Uni ermittelt wahre Kosten von Nahrungsmitteln
Wer Preise im Supermarkt vergleicht, hat sich wahrscheinlich schon mal über die großen Schwankungen bei verschiedenen Produkten der gleichen Art gewundert. Besonders deutlich ist der Unterschied zwischen konventionellen Lebensmitteln und Bio-Artikeln. Doch ist der immens höhere Preis gerechtfertigt? Forschende zeigten in einer aktuellen Berechnung, dass Bio-Lebensmittel lange nicht so viel teurer wären, wenn alle Aspekte der Herstellung mit in den Preis einbezogen werden.
Forschende der Universität Greifswald haben mit Unterstützung der PENNY Markt GmbH in einer aktuellen Untersuchung die wahren Kosten berechnet, die für gängige Lebensmittel erhoben werden müssten. Dabei wurden Faktoren der Treibhausgasemissionen, der reaktiven Stickstoffemissionen, des Energieverbrauchs und der Landnutzungsänderungen berücksichtigt.
Warum konventionelle Lebensmittel so viel günstiger sind
Die Arbeitsgruppe ging der Frage nach, wie viel Lebensmittel kosten würden, wenn alle Aspekte der Herstellung mit einbezogen werden würden. Denn Kosten für ökologische Schäden, die bei nicht nachhaltiger Lebensmittelproduktion entstehen, werden derzeit an ganz anderer Stelle wieder aufgeschlagen. Mit dem Projekt wollen die Forschenden den wirklichen Wert von Nahrungsmitteln darlegen. Vor allem bei tierischen Produkten wäre laut der Untersuchung ein ordentlicher Aufschlag fällig.
In der vorherrschenden Landwirtschaft fallen Kosten an, die derzeit nicht von den Produzenten bezahlt, sondern indirekt von der Allgemeinbevölkerung gedeckt werden, betont die Greifswalder Forschungsgruppe. Denn bei der Herstellung von Lebensmitteln entstehen nicht nur reine Produktionskosten, sondern auch ökologische und soziale Folgekosten.
Beispiel Trinkwasser
Die Kosten für Trinkwasser steigen seit Jahren an. Ein Grund für höhere Wasserrechnungen seien steigende Nitratgehalte im Grundwasser, die vorwiegend durch synthetische Stickstoffdüngung entstehen.
Marktfehler bei der Lebensmittel-Bepreisung
Die Forschenden trugen alle bekannten Faktoren zusammen und ließen die entstehenden Kosten in die Bepreisung gängiger Produkte einfließen. Dabei zeigte sich ein zum Teil klaffender Unterschied zwischen aktuellen Preisen und dem wahren Wert, der erhoben werden müsste, um die Schäden zu decken. Besonders bei konventionellen und tierischen Produkten war diese Kluft groß.
Marktvorteil für konventionelle Billig-Produkte
Da die Verursacher nicht für Schäden aufkommen müssen, können sie ihre Waren preiswerter anbieten. Konsumentinnen und Konsumenten werden deshalb dazu verleitet, günstige, aber nicht nachhaltige Lebensmittel zu bevorzugen.
Wahre Kosten mitunter drei mal so teuer
Manche Produkte wie beispielsweise gemischtes Hackfleisch müsste der Berechnung zufolge knapp dreimal so teuer sein, wenn die Auswirkungen der Produktion durch den Kaufpreis abgedeckt werden würden. Dazu zählen beispielsweise entstehende Treibhausgase, Landnutzungsänderungen, der Einsatz reaktiver Stickstoffe und Energieverbrauch.
Biologisch produzierte Lebensmittel näher am wahren Wert
Auch bei biologisch hergestellten Artikeln werden solche Folgekosten nicht einbezogen. Doch aufgrund natürlicheren Produktionspraktiken wie dem Verzicht auf synthetischen Stickstoffdünger sowie auf importierte Futtermittel sei der Preisaufschlag hier geringer.
Wie viel teuer müssten Lebensmittel sein?
Wie die Forschenden ermittelt haben, müssten folgende Preisaufschläge erhoben werden, um die Folgekosten der Produktion realistischer zu decken:
- Äpfel: konventionell acht Prozent; biologisch vier Prozent;
- Bananen: konventionell 19 Prozent; biologisch neun Prozent;
- Kartoffeln: konventionell 12 Prozent; biologisch sechs Prozent;
- Tomaten: konventionell 12 Prozent; biologisch fünf Prozent;
- Mozzarella: konventionell 52 Prozent; biologisch 30 Prozent;
- Gouda: konventionell 88 Prozent; biologisch 33 Prozent;
- Milch: konventionell 122 Prozent; biologisch 69 Prozent;
- Fleisch (gemischt): konventionell 173 Prozent; biologisch 126 Prozent.
Warum tierische Produkte so hohe Kosten verursachen
„Die hohen Kosten tierischer Lebensmittel können vor allem durch die ressourcenintensive Aufzucht und Fütterung der Tiere erklärt werden“, berichtet das Forschungsteam. Bei der Produktion von pflanzlichen Lebensmitteln sei der Anteil anfallender Emissionen deutlich geringer. Zudem fallen Energiekosten durch Beheizung und Belüftung von Ställen weg.
Die Forschenden möchten mit ihrem Berechnungsmodell weitere Forschungsarbeiten und gesellschaftliche Diskussionen anstoßen sowie politische Entscheidungsträgerinnen und -träger auf das Problem aufmerksam machen. (vb)
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