„Lediglich ein spezifischer Einzelfall“

Nach der Insolvenz des Rechenzentrums AvP legt sich der Apothekendienstleister Noventi mächtig ins Zeug, betroffenen Apotheken unter die Arme zu greifen. Neben vorgezogenen Abschlagszahlungen für Neukunden wurden in mindestens einem Fall sogar die offenen Forderungen gegenüber AvP vollständig und abschlagsfrei übernommen. Dieses Entgegenkommen soll jedoch nicht zur Regel werden, erklärt ein Noventi-Sprecher am heutigen Dienstag und dementiert damit entsprechenden Gerüchte im Markt, über die DAZ.online gestern berichtet hat.

Unmittelbar nach Bekanntwerden der AvP-Pleite Mitte September kündigte der Branchenprimus Noventi einen Rettungsschirm in Höhe von 250 Millionen Euro an. Mit vorgezogenen Abschlagszahlungen wolle man den betroffenen Apotheken eine unmittelbare Liquiditätshilfe zur Verfügung stellen. Voraussetzungen für eine Unterstützung seien der Abschluss eines Abrechnungsvertrags bei Noventi und die erste Einlieferung von Rezepten.

Darüber hinaus konnten sich Neukunden über äußerst günstige Abrechnungskonditionen freuen. In der Branche geht man davon aus, dass inzwischen rund 60 Prozent der ehemaligen AvP-Apotheken zu Noventi gewechselt sind.

Vergangene Woche wurde ein weiterer außergewöhnlicher Vorgang bekannt. Noventi soll einer Neukundin sämtliche AvP-Forderungen abgekauft haben – und das zum Nennwert, also abschlagsfrei. Damit hat sich der Apothekendienstleister selbst zum Gläubiger gemacht. Das Branchenportal „Apotheke adhoc“ beschrieb den Fall. Eine Stellungnahme von Noventi gab es dazu offenbar nicht.

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Daraufhin kontaktierten auch andere Neukunden ihren Außendienst. Dieser signalisierte nach Informationen von DAZ.online Apothekeninhabern in einigen Fällen, dass man intern plane, tatsächlich allen AvP-Kunden sämtliche Forderungen gegenüber dem insolventen Rechenzentrum abzukaufen. Mit dieser Aktion würde sich Noventi zum größten Gläubiger im seit gestern eröffneten Insolvenzverfahren von AvP machen.

Unrealistisch erscheint dieses Modell nicht. Denn, wenn im AvP-Insolvenzverfahren tatsächlich mit einer vergleichsweise hohen Quote und Ausschüttung an die Gläubiger zu rechnen ist, würde Noventi die Neukunden über Vertragslaufzeiten und Abrechnungskonditionen langfristig halten und die Marktführerschaft ausbauen. Die Investition könnte sich also durchaus rechnen.

So hat Noventi Anfang November das AvP-Geschäft mit den Krankenhausapotheken übernommen. Das Rezept-Abrechnungsvolumen in diesem Segment beträgt circa 3 Milliarden Euro – das entspricht nach eigenen Angaben der Hälfte aller Krankenhausapotheken Deutschlands. In Branchenkreisen ist zu hören, dass Noventi im Rahmen dieser Akquisition einen zweistelligen Millionenbetrag investieren will.

Für eine Stellungnahme zur Übernahme der AvP-Forderungen von den öffentlichen Apotheken war Noventi bis zum gestrigen Montag nicht zu erreichen. Heute stellte ein Sprecher jedoch klar, dass der Außendienst ein entsprechendes Modell nicht anbieten wird. Der Forderungsankauf im Fall der Neukundin „war lediglich ein spezifischer Einzelfall“. Noventi wolle durch diesen Schritt bezwecken, „an den Gläubigerversammlungen im Sinne aller ehemaligen AvP–Kunden beteiligt zu sein“.

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