Omikron-Bruder BA.2 verbreitet sich rasant – Experten warnen vor neuer Welle

BA.2, der “kleine Bruder” von Omikron, breitet sich immer weiter aus. Die WHO meldet inzwischen Fälle in fast 60 Ländern. Experten fürchten jetzt sogar, dass die Variante die Pandemie verlängern könnte. FOCUS Online erklärt, was wir über BA.2 wissen.

Während die Omikron-Variante BA.1 die Infektionszahlen in Deutschland in nie gekannte Höhen treibt, sorgt ihr "kleiner Bruder" BA.2 in anderen Ländern gerade für immer mehr Corona-Fälle. Die Subvariante könnte dem derzeit vorherrschenden Omikron-Virus bald den Rang ablaufen, sagen Experten.

57 Länder melden bereits Fälle. Auch in Deutschland macht BA.2 schon einen kleinen Teil der Neuinfektionen aus. Experten fürchten, dass die Verbreitung das Ende der Pandemie hinauszögern könnte. FOCUS Online gibt einen Überblick darüber, was wir bislang über neue Subvariante wissen.

1. Infektiösität

Laut Virologe Christian Drosten könnte BA.2 einen "Fitnessvorteil" und damit eine gesteigerte Übertragungsfähigkeit im Vergleich zu BA.1. haben. Das schließe er aus den Daten einer im Preprint erschienene Studie aus Dänemark, sagte der Wissenschaftler im NDR-Podcast.

Drosten erklärte den angenommenen Unterschied zwischen den beiden Subtypen mit der Metapher von zwei Autos und sagte mit Blick auf BA.2: "Der Motor, der hat schon ein paar PS mehr." Bei BA.1 hingegen sei er der Auffassung, dass die Variante der Immunantwort des Körpers ausweichen könnte, weshalb sie sich so schnell ausbreite.

Die dänischen Studiendaten deuteten darauf hin, dass das Infektionsrisiko bei BA.2 noch einmal deutlich höher sei als bei BA.1. Das Risiko der Weitergabe des Virus ist demnach besonders bei infizierten Ungeimpften stark erhöht, bei geimpften Kontaktpersonen allerdings verringert.

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  • 2. Krankheitsschwere

    Dass sich die BA.2-Variante offenbar noch besser verbreitet als das Original-Omikron, bedeutet jedoch nicht, dass sie auch schwerere Verläufe auslöst. "Die Infektiosität sagt nichts darüber aus, wie groß die Krankheitslast wird", sagte etwa Virologe Klaus Stöhr der "Welt". Er zeigte sich müde von der Wortwahl seines Kollegen Drosten, der sagte, die Subvariante habe "schon ein paar PS mehr".

    Allerdings betonte auch Drosten im NDR-Pdcast, dass es "keine Anzeichen" gebe, dass die Krankheitsschwere zunehme. "Sehr frühe Beobachtungen aus Dänemark legen nahe, dass zwischen BA.1 und BA.2 in der Krankheitsschwere kein großer Unterschied zu sein scheint", sagte zudem Virologin Sandra Ciesek. WHO-Expertin Maria Van Kerkhove erklärte am Dienstag ebenfall, es gebe "keine Anzeichen für eine Veränderung des Schweregrads" bei BA.2. Umfassende klinische Daten fehlen bis dato allerdings.

    3. Verbreitung

    Der Anteil von BA.2 in Deutschland ist laut dem jüngsten Wochenbericht des Robert Koch-Instituts (RKI) anders als in anderen Ländern "nach wie vor sehr gering" mit 2,3 Prozent (Woche zuvor: 1,4 Prozent). Das RKI schreibt zu dem Subtyp: "International wird beobachtet, dass sich BA.2 stärker ausbreitet als BA.1." Das betreffe etwa Dänemark und das Vereinigte Königreich.

    Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurde BA.2 bereits in 57 Ländern nachgewiesen. In einigen davon mache die Untervariante inzwischen mehr als die Hälfte aller gesammelten Virus-Gensequenzen aus, teilte die UN-Organisation am Dienstag mit.

