Anti-Kater-Mittel: Helfen Hang&Over, Katerfly & Co. wirklich?

Die einen schwören auf dubiose Mixturen wie Kaffee mit Zitrone, die anderen auf ein deftiges Frühstück mit Rührei oder Rollmops. Hartgesottene greifen einfach zum Konterbier. Nur ertragen will ihn niemand: den Kater, dieses bösartige Vieh, das jeden Alkoholexzess mit Kopfschmerzen, Übelkeit und allgemeiner Niedergeschlagenheit bestraft.

Wäre es nicht schön, wenn sich die unangenehmen Folgen des Rausches einfach wegzaubern ließen? Mit Präparaten wie Katerfly oder Hang&Over soll das möglich sein. Glaubt man, was ihre Namen suggerieren, können die Brausetabletten und Pulver weit mehr, als man sich von altbekannten Anti-Kater-Tricks zu erhoffen wagt: Angeblich bewirken sie, dass der Kater einfach wegfliegt beziehungsweise vorübergeht. Was ist dran an solchen Versprechen?

Wirksamkeit nicht nachgewiesen

Keines der angeblichen Anti-Kater-Mittel ist je in klinischen Studien getestet worden. Da es bisher also keinen Nachweis für ihre Wirksamkeit gibt, dürfen die Hersteller auch nicht explizit einem Anti-Kater-Effekt werben. Auf den Etiketten ist daher meist nur vage von einer “revitalisierenden” Wirkung die Rede.

Viel mehr ist angesichts der Inhaltsstoffe wohl auch nicht zu erwarten. Die Präparate enthalten nämlich leider keinen neuartigen Wunder-Wirkstoff, der die schädlichen Effekte des Alkohols augenblicklich aufhebt. Sie sind hauptsächlich aus Vitaminen und Mineralstoffen zusammengesetzt, die auch in normalen Nahrungsmitteln stecken – oder etwas höher dosiert in preisgünstigen Brausetabletten aus dem Supermarkt: Vitamin C, die Vitamine B2, B6 und B12, Kalium, Magnesium, Natrium und Zink.

Mineralien und Vitamine kann der Körper nach einem Alkoholexzess zwar durchaus gut gebrauchen, da man im betrunkenen Zustand mehr Urin und damit auch mehr Mineralstoffe ausscheidet. Die katertypischen Kopfschmerzen entstehen aber nicht durch den Verlust von Mineralstoffen oder Vitaminen. Medizinerinnen und Mediziner gehen vielmehr davon aus, dass ein Mangel an Flüssigkeit die Schmerzen hervorruft. Und der lässt sich recht einfach durch Trinken (nicht-alkoholischer Getränke) beheben.

Auch die alkoholbedingten Magen-Darm-Beschwerden lassen sich nicht auf einen Mangel an irgendwelchen Nährstoffen zurückführen – und daher auch nicht durch eine Extraportion dieser Stoffe lindern. Dass viele – spätestens am Tag nach dem Rausch – unter heftiger Übelkeit leiden oder sich sogar erbrechen müssen, hängt wahrscheinlich eher damit zusammen, dass Alkohol den Magen reizt und seine giftigen Abbauprodukte Nerven schädigen.

Mögliche Effekte einzelner Inhaltsstoffe

Mineralstoffe und Vitamine verleihen dem Kater also leider keine Flügel. Doch was ist mit Superfoods wie zum Beispiel Ginseng oder Kaktusfeige, die in einigen der Präparate enthalten sind? Darf man sich von diesen Pflanzenextrakten mehr erhoffen?

Auch deren Wirksamkeit ist bislang nicht hinreichend belegt. Die wenigen Untersuchungen, die sich dazu finden lassen, sind aufgrund der kleinen Teilnehmerzahlen und teils großer methodischer Mängel nicht wirklich aussagekräftig.

Die recht häufig zitierte Studie zum Anti-Kater-Effekt von rotem Ginseng kam zwar zu einem bemerkenswerten Ergebnis: Probanden, die nach einem Whiskey-Shot Wasser mit Ginseng-Extrakt getrunken hatten, bauten den Alkohol schneller ab als Teilnehmer, denen nach dem Whiskey reines Wasser serviert worden war. Diese Untersuchung ist aber nur bedingt vertrauenswürdig, weil einer der Autoren bei der Korea Ginseng Corporation arbeitet.

Das Fazit …

… ist ernüchternd: Ein Kater lässt sich nicht durch Nahrungsergänzungsmittel verscheuchen. Wem es einfach nur darum geht, seinem Körper am Tag nach der Party etwas Gutes zu tun, sollte viel trinken, sich ausruhen, vielleicht einen entspannten Spaziergang machen und – falls der Magen dann nicht rebelliert – mineralstoff- und vitaminreich frühstücken.

Wer starke Beschwerden hat, sollte im Zweifel zum Arzt, denn: “Kater” klingt zwar niedlich, ist aber aus medizinischer Sicht nichts anderes als eine akute Alkoholvergiftung, die gefährliche Folgen haben kann.

Quellen

Alkohol (Intoxikation und Abhängigkeit). Online-Informationen von AMBOSS: www.amboss.de (Stand: 5.11.2019)

Gericht verbietet Werbung für Hangover-Shot: Alkohol-Kater ist eine Krankheit. Online-Informationen der Deutschen Apotheker Zeitung: www.deutsche-apotheker-zeitung.de (Stand: 25.9.2019)

Palmer, E., et al.: Alcohol Hangover: Underlying Biochemical, Inflammatory and Neurochemical Mechanisms. Alcohol and Alcoholism, Vol. 54, Iss. 3 (Mai 2019)

Alkohol. Der Kater – wissenschaftlich betrachtet. Online-Informationen der Pharmazeutischen Zeitung: www.pharmazeutische-zeitung.de (Stand: 28.2.2019)

Kaktusfeige: Hilfe gegen Kater? Online-Informationen von Medizin Transparent: www.medizin-transparent.at (Stand: 31.12.2017)

Lee, M-H., et al.: Red ginseng relieves the effects of alcohol consumption and hangover symptoms in healthy men: a randomized crossover study. Food & Function, Vol. 5, Iss. 7, pp. 528-534 (Dezember 2013)

Weitere Informationen

Onmeda-Lesetipps

  • Hausmittel gegen Kater: Was hilft wirklich?
  • Alkohol und seine Folgen
  • Dry January: Wie viel bringt die Alkoholpause?

28.01.2019

*Der Beitrag “Anti-Kater-Mittel: Helfen Hang&Over, Katerfly & Co. wirklich?” wird veröffentlicht von Onmeda. Kontakt zum Verantwortlichen hier.

Quelle: Den ganzen Artikel lesen