Auch wenn der Gesundheitsausschuss des Bundesrats pro Rx-Versandverbot votiert – man muss realistisch bleiben: Die Chancen, dass da noch etwas passiert, sind gering. Dagegen muss man genau hinschauen, wenn Spahn Arzneimittelautomaten für Versender einführen will – das muss verhindert werden! Beim Spahnschen Rx-Boni-Verbot im Sozialgesetzbuch, das die Gleichpreisigkeit für GKV-Versicherte erhalten soll, hat die EU-Kommission bisher „keine negativen Signale“ gegeben. Mal abwarten, ob das so bleibt. Dennoch: Die Spahnsche Gleichpreisigkeit von heute ist die Apothekenkrise von morgen.
9. September 2019
Die von Spahn geplante Änderung der Apothekenbetriebsordnung hat es in sich: Es sollen u. a. automatisierte Ausgabestationen für Arzneimittel zugelassen werden, die den „besonderen Bedingungen der Versandapotheken Rechnung tragen“ sollen, d.h., diese Ausgabestationen müssen nicht mit den Betriebsräumen der Apotheke verbunden sein. Es gibt nur drei Voraussetzungen dafür: Sie dürfen erst vom Personal der Apotheke bestückt werden, wenn die Bestellung erfolgt ist, wenn eine Beratung (auch per Telekommunikation) stattgefunden hat und wenn bei Rx-Arzneimitteln die Verschreibung im Original geprüft, geändert und abgezeichnet worden ist. Mein liebes Tagebuch, wenn diese Regelung so kommt, dann ist das die Einladung für niederländische Apotheken: Macht hier in Deutschland doch bitte so hübsche Arzneimittelautomaten auf, aber ein bisschen cleverer als in Hüffenhardt. Nein, mein liebes Tagebuch, auch wenn der Verordnungsentwurf in seiner Begründung zwar meint, dass mit dieser Regelung automatisierte Ausgabestationen, wie es sie in Hüffenhardt gab, verhindert werden könnten – der vorliegende Entwurf wird das so nicht leisten können. Rechtsexperten prognostizieren, dass diese Bestimmung in dieser Form durchaus zu zahlreichen neuen Ausgabeautomaten von Versandapotheken führen kann. Auch die ABDA hat sich bereits gemeldet und findet, dass diese Regelung für Versandapotheken die Arzneimittelversorgung durch Präsenzapotheken in erheblicher Weise unterminiert. Der Gesundheitsausschuss des Bundesrat sieht das ähnlich und fordert, den entsprechenden Passus für Versandapos im Verordnungsentwurf zu streichen. Richtig! Mein liebes Tagebuch, das gehört unbedingt zur Prioritätsstufe 1: Dieser Passus muss weg. Hoffen wir, dass sich der Bundesrat hier durchsetzen kann.
Eigentlich hatten wir mal gehofft, dass der uralte Zopf der Importförderung ein für alle Mal abgeschafft wird. Es sah sogar zwischenzeitlich recht gut aus, dass diese Forderung von der Politik aufgegriffen wird. Sogar Krankenkassenvertreter sahen in der Importförderung keine nennenswerten Einsparungen, aber eine Gefahrenquelle. Doch die Wirtschaftspolitik ließ sich von Importeuren und Importlobbyisten einlullen. Statt die Importförderung zu streichen, wurde sie mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) nur leicht modifiziert: Importeure jubeln, ihre Importe erleben ein Absatzplus. Hinzu kommt eine Unschärfe im Rahmenvertrag, die ebenfalls dazu beitragen dürfte, dass Importe abgegeben werden müssen. DAZ-Wirtschaftsexperte Müller-Bohn rechnete nach. Er kommt zu dem Schluss, es spreche viel dafür, dass die neue Importquote zumindest in einigen Apotheken durchaus zum vermehrten Absatz von Importen beiträgt. Mein liebes Tagebuch, wann endlich wird die Politik den Nonsens mit Importen einsehen und hier einen Schlussstrich ziehen? Importeure kaufen den Billiglohnländern die Arzneimittelbestände weg, sie karren sie quer durch Europa, packen sie hier um und bringen Packungen auf den Markt, die die Patienten verunsichern. Ganz zu schweigen von den Gefahren und der Verschwendung von Ressourcen. Und die Politik fördert das. Wie passt das in unsere Zeit! Gar nicht!
402.080 Unterschriften für das Rx-Versandverbot! Die Bundestagspetition des Pharmaziestudenten Benedikt Bühler hat diese Rekordzahl an Mitzeichnern erreicht – deutlich mehr als jede bislang durchgeführte Online-Petition beim Bundestag. Mannomann, mein liebes Tagebuch, was für ein Signal! Und dennoch, von Seiten der ABDA kommt dazu nichts. Irgendwann will man sich zwar hinter verschlossenen Türen mit Bühler treffen, aber das war’s dann auch schon. Und wie geht’s offiziell weiter? Bühler könnte nun die Möglichkeit bekommen, sein Anliegen in einer Sitzung des Petitionausschusses vorzutragen. Allerdings können sich die Mitglieder dieses Ausschusses auch gegen eine persönliche Anhörung aussprechen. Dennoch, diese Petition ist und bleibt ein starkes Signal. Bühler fordert nun, dass sich auch der Deutsche Apothekertag mit dem Rx-Versandverbot auseinandersetzt. Mein liebes Tagebuch, das wollen wir hoffen! Sollte der Apothekertag kein Wort übers Rx-Versandverbot verlieren, wäre dieses Verhalten an Überheblichkeit und Ignoranz nicht mehr zu übertreffen.
Quelle: Den ganzen Artikel lesen