Darfein Kind mit einer Erdbeerallergie einen antibiotischen Saft oder Ibuprofensafteinnehmen, wenn dieser mit Erdbeergeschmack aromatisiert ist? Dr. WolfgangKircher weiß die Antwort: Er erklärte den Apothekern auf der Interpharm 2019 inStuttgart, warum erdbeeraromatisierte Säfte wohl eher keine allergischen Reaktionen auslösen – und was in Popcorn nach Erdbeeren schmeckt.
Das Kind ist krank. Das ist per se bereits anstrengend fürdas Kind und die Eltern. Doch damit nicht genug: Kompliziert wird es zusätzlich, wenn der kleine Patient Arzneimittel nehmen muss, sich aber weigert– vielleicht weil das Arzneimittel nicht schmeckt oder sonderbar riecht. In derTat zählen bestimmte Arzneistoffe, wie Ibuprofen oder Clarithromycin, nichtgerade zu den wohlschmeckenden Wirkstoffen. Vor allem bei flüssigenDarreichungsformen bedient sich die Pharmaindustrie eines Tricks und setztden Präparaten, zur besseren Patiententoleranz, Aromastoffe zu. „Kinder akzeptieren die meisten Aromengut, bis auf Banane“, erklärt Dr. Wolfgang Kircher bei der Interpharm amvergangenen Wochenende in Stuttgart. Der kluge Apotheker ist treuen Interpharm- oder Pharmaconbesuchern als kompetent-unterhaltsamer Experte für die apothekerliche Beratung zur Anwendung von Arzneimitteln bekannt: Sein Buch „Arzneiformen richtig anwenden” erscheint mittlerweile in vierter Auflage beim Deutschen Apotheker Verlag.
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Es kann aber auch sein, dass das kranke Kind den fiebersenkenden Ibuprofensaft mit Erdbeergeschmack sogar lecker findet – nur berichtet die Mutter in der Apotheke, dass ihr Kind auf Erdbeeren allergisch ist. Was tun? Dürfen Apotheker erdbeeraromatisierte Säfte bei einer Allergie gegen Erdbeeren abgeben? Kircher nimmt die fortbildungsinteressierten Apotheker bei der Interpharm 2019 zunächst auf einen kleinen Ausflug zu natürlichen und synthetischen Aromastoffen mit.
Natürliches Erdbeeraroma, natürliches Aroma mit Erdbeergeschmack und naturidentisches Aroma
„Natürliche Aromastoffe“ werden durch physikalische, enzymatische oder mikrobiologische Verfahren aus pflanzlichen, tierischen oder mikrobiologischen Ausgangsstoffen hergestellt. Simple, einprägsame Beispiele sind Vanillin aus Vanilleschoten oder L-Menthol aus Pfefferminzpflanzen.
„Natürliches Erdbeeraroma“ wird aus Erdbeeren hergestellt und müsse zu mindestens 95 Prozent von Erdbeeren gewonnen sein, erklärt Kircher. Allerdings, beruhigt Kircher die Apotheker gleich an dieser Stelle: „Natürliches Erdbeeraroma steht eigentlich nie auf den Packungen von aromatisierten Arzneimitteln.“ Die Deklaration ist laut Kircher meist eine andere. In 99 Prozent der Fälle deklarierten die pharmazeutischen Unternehmer das Aroma lediglich als „natürliches Aroma mit Erdbeergeschmack“. „Natürliches Erdbeeraroma“ und „natürliches Aroma mit Erdbeergeschmack“ – worin besteht der Unterschied?
Bei Letzterem ist davon auszugehen, dass das Aroma aus beliebigen, aber natürlichen Ausgangsstoffen hergestellt wurde. Kircher nennt hier einige Beispiele: Vanillin (4-Hydroxy-3-methoxybenzaldehyd) wird in diesem Fall nicht aus Vanilleschoten gewonnen, sondern mittels gentechnisch modifizierten Pseudomonasarten aus Ferulasäure in Reisschalen. Hinter Kokosnuss versteckt sich als Ausgangsstoff das Jalap-Harz und gentechnisch modifizierte Saccharomyces-cerevisiae-Stämme lassen Octalacton entstehen, das nach Kokosnuss riecht. Decalactone verfügen, gewonnen aus Ricinusöl, über einen pfirsichartigen Geschmack.
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