Cholesterinsenker: Statine reduzieren braunes Fettgewebe
Die Einnahme von Cholesterinsenkern kann dazu beitragen, das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen zu senken. Allerdings wird durch diese Medikamente auch das Risiko für bestimmte Erkrankungen wie Diabetes erhöht. Und wie Forscher nun herausgefunden haben, reduzieren Statine auch das für die Gesundheit vorteilhafte braune Fettgewebe.
Ernährungsumstellung und Medikamente
Bei rund jedem dritten Bundesbürger ist das Cholesterin zu hoch. Ein erhöhter Cholesterinspiegel kann zu Erkrankungen der Gefäße führen, mit möglichen Folgen wie einem Herzinfarkt oder Schlaganfall. Um das Cholesterin zu senken, wird in der Regel eine Ernährungsumstellung empfohlen. Oft kommen auch cholesterinsenkende Medikamente zum Einsatz. Allerdings kritisieren Fachärzte, dass solche Präparate viel zu häufig verschrieben werden und in vielen Fällen mehr schaden als nutzen, da sie unter anderem Muskelbeschwerden verursachen und das Diabetes-Risiko erhöhen können. Zudem haben Forscher nun herausgefunden, dass Cholesterinsenker auch das für die Gesundheit vorteilhafte braune Fettgewebe reduzieren.
Erwachsene besitzen neben weißem auch braunes Fettgewebe
Experten zufolge besitzen Menschen nicht nur weißes, sondern auch braunes Fettgewebe. Letzteres hilft dabei, Zucker und Fett in Wärme zu verwandeln.
Wer braunes Fettgewebe hat, kann seine Körperwärme im Winter besser regulieren und leidet seltener an Übergewicht und an Diabetes.
Ein internationales Team von Forschern unter der Leitung von Christian Wolfrum, Professor am Labor für translationale Ernährungsbiologie der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich), hat nun herausgefunden, dass die Medikamentenklasse der Statine die Bildung von braunem Fettgewebe reduzieren.
Statine senken den Cholesterinpegel im Blut und werden unter anderem zur Reduktion des Herzinfarktrisikos verordnet. Laut einer Mitteilung der ETH Zürich gehören diese Präparate weltweit zu den am häufigsten verwendeten Medikamenten.
Statine reduzieren Aktivität von braunem Fettgewebe
Wolfrum und seine Kollegen erforschen schon seit Jahren das braune Fettgewebe. Die Wissenschaftler gingen der Frage nach, wie aus den „schlechten“ weißen Fettzellen, welche das bekannte Fettpolster bilden, „gute“ braune Fettzellen entstehen.
In Zellkultur-Experimenten haben sie nun herausgefunden, dass der für die Herstellung von Cholesterin verantwortliche Stoffwechselweg eine zentrale Rolle bei dieser Umwandlung spielt.
Als Schlüsselmolekül, das die Umwandlung reguliert, identifizierten die Forscher das Stoffwechselprodukt Geranylgeranyl-Pyrophosphat.
Wie aus früheren Studien bekannt ist, ist der Cholesterin-Stoffwechselweg auch für die Wirkung von Statinen zentral. Unter anderem führen Statine zu einer verminderten Bildung von Geranylgeranyl-Pyrophosphat.
Daher wollten die Forschenden wissen, ob Statine auch die Bildung von braunem Fettgewebe beeinflussen. Sie tun das in der Tat, wie die Wissenschaftler nun in Studien bei Mäusen und Menschen zeigen konnten.
Unter anderem werteten die Experten Positronen-Emissions-Tomografiebilder von rund 8.500 Patienten des Universitätsspitals Zürich aus. Auf diesen Bildern konnten die Wissenschaftler erkennen, ob die Personen braunes Fettgewebe besitzen.
Außerdem war von den Patienten bekannt, ob sie Statine nehmen mussten. Die Auswertung zeigte, dass unter den Personen, die keine solche Mittel nehmen mussten, sechs Prozent braunes Fettgewebe hatten. Unter den Personen, die Statine einnahmen, hatten nur gut ein Prozent solches Gewebe.
In einer davon unabhängigen klinischen Studie mit 16 Personen an den Universitätsspitälern Basel und Zürich konnten die Forschenden außerdem zeigen, dass Statine die Aktivität des braunen Fettgewebes reduzieren.
Ihre Ergebnisse wurden im Fachmagazin „Cell Metabolism“ veröffentlicht.
Cholesterinsenker retten Millionen Menschen das Leben
Obschon die Studie einen negativen Effekt von Statinen aufzeigt, warnt der ETH-Professor davor, diese Medikamente schlecht zu reden.
„Man muss auch in die Waagschale werfen, dass Statine unheimlich wichtig sind zur Prophylaxe von Herzkreislauferkrankungen. Diese Medikamente retten weltweit vielen Millionen Menschen das Leben und werden aus guten Gründen verschrieben“, so Wolfrum.
Allerdings gibt es noch einen weiteren negativen Effekt von Statinen: Hochdosiert eingenommen erhöhen sie bei gewissen Menschen das Risiko, an Diabetes zu erkranken, wie aus anderen Studien bekannt ist.
„Möglicherweise hängen diese beiden Effekte – die Verringerung von braunem Fettgewebe und das leicht erhöhte Diabetes-Risiko – zusammen“, sagt Wolfrum. Dies müsse nun aber zunächst genauer untersucht werden.
Doch selbst wenn sich ein solcher Zusammenhang bewahrheiten sollte, ginge es nicht darum, Statine zu verteufeln, betont der ETH-Professor.
Viel eher müsste man in weiterer Forschung den Wirkmechanismen auf den Grund gehen und herausfinden, welche Patienten von den negativen Effekten betroffen sind.
Möglicherweise könnte man dann mit Ansätzen der personalisierten Medizin der Mehrheit der Patienten weiterhin Statine empfehlen, müsste jedoch einer kleinen Patientengruppe alternative Therapien nahelegen. (ad)
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