Osterruhetage, Lockdown, Lockerungen, Sonderwege – während die Politiker über den Umgang mit der Corona-Pandemie streiten, schießen die Infektionszahlen weiter in die Höhe. Ist die dritte Welle jetzt noch aufzuhalten? Virologe Christian Drosten findet deutliche Worte – und warnt vor Wissenschaftsleugnung.
"Natürlich können wir die dritte Welle aufhalten – die Frage ist, mit welchen Maßnahmen und zu welchem Preis", so Christian Drosten in seinem neuen "NDR-Podcast. "Ich glaube, es wird nicht ohne einen neuen Lockdown gehen, um die Dynamik noch einmal zu verzögern. Es wurde viel Zeit verschwendet und ich glaube, es wird nichts anders helfen als diese Holzhammer-Methode, um die Dynamik, die sich jetzt bereits eingestellt hat, noch einmal zu verzögern."
Die Holzhammer-Methode sei notwendig, da in einer Mischung aus irreführenden Debatten mit sich "immer weiter von wissenschaftlichen Befunden entfernenden Argumenten" und einer "schier undurchdringlichen Bürokratie bei der Umsetzung von Maßnahmen" wertvolle Zeit vergeudet worden sei. Zeit, in der bessere Werkzeuge für die Pandemiebekämpfung hätten entwickelt werden können.
Christian Drosten sagt "hohe Inzidenzwelle" voraus
Was das Infektionsgeschehen angeht, so sagt Drosten einen weiteren Anstieg der Inzidenzwerte in den kommenden Wochen voraus. Die dritte Welle habe sogar noch früher begonnen, als Modellierungen es berechnet hätten.
Der Virologe findet deutliche Worte: "Wenn wir eine hohe Inzidenzwelle bekommen, wird die Bevölkerung reagieren und dann wird wirklich auch ein wirtschaftlicher Schaden gesetzt. Wenn wir in einen Bereich kommen, wo die Bevölkerung mit den Füßen abstimmt und sagt: 'Ich habe Angst, weil es in meiner Verwandtschaft Todesfälle gab', dann ist dieser Schaden nachhaltig, dann ist es nicht mehr zu steuern."
Modellprojekte können unrealistische Vorstellungen erzeugen
Es gebe in der Präsentation der Pandemie-Entwicklung – sei es in Medien, in der Politik oder in bestimmten sozialen Gruppen -, Tendenzen, in denen er Grundmotive der Wissenschaftsleugnung erkenne, sagt Drosten. "Argumente fern jeglicher Wissenschaft verzerren die Wahrnehmung und erzeugen Druck, vor allem auf die Politik."
Diese Art von Druck habe womöglich auch dazu geführt hat, dass im ganzen Land Modellprojekte vorangetrieben würden. Drosten befürchtet, dass die Bevölkerung eine falsche Vorstellung davon bekomme, was die Optionen im Umgang mit der Pandemie seien. "Keines der Modellprojekte hat bis jetzt bewiesen, dass das funktioniert."
Virologe zeigt sich besorgt von B.1.1.7. – und gibt Entwarnung bei Indien-Mutation
Sorge macht dem Wissenschaftler vor allem die britische Virusvariante B.1.1.7. , die in Deutschland bereits in über 90 Prozent der im Labor untersuchten Infektionsfälle nachgewiesen worden sei. "Wer diagnostiziert wird mit diesem Virus, hat eine höhere Wahrscheinlichkeit, ins Krankenhaus zu müssen und auch zu versterben", warnt Drosten.
Am Wochenende hatten Berichte über Doppel-Mutationen in Indien aufgeschreckt. Diesbezüglich gibt Christian Drosten leichte Entwarnung. "Die Doppel-Mutation, wie sie jetzt in Indien aufgetaucht ist, trägt keine Kreuzung zweier Mutationen, sondern zwei gemeinsam auftretende Mutationsmerkmale. Andere Varianten haben sogar drei oder vier solcher Merkmale." Es handele sich vermutlich um eine Mutante mit einem leichten Immun-Escape.
Erste Update-Impfstoffe wird es vermutlich im Herbst geben
Drosten rechnet damit, dass es im Herbst die ersten Update-Impfstoffe geben wird. Mit geringem Aufwand könne man damit die meisten Mutanten erfassen, die weltweit entstehen.
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