ohrgeräusche durch Herzrhythmusstörungen
Die WHO wertete 162 Verdachtsmeldungen zu Herzrhythmusstörungen aus, die sie bis September 2019 erreicht hatten, die meisten (56 Prozent) aus Deutschland und Korea. In 92 Fällen kam als einzig verdächtiges Mittel für die berichteten Herzbeschwerden ein Ginkgo-biloba-haltiges Präparat infrage. Zwei Drittel der Patienten waren weiblich und 70 Prozent über 45 Jahre alt. Zumeist wurde Ginkgo aufgrund von Tinnitus oder Ohrgeräuschen oder Alzheimer und Gedächtnisstörungen eingenommen, aber auch zur unspezifischen Prophylaxe. Teilweise wurde es intramuskulär oder intravenös angewendet.
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Interessant ist, dass Arrhythmien selbst zu Ohrgeräuschen führen können, somit sei nicht ausgeschlossen, dass bei manchen Patienten bereits vor Einnahme von Ginkgo zur Tinnitusbehandlung Herzrhythmusstörungen bestanden hätten, so Professor Joanne Barnes (Neuseeland) und Dr. Florence van Hunsel (Niederlande), die den WHO-Bericht erstellten.
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