    Drosten sagte im Podcast auch für Deutschland einen steigenden Anteil von BA.2 voraus – wegen der geltenden Infektionsschutzmaßnahmen komme dieser aber möglicherweise langsamer als in anderen Ländern. Genaueres sei wegen der geringen Datenlage noch nicht vorherzusagen.

    4. Impfschutz

    Was den Impfschutz gegen die neue Subvariante angeht, sind Experten bislang optimistisch. Die Datenlage ist zwar dünn, sieht aber "beruhigend aus", wie Carsten Watzl, der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie auf Twitter schrieb.

    Gleicher Ansicht ist Leif-Erik Sander, Infektiologe und Impfstoff-Forscher der Berliner Charité. Der Schutz vor symptomatischen Infektionen sei nach der Booster-Impfung ersten Daten zufolge vergleichbar mit denen von BA.1, erklärte er ebenfalls auf Twitter.

    Virologe Friedemann Weber sagte FOCUS Online in Bezug auf ein neues Omikron-Vakzin: "Es ist zwar eher ungünstig für Biontech, dass sich gerade jetzt, wo sie den neuen Impfstoff testen, ein variantes Omikron-Virus ausbreitet. Aber ich gehe grundsätzlich davon aus, dass der angepasste Impfstoff gegen alles, was irgendwie mit Omikron zu tun hat, effektiver ist als die bisherigen Impfstoffe, die ja gegen den Wildtyp entwickelt worden sind. Das gilt nach allem, was wir heute wissen, auch für BA.2."

    5. Bedeutung für die Entwicklung der Infektionszahlen

    Vor dem Auftauchen der Subvariante gingen Experten davon aus, dass die Infektionszahlen in Deutschland im Februar ihren Höhepunkt erreichen und dann wieder sinken würden. Das könnte BA.2 nun ändern.

    "BA.2 wird sich auch bei uns durchsetzen", schrieb Immunologe Watzl am Montag auf Twitter. Dies "könnte die Omikron-Welle verlängern". Er bezog sich hier ebenfalls auf die Untersuchung aus Dänemark. "Wenn wir dann gerade BA.1 – also die jetzt noch vorherrschende Variante – einigermaßen unter Kontrolle bekommen haben, kann es nochmal so eine kleine zweite Welle von BA.2 geben", sagte Watzl zudem im "Deutschlandfunk".

    Wegen Omikron-Subvariante will Politik an Corona-Maßnahmen festhalten

    Aufgrund der Unsicherheiten rund um BA.2 hält auch Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen Lockerungen der Corona-Maßnahmen in den kommenden vier Wochen eher für unwahrscheinlich. "Es ist möglich, dass sich die Trendwende um mehrere Wochen verzögern könnte" sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Dienstag.

    Die BA.2-Verbreitung werde den Höhepunkt der aktuellen Welle voraussichtlich weiter nach hinten verschieben. "Alles, was wir bislang über BA.2 wissen, legt nahe, dass die Infektionszahlen möglicherweise noch nicht im Februar zurück gehen werden. Es ist möglich, dass sich die Trendwende um mehrere Wochen verzögern könnte."

    Top-Virologe Drosten sieht daher erst in den kommenden Osterferien eine zeitliche Schwelle und einen "Planungshorizont" für die Entspannung der Corona-Lage. "Wir haben ganz eindeutig den Befund in Deutschland, dass die Übertragungsnetzwerke im Moment aus dem Schulbetrieb gespeist werden. Da werden spätestens die Osterferien dann den Riegel vorschieben", sagte er. Auch die dann wieder wärmeren Temperaturen dürften sich senkend auf die Inzidenzen auswirken. Ob BA.2 bis dahin "komplett das Feld übernommen" habe, bleibe abzuwarten.

    Sehen Sie im Video: Bald kommt der Omikron-Impfstoff: Mediziner sagt, ob Sie darauf warten sollen

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