Mit einem barrierefreien Zugang zur Offizin wird nicht nur eine Forderung der Apothekenbetriebsordnung erfüllt, sondern auch dem Wunsch vieler Kunden Rechnung getragen. Denn wer mit einem Rollstuhl, einem Rollator oder einem Kinderwagen unterwegs ist, kann keine Stufen überwinden und sucht deshalb bevorzugt Geschäfte auf, die ohne Hindernisse erreicht werden können. Barrierefreiheit ist daher nicht nur ein notwendiges Übel, sondern auch eine Zukunftschance für die öffentlichen Apotheken.
Seit 2012 heißt es in § 4 Abs. 2a Apothekenbetriebsordnung: „Die Offizin muss einen Zugang zu öffentlichen Verkehrsflächen haben und soll barrierefrei erreichbar sein.“ Eine weitere Verständnishilfe gibt es für diese Anforderung in der Apothekenbetriebsordnung nicht. Erst flankierende rechtliche Rahmenbedingungen schaffen Klarheit. Hierzu zählen insbesondere landesbauordnungsrechtliche Vorgaben zu öffentlich zugänglichen Gebäuden – was letztlich jede Apotheke ist – und die darüber als Verwaltungsvorschrift eingeführten Technischen Baubestimmungen, welche die normativen Grundlagen und Richtlinien darstellen.
In der Praxis stellt dies Apotheker vor erhebliche Herausforderungen. Oft befindet sich die Apotheke in Gebäuden, die mitunter auch schon 100 Jahre alt sind. Schwellenfreie Zugänge gibt es quasi bei solchen Gebäuden nicht. Den wirkungsvollsten Witterungsschutz stellten damals Stufen oder Schwellen dar. Erschwerend kommt hinzu, dass häufig die Offizin unmittelbar von der Grundstücksgrenze aus zugänglich ist; beispielsweise bei Innenstadtlagen, wo die Gebäude direkt an der Grundstücksgrenze liegen.
So verwundert es wenig, dass speziell Apotheken mit langer Tradition heute vor der Herausforderung stehen, die Offizin barrierefrei erreichbar zu gestalten. Meist tritt die Problematik dann auf, wenn die Apotheke an die nächste Betreibergeneration übergeben werden soll. Praxisnahe barrierefreie Lösungen sind gefragt, welche sich ohne einen unverhältnismäßigen Kostenaufwand umsetzen lassen.
In der Regel bedarf es einer konstruktiven Lösung. Mit anderen Worten: Sofern es die Topografie nicht zulässt, kann das Höhenniveau zwischen Straße und Offizin nur mittels eines Aufzugs, eines Lifts oder einer Rampe überwunden werden. In jedem Fall stellt sich die Frage: Wohin damit? Entweder die Konstruktion kann auf dem Grundstück der Apotheke oder muss – sofern hierzu eine Erlaubnis erteilt wird – im Bereich der öffentlichen Verkehrsfläche (Gehweg) hergestellt werden.
Letztlich sind die Anforderungen als Zukunftschance zu sehen, denn nur durch die barrierefreie Zugänglichkeit der Offizin sind überhaupt die seit Jahrzehnten wiederkehrenden Stammkunden zu halten. Hinzu kommt die Darstellung in digitalen Medien, wie beispielsweise Facebook, Instagram und WhatsApp (um nur einige zu nennen), welche fortlaufend ihre Community über die Barrierefreiheit oder Mängel und Missstände informieren. Auch Internetportale wie zum Beispiel Wheelmap.org dokumentieren die Barrierefreiheit unter anderem von Apotheken. So lassen sich mit einer barrierefreien Zugänglichkeit der Offizin – quasi automatisch – neue Kunden gewinnen.
Welche Möglichkeiten es dabei gibt und mit welchen Kosten man rechnen muss, erläutert Dipl.-Ing. (FH) Lutz Engelhardt, Architekt, Fachbuchautor und Herausgeber des „Atlas barrierefrei bauen“, in AZ 2020, Nr. 50, S. 6
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