Bei der Einführung des E-Rezeptes wird sich nicht nur in der Apotheke vieles ändern. Auch die Ärzte stehen vor technischen, aber auch strukturellen Änderungen in der Arzneimittelverordnung. In der Gematik bastelt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) mit am E-Rezept. DAZ.online hat Dr. Thomas Kriedel, Vorstandsmitglied der KBV, gefragt, worauf die Ärzte ein Auge werfen bei der Einführung digitaler Verordnungen. Kriedel erklärt auch, warum die Mediziner ein einheitliches E-Verordnungsmodell bevorzugen.
DAZ.online: Herr Kriedel, welche Vor- und welche Nachteile kann das E-Rezept aus Ihrer Sicht für Patienten und Ärzte haben?
Kriedel: Das E-Rezept bringt grundsätzlich Vorteile für Arzt und Patient mit sich: Es vereinfacht nicht nur die Abläufe und spart Papier in der Praxis, es schafft auch neue Möglichkeiten der Fernbehandlung für Arzt und Patient. Vor allem steigert es die Flexibilität der Patienten, die künftig ggf. schon vorab prüfen können, ob ihr Medikament in der Apotheke verfügbar ist. Vor allem schafft es aber riesige Vorteile für Apotheker und Krankenkassen, die künftig das E-Rezept deutlich leichter verarbeiten können. Zwingende Voraussetzung für Vorteile in der Arztpraxis ist aber, dass es für das E-Rezept ein einfaches Verfahren gibt. Der Aufwand in den Praxen darf dadurch auf keinen Fall erhöht werden. Wir wollen Bürokratie abbauen, das kann nicht klappen, wenn der Arzt das Rezept jedes Mal mit einem aufwändigen Prozess digital signieren oder bei bestimmten Konstellationen weiterhin auf Papier ausstellen muss. Ganz schädlich wäre eine Parallellösung: „Immer digital und Papier!“
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DAZ.online: Die KBV ist also für einen schnellen Übergang vom Papier- zum E-Rezept? Oder soll es beide Varianten gleichzeitig geben? Kurz gefragt: Sollten Ärzte verpflichtet werden, nur noch E-Rezepte auszustellen?
Kriedel: Auch in Zukunft wird es Konstellationen geben, z.B. Haus- und Heimbesuche, bei denen eine Verordnung auf Papier sachgerecht ist. Insofern wird es wohl lange Zeit noch beide Varianten, Papier und digitales Rezept, geben müssen. Im Übrigen zeigen die Erfahrungen bei der Digitalisierung gesellschaftlicher Prozesse, dass deren Akzeptanz deutlich steigt, wenn der digitale Prozess sich durchgesetzt hat, weil er einfacher, schneller und besser ist, als der bisherige. Digitalisierung per Zwang erfolgt in der Regel nicht, weil ein digitaler Prozess für alle Beteiligten so überzeugend und nutzerfreundlich ist, denn dann wäre der Zwang gar nicht nötig. Im Übrigen: Wenn Zwang, dann müsste auch der Patient verpflichtet werden.
DAZ.online: In der Apotheke müssen sich noch viele technische Änderungen einstellen, damit E-Rezepte empfangen werden können. Wie umfangreich schätzen Sie die Änderungen in der Arztpraxis ein, etwa in der Praxissoftware?
Kriedel: Ein einfaches Verfahren ist entscheidend für die Akzeptanz des E-Rezepts in den Praxen. Gesetzlich ist aktuell die qualifizierte elektronische Signatur – kurz QES – beim E-Rezept vorgesehen. Dieses Signaturverfahren ist nicht sehr anwenderfreundlich und im Praxisalltag – man denke an die Vielzahl der Rezepte – viel zu zeitaufwendig. Hier brauchen wir eine andere Lösung, die praktikabel und trotzdem sicher ist. Wir könnten uns zum Beispiel eine sogenannte Komfortsignatur vorstellen und erwarten, dass die Gematik hier parallel zu den weiteren Arbeiten am E-Rezept entsprechende Lösungen finden wird. Aber auch darüber hinaus wird es Änderungen in der Software der PVS-Systeme geben, deren Kosten gegenfinanziert werden müssen. Alle Beteiligten sind sich aber bisher einig, dass das E-Rezept auf Grundlage der bereits heute in den Praxen vorgesehenen Hardware der Telematikinfrastruktur erstellt werden soll, sodass hier keine zusätzlichen Investitionen erforderlich sein sollten.
